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Wandel in der Wirtschaft

\"RobertRobert Grüneis, Geschäftsführer Wien Energie, im Kommentar über die erfolgreiche Liberalisierung des Strommarktes und künftige Herausforderungen in der Energieversorgung.

Kaum ein anderes Mitgliedsland der Europäischen Gemeinschaft setzte die Vorgaben der Liberalisierung des Strommarktes derart konsequent um wie Österreich. Und das bisher Erreichte kann sich wirklich sehen lassen. Österreich zählt heute zu den Ländern mit der höchsten Wettbewerbsintensität am Strommarkt in Europa.

Der aktuelle Benchmarking-Bericht der EU-Kommission, der die Fortschritte auf dem Weg zum europäischen Energiebinnenmarkt beschreibt, beweist eindrucksvoll: Bezogen auf den Marktanteil der größten drei Lieferanten am Strommarkt liegt Österreich mit 62 Prozent um rund 23 Prozent unter dem Mittelwert der europäischen Länder.

Neben dem guten Zeugnis für die Wettbe­werbsentwicklung erhalten die heimischen Stromlieferanten auch regelmäßig Bestnoten der EU im Bereich Servicezufriedenheit, Kundeninformation sowie in Hinblick auf den Umweltfokus durch das Angebot umweltfreundlicher Tarife. Ebenso ist die immer wieder geäußerte Kritik über die angeblich niedrigen Wechselraten zu relativieren. Grundsätzlich ist der Wechselprozess in Österreich einfach und kostenlos. Mit einem Mausklick können Kundinnen und Kunden ihren Energieanbieter wechseln.

Dass dazu alles im Hintergrund problemlos funktioniert und den Kunden vielfältige Informationsmöglichkeiten zum Wechsel zur Verfügung stehen, ist Verdienst der Ener­gie- und Netzunternehmen, und zwar seit Beginn der Liberalisierung.

Die starke Basis muss nachhaltig abgesichert werden

Doch der Wettbewerb von Elektrizitätsunternehmen und damit der funktionierende Markt braucht auch einen Marktplatz, auf dem diese Leistungen erbracht werden können. Eine derart solide Basis bietet in Österreich eine in Jahrzehnten entwickelte, zuverlässige und leistungsfähige Infrastruktur aus Kraftwerken und Netzen.

Und gerade in Hinblick auf die Weiterentwicklung dieses Marktes ist es dringend geboten, die Infrastruktur weiter auszubauen und zu modernisieren. Neue Dienstleistungen im Interesse der Kunden bedürfen auch neuer technischer Mittel für ihre Bereitstellung.

An diesbezüglichen Herausforderungen mangelt es nicht. Die zeitnahe Verfügbarkeit von Verbrauchsdaten, erheblich verkürzte Wechselfristen, neuartige Tarife und Abrechnungsmodelle – all dies kann durch die Ertüchtigung der Netze (Stichwort »Smart Grids«) und durch intelligente Zähler (»Smart Metering«) unterstützt werden, wenngleich vor Umsetzung dieser Systeme noch die Rahmenbedingungen genau festzulegen sind.

Keineswegs zu vernachlässigen sind auch die energie- und klimapolitischen Ziele der Europäischen Union sowie Österreichs, die erhebliche Anforderungen an die Energiewirtschaft mit sich bringen. In diesem Zusammenhang sei auf die zunehmende Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien verwiesen, die zumeist dezentral erfolgt. Ein weiterer Themenkomplex, der immer mehr Bedeutung gewinnt, ist der Bereich Energieeffizienz, und damit verbunden die Entwicklung und Vermarktung neuer Energie-Dienstleistungsprodukte.

Große Zuversicht

Die Energiebranche hat sich vom bloßen Energievertrieb zum Anbieter umfassender und maßgeschneiderter Energiedienstleistungen weiterentwickelt. Immer mehr wandeln sich die Energieversorgungsunternehmen, zu dem, was der Zukunftsforscher Lars Thomsen »intelligente EVU« nennt.  Die Zukunft gehört dem »Prosumer«, dem mündigen, aktiven Kunden, der in manchen Fällen zum Geschäftspartner wird. Dies kann beispielsweise geschehen, indem er selbst Strom erzeugt, diesen ins Netz einspeist und dafür eine wie auch immer geartete Abgeltung erhält oder indem er mit bewusstem Konsumverhalten beiträgt, Lastspitzen zu vermindern und damit die Kosten für die Bereitstellung elektrischer Energie vermindert. Dieser Kunde weiß um den Wert – und nicht nur um den Preis – moderner Energiedienstleistungen. Das hierfür passende Angebot ist nicht Strom, Gas oder Fernwärme beziehungsweise Fernkälte, sondern Lebensqualität, nicht Energie, sondern mit geringstmöglichem Aufwand an Ressourcen erbrachte Energiedienstleistung.

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