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Ein neues Fundament

Universaldienst versus Liberalisierung? Was sich derzeit dia­metral gegenübersteht, muss 2009 unbedingt zusammenfinden – durch eine neue »Postmarktordnung«. Ein Gastkommentar von Post-Chef Anton Wais.

2008 bescherte der Weltwirtschaft unruhige Zeiten und große Ungewissheit. Auch die Österreichische Post AG stand im letzten Quartal immer wieder im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit, wenn auch aus anderen Gründen. Aus unternehmerischer Sicht war die damit einhergehende breite Diskussion gut. Denn schließlich geht es um sehr viel. Mit Beginn des Jahres 2011 wird der Postmarkt liberalisiert. Als Folge müssen wir die Fundamente unseres Unternehmens stärken. Der Grund dafür liegt außerhalb unserer Einflusssphäre: Ohne gesetzliche Rahmenbedingungen – den Baubestimmungen vergleichbar – ist ein Umbau unseres Hauses unmöglich. Und ökonomisch nicht sinnvoll, da teure nachträgliche Umbauten folgen könnten.

Die Zeit drängt
Von heute an gerechnet sind es bis zum Zeitpunkt der Vollliberalisierung des Postmarktes nicht einmal ganz zwei Jahre. Für einen Häuslbauer wären zwei Jahre wahrscheinlich eine vertretbare Zeitspanne. Für ein Unternehmen, das mit seiner Strategie mittel- und langfristige Entscheidungen fällen muss, sind zwei Jahre jedoch eine sehr kurze Frist. Die Forderung, dass der österreichische Gesetzgeber möglichst rasch neue Rahmenbedingungen für alle Postdienstleister formulieren solle, war deshalb aus unserer Sicht absolut notwendig. Nur so wissen wir, welche Entscheidungen zu treffen und welche Investitionen vorzunehmen sind, um den langfristigen Bestand und das Wachstum der Post zu garantieren. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich die von Bundeskanzler Werner Faymann getroffene Ankündigung, ein neues Postmarktgesetz mit Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb in der ersten Jahreshälfte 2009 fertigzustellen.

Kundenorientierte Offensivstrategie
Innerhalb der Post wurde ein notwendiger Veränderungsprozess bereits eingeleitet. Die Österreichische Post AG stellt weiterhin an alle 3,9 Millionen österreichischen Haushalte und Firmen zu. Eine weiter steigende Servicequalität bei 1.500 Postgeschäftsstellen in ganz Österreich sichert die Nahversorgung. Wir planen keine Portoerhöhung und es wird heuer keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Um kostenseitig Entlastungen zu erzielen, hat der Aufsichtsrat mehrheitlich der Nichtnachbesetzung von rund 1.000 freiwerdenden Stellen zugestimmt. Diese Stellen werden durch natürliche Personalfluktuation, inklusive Annahme des bestehenden Sozialplans, frei.
Auf der anderen Seite verfolgen wir in unseren Divisionen Brief, Paket und Filialnetz eine Offensivstrategie. Sie wird im Briefbereich neue Dienstleistungen und kundenorientierte Lösungen bringen, wie die verstärkte Einbindung unserer Tochterunternehmen für neue Direktmarketing-Lösungen oder effizienzsteigerndes Outsourcing in den Bereichen Dokumentendruck und -digitalisierung sowie externes Poststellenmanagement.
In der Division Paket liegt der Fokus auf der Einführung eines flächendeckenden Kombi-Fracht-Systems in Europa sowie der Privatzustellung unter der Marke Post.at in CEE. Wachstum erwarten wir aus der temperaturgeführten Pharmalogistik, die wir bereits in den vergangenen Jahren kontinuierlich aufbauen konnten. Im Filialbereich gehen wir mit unseren Finanzdienstleistungen in die Offensive. Mobile Finanzberater werden unsere Finanzdienstleistungen noch näher zum Kunden bringen. Im Filialbereich wird das erfolgreiche Konzept der Post.Partner ausgebaut.
Als alternatives Betreibermodell werden die Post.Partner weiter an Bedeutung gewinnen. Ziel ist es, das Modell der Post.Partner bis 2015 auszubauen und einen größtmöglichen 1:1-Austausch von Postfilialen und Post.Partnern zu erzielen. Denn Post.Partner sichern nicht nur die flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen: Kunden schätzen die meist längeren Öffnungszeiten, in Gemeinden wird die Infrastruktur erhalten, die Post.Partner profitieren von Umsatzsteigerungen und höherer Kundenfrequenz. Und die Österreichische Post AG stärkt ihre Wirtschaftlichkeit durch die Umwandlung unrentabler Postfilialen zu Post.Partnern.

Verzerrte Marktsituation
Ein weiteres Ziel der Post ist die Kostengleichheit. Derzeit ist die Österreichische Post AG aufgrund ihrer Personalkosten gegenüber der Konkurrenz benachteiligt: Zwischen unserem Unternehmen und dem Mitbewerb herrscht ein erhebliches Lohngefälle. Die niedrigen Löhne der Konkurrenz verzerren nicht nur die Marktsituation, sie sind auch unter sozialen Gesichtspunkten nicht wünschenswert. Wir wollen deshalb gemeinsam mit dem Zentralausschuss der Österreichischen Post AG die Schaffung eines Branchen-Kollektivvertrags vorantreiben.
Das wichtigste Ziel der Österreichischen Post AG für das Jahr 2009 lautet daher ganz klar: Eine neue »Postmarktordnung« muss verbindliche Regeln – Stichwort gleiche Rechte und Pflichten – für alle Marktteilnehmer bringen und derzeit bestehende Nachteile beseitigen. Vor allem muss aber auch die Finanzierung des Universaldienstes geklärt werden. Andernfalls werden sich die neuen Mitbewerber die Rosinen herauspicken, also nur dort zustellen, wo es für sie lukrativ ist, z.B. in Ballungsgebieten.

Zur Person
Dr. Anton Wais ist seit dem 1. Juli 1999 Generaldirektor der Österreichischen Post. Er war Berater des ehemaligen Handelsministers Dr. Josef Staribacher und Leiter des Ministerbüros. Danach wechselte Wais zu Siemens Österreich. Ab 1996 war Wais  Vorstandmitglied der Siemens AG, bevor er zum Generaldirektor der Österreichischen Post AG avancierte.

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