Watt-Verkehr
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Von Karin Legat
Der Peak der weltweiten Ölförderung war schon 2006, viele Ölfelder sind ausgebeutet. Soll der Individualverkehr eine Zukunft haben, bedarf es einer Systemänderung. Was liegt näher, als von Öl auf elektrischen Strom umzusteigen? Diese einfache Schlussfolgerung hat aber einige Haken. Durch den reinen Austausch von fossilbetriebenen Fahrzeugen zu E-Fahrzeugen werden keine Verkehrsprobleme gelöst. E-Autos reduzieren zwar Treibhausgasemission und Lärm und weisen einen hohen Wirkungsgrad auf, aber sie verhindern keine Staus. Es wird unverändert viel öffentlicher Raum verbraucht, der Bedarf an elektrischer Energie steigt und – so meinen selbst Befürworter der Elektromobilität - die Rolle des motorisierten Individualverkehrs wird durch E-Fahrzeuge sogar aufgewertet.
Laut EasyMotion befinden sich E-Autos noch überwiegend im Prototypstadium, verlieren durch den technologischen Fortschritt rasch an Wert und werden sich frühestens in 2 bis 3 Jahren auf Österreichs Straßen durchsetzen. Austrian Mobile Power sieht das ähnlich. 2010 bis 2014 wird als Pilotphase definiert, gekennzeichnet durch eine geringe Fahrzeuganzahl, den Einsatz in Flotten und der Batterieaufladung vor allem im privaten Bereich beziehungsweise am Arbeitsplatz. Zwischen 2014 und 2019 soll es in der Ausrollphase bereits mehr E-Fahrzeuge geben. Eine Weiterentwicklung der Batterien sorgt für größere Reichweiten und es starten umfangreiche Pilotversuche zur Schnellladung. Ab 2020 soll das E-Auto zum Standard werden, Schnellladung und induktives Laden sind Norm, das Vehicle to Grid-Konzept (Stromeinspeisung durch das E-Auto) setzt sich durch. »In jedem Fall ist eine Änderung des modal split in Richtung Gehen, Radfahren, Nutzung des öffentlichen Verkehrs und Car Sharing von Nöten«, rütteln Johannes Wahlmüller von Global 2000, Martin Litschauer von EUROSOLAR und Christoph Gratzer vom VCÖ auf. »Und wir benötigen strenge Effizienzstandards für Verbrennungsmotoren.«
Sauberer KFZ-Strom
E-Mobilität beruhend auf sauberem Strom gehört die Zukunft. Darüber sind sich alle Fachleute einig. Erneuerbare Energie hat Österreich genug, der Anteil an sauberem Strom beträgt 68,2% (ÖSTAT 2010). »Für E-Fahrzeuge gibt es noch keine Vorgabe zur Nutzung von erneuerbarer Energie. Diese ist aber notwendig, denn wenn der Strom durch Kohlekraftwerke produziert wird, haben wir aus Klimaschutzgründen ein Problem und die E-Mobilität bringt uns global gesehen weg von den angestrebten Zielen«, stellt Roman Bartha, Geschäftsführer der Austrian Mobile Power, kritisch fest.
Genügend Stromangebot?
Für das Jahr 2020 rechnet das Umweltbundesamt mit 210.000 E-Fahrzeugen, das Umweltministerium sogar mit 250.000. Dieser Unterschied ist irrelevant im Vergleich zum heutigen Bestand, der mit lediglich 353 angegeben wird (ÖSTAT Stichtag 31.12.2010). Die entscheidende Frage bei 250.000 E-Autos lautet: Haben wir genug Energie? Roman Bartha nimmt Skeptikern den Wind aus den Segeln. »Wir reden von keinen riesigen Strommengen. Der Gesamtstromverbrauch liegt derzeit in Österreich bei rund 70 TWh. Wenn alle 4,5 Mio PKW elektrisch betrieben werden, benötigt man bei einem Verbrauch von 18 kWh pro 100 km und 10.000 gefahrenen km pro Jahr 7,2 TWh zusätzliche elektrische Energie.« Allein mit der Jahresleistung eines einzigen 2-Megawatt-Windrades können Elektroautos über 22 Mio. Kilometer zurücklegen. E-Fahrzeuge können zudem als Speicher bei Stromüberangebot dienen.
e-mobility
E-Mobilität wird derzeit in fünf Modellregionen in Österreich erforscht, unter verschiedenen geografischen und demografischen Voraussetzungen und in unterschiedlichen Geschäftsmodellen. Initiiert wurden die E-Mobilitäts-Modellregionen vom Klima- und Energiefonds und vom Umweltministerium. Auf europäischer Ebene wurde »Green eMotion« ins Leben gerufen. Die Initiative hat vor allem die Entwicklung europaweit einheitlicher Prozesse, Standards und IT-Lösungen als Ziel.
Vorarlberg, VLOTTE
Im westlichsten Bundesland hat die motorisierte, individuelle Mobilität nach wie vor hohes Gewicht. Damit präsentiert sich Vorarlberg als wichtiges Studienobjekt für die Erprobung nachhaltiger Mobilitätskonzepte. Bis Ende des Jahres sollen an sechs Schnittstellen des öffentlichen Verkehrs E-Stationen zum Verleih von E-Fahrzeugen errichtet werden. Außerdem wird die Selbstorganisation von Fahrergemeinschaften unterstützt. (Pilotversuch, kostenfreies E-Auto für 1 Monat für Fahrgemeinschaften mit mindestens drei Beteiligten)
Wien, e-mobility on demand
Im Großraum Wien liegt der Fokus von »e-mobility on demand« auf dem Einsatz von E-Fahrzeugen bei Firmenflotten und auf E-Car Sharing-Angeboten. Die Fördermittel werden in eine Mobilitätskarte für Wien, in den Ausbau der Ladeinfrastruktur und in die Anschaffung von E-KFZ investiert.
Graz, e-mobility Graz
In Graz liegt der Schwerpunkt auf intelligenten systemischen Mobilitätslösungen, die sowohl die Nutzung von E-Fahrzeugen als auch den öffentlichen Verkehr attraktiver machen. Bis 2020 sollen 15% aller PKW-Neuzulassungen E-Fahrzeuge sein.
Eisenstadt, e-mobilisiert
Die Modellregion Eisenstadt stellt stufenweise ihr City Ruftaxi auf E-Taxi um und ersetzt somit jährlich 250.000 fossile durch E-Taxi-Fahrten. Car Sharing und Car Pooling sind ebenfalls Teil des Konzepts.
Salzburg, ElectroDrive Salzburg
Salzburg bietet E-Mobilität im Abo an. Die E-Fahrzeuge können gemietet, geleast und später gekauft werden. Im Preis inkludiert ist die DriveCard, mit der das Fahrzeug an den öffentlichen ElectroDrive-Ladestationen in Stadt und Land Salzburg aufgetankt werden kann.
Rheintal
Das Geschäftsmodell sieht eine Mobilitätskarte für etwa 450 Euro pro Monat vor. Inkludiert sind Fahrzeugleasing, Wartungskosten, eine Netzkarte für den Verkehrsverbund und die kostenlose Betankung an allen öffentlichen Stromstellen. Nach vier Jahren kann das Fahrzeug vom Kunden zu einem Restwert von 25 % des Anschaffungswerts gekauft werden.
Von Wien bis Bregenz
E-Fahrzeuge sind heute auf 120 bis 150 km ausgelegt. Diese Reichweite ist für Verkehrsexperten ausreichend. »Das E-Fahrzeug ist in seiner Konzeption für den Kurzstreckenverkehr gedacht, daher muss es keine 500 km fahren können«, stellt Roman Bartha fest, der langfristig mit einem Einpendeln der Reichweite bei 200 bis 250 km rechnet.
Und wenn man doch längere Strecken zurücklegen oder ins Ausland fahren muss, lädt man auf der Strecke nach. Die Ladestandorte lassen sich auf das Navigationssystem speichern. Bei den Fahrzeugfirmen haben die Anschaffungskosten die Reichweite auf der To-Do-Liste abgelöst. »Heute muss ich für ein E-Auto, sofern ich eines bekomme, 15.000 bis 20.000 EUR mehr zahlen als für ein vergleichbares benzingetriebenes. Das ist für jemanden, der keine ausgesprochene Liebe für die E-Mobilität hat, zu teuer. Der Preis muss sinken«, fordert Bartha. Alternativen zum Kauf gibt es wenige, aber es gibt sie. So bietet zum Beispiel die Raiffeisen Leasing E-Autos für eine Woche zur Miete an oder man greift auf Angebote der Modellregionen zurück.