Hochzeit unter Technikern
- Written by Redaktion_Report
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Jahrelang waren die Geschäfte der österreichischen Beko in zwei Unternehmensbereiche geteilt: Engineering und Informatik. Die Ingenieure und Programmierer sitzen nun gemeinsam an einem Tisch – zum Vorteil für die Kunden. Beko-Vorstandssprecher Friedrich Hiermayer im Interview.
Produkte werden zunehmend individueller, Organisationen komplexer, Aktionsräume grenzenloser. Die Vorteile optimal abgestimmter Prozesse liegen auf der Hand: kürzere Time-to-Market, ungeahnte Möglichkeiten der Individualisierung, verbesserte Nachvollziehbarkeit, Standardisierung der Dokumente und ihrer Verteilung, effiziente Zusammenarbeit und Kommunikation, mehr Transparenz und Kostenreduktion. Beko-Vorstandssprecher Friedrich Hiermayer beschreibt den Wandel, den sein Unternehmen durchgemacht hat.
Report: Beko propagiert schon seit einigen Jahren das Zusammenwachsen von Ingenieurs- und IT-Dienstleistungen und -Aufgaben. Bislang hatte man den Eindruck, dass dies im Auftritt gegenüber Unternehmen kaum verkauft werden konnte. Warum also soll sich dies gerade jetzt ändern?
Friedrich Hiermayer: Im wachsenden Wettbewerbsdruck müssen sich Unternehmen permanent an Marktveränderungen anpassen und weiterentwickeln. Product-Lifecycle-Management kann diese Veränderungsprozesse unterstützen. In der Praxis setzt PLM die intelligente Integration von Insellösungen in den Bereichen Entwicklung, Produktion, Marketing, Vertrieb und Services effizient um. Diese Änderung am Markt haben wir über längere Zeit mitbegleitet und wissen, dass wir mit der Verbindung von Engineering und Informatik ganzheitliche Projekte hinsichtlich PLM schaffen. Wir philosophieren seit gut vier Jahren darüber, sind bei den Unternehmen teilweise aber auf Unverständnis getroffen. Der Grundtenor war bislang entweder–oder: Entweder ihr macht Ingenieursarbeit oder Software. Es hat schon in den vergangenen Jahren einige Projekte gegeben, in deren Verlauf wir Gesamtlösungen für Kunden installiert hatten. Aber auch diese Kunden haben gesagt: »Ich habe von der Beko eine Softwarelösung und eine Engineeringlösung bekommen.«
Seit dem Vorjahr hat sich der Markt aber dahingehend geändert, dass Unternehmen nicht mehr einzelne Themen nebeneinander behandeln, sondern Gesamtlösungen im Sinne von Optimierungen und Ressourceneinsparungen fordern. Durch die ganzheitliche Sicht von Prozessen wird die gesamte Wertschöpfungskette von der Entwicklung bis zum fertigen Produkt effizienter und schneller abgewickelt. Ich bin persönlich der Meinung, dass diese Öffnung dieser Idee gegenüber stark aus dem massiven Druck aus dem Markt heraus bestimmt wird. Auch die derzeitige Wirtschaftslage leistet hier ihren Beitrag.
Hatten wir früher bei einer Projektanfrage von einem Kunden noch sondiert, welche unserer Fachkräfte wir darauf ansetzen, diskutieren wir jetzt zuerst einmal gemeinsam mit dem Kunden allgemein seine eigenen Geschäftsprozesse. Erst im Zuge einer solchen Gesamtdiskussion kristallisiert sich dann der Punkt heraus, an dem man die Arbeit beginnt. Wir haben dazu in letzter Konsequenz auch unsere beiden Geschäftsfelder Engineering und Informatik aufgelöst und zu einem Ganzen verbunden. Wir sprechen also nicht nur darüber, sondern leben es selbst vor. Unsere Vertriebsmitarbeiter, Account-Manager und Projektberater besprechen nun die Gesamtpalette möglicher Leistungen mit den Kunden. Dies muss nicht unbedingt heißen, dass ein Unternehmen bei Beko auch eine Gesamtlösung kauft. Doch bei jeder Teillösung, bei jedem Modul, steht im Hintergrund immer der Ansatz einer Gesamtlösung.
Report: Im Grunde genommen beschreibt dies ein Kommunikationsdefizit, das in vielen Unternehmen zu beobachten ist: Die unterschiedlichen Abteilungen reden kaum miteinander, am allerwenigsten mit der IT-Mannschaft.
Hiermayer: Bei vielen unserer Kunden gab es eine IT-Abteilung und anderswo eine Konstruktions- und Produktionsabteilung. Dazwischen war immer eine Mauer. Der Druck aus dem internationalen Geschäft und die Markterfordernisse, Preise zu senken und Lieferzeiten zu verkürzen, haben sowohl bei Beko selbst als auch auf Kundenebene diese Mauern niedergerissen.
Report: Können Sie mir ein praktisches Beispiel für eine solche ganzheitliche Sicht geben?
Hiermayer: Wir haben vor wenigen Jahren die für uns neue Sparte Automatisierungstechnik mit Standort in Salzburg auf die Beine gestellt. Auch rein lokal sind dort unterschiedliche Disziplinen wie Elektrotechnik, Technische Informatik, Automatisierungstechnik und Prozessleitsysteme eingebunden. In jedem Automatisierungsprojekt sind all diese Bereiche an Bord. Es gibt kein Projekt, in dem nicht Schaltstellen oder Bremsplatten designt werden müssen, wo nicht speziell dafür auch Software entwickelt wird. Es macht heute keinen Sinn mehr, diese Ebenen zu trennen. Der Kunde will seine Produktionsanlage automatisiert sehen. Ihn interessiert nicht, ob wir dazu neue Schaltschränke designen oder Software schreiben müssen. Er will irgendwann bei der Inbetriebnahme auf einen roten Knopf drücken können und seinen Erfolg sehen.
Report: Weg von Unternehmenslösungen, hin zum Heimanwender: Bekos Projekt Homebutler soll künftig ein betreutes, mittels Technik unterstütztes Wohnen für Ältere ermöglichen. Worum geht es dabei?
Hiermayer: Mit dem Homebutler können Menschen länger selbstständig zuhause leben. Unterstützung gibt es durch eine Kommunikationslösung über den Fernseher und Settop-Box sowie durch Haustechnik. Da melden dann etwa Sensoren, wenn der Herd nicht abgeschaltet wurde oder ein Einbruchschutz schlägt bei Eindringlingen Alarm. An Bord des Homebutlers sind Sicherheitstechnik, die Erhöhung des Lebenskomforts des Nutzers und auch Kommunikations- und Unterhaltungslösungen. Je nach ausgelösten Alarmen oder Gefahr im Verzug werden Angehörige oder ein Hilfs- oder Rettungsdienst benachrichtigt. Es gibt heute schon relativ viele Zusatzfeatures, die für den Homebutler denkbar sind: Fernsehen, Radio und auch Essen auf Rädern.
Die Zielsetzung eines barrierefreien, unterstützten Wohnens ist auch für Wohnbauträger interessant. Meine Prognose: Die Ausstattung mit Heimtechnik wird zunehmend zu einem Standortfaktor. Auch Gesundheitsdienste und Sozialhilfeorganisationen werden aufgrund allgemein steigender Kosten im Gesundheitssystem ein großes Interesse haben, dass Patienten länger in den eigenen vier Wänden bleiben können. Diese Qualität kostet natürlich. Wir bewegen uns bei den Installationskosten einer solchen Wohnung aber im Rahmen von bestenfalls drei Monatsmieten für einen klassischen, betreuten Heimplatz.
Zum Unternehmen
Mit 800 Beschäftigten und knapp 52 Mio. Euro Jahresumsatz verbindet BEKO Engineering & Informatik österreichweit Hightech mit Konstruktion und Information. Das Geschäftsfeld Industrial Solutions & Services bietet Gesamtlösungen, die durch die Zusammenarbeit der Kompetenzbereiche Maschinenbau, Elektrotechnik, Automatisierung und Softwareentwicklung ermöglicht werden. Die Competence Center Product Lifecycle Management und SAP bilden das Leistungsangebot für maßgeschneiderte Lösungen und Services ab. Das Geschäftsfeld Professional Services deckt Informatikdienstleistungen für die Branchen Public und Finance ab.