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Lobby dick

\"WieLobbyisten und Berater haben durch aktuelle Ereignisse gerade keinen leichten Stand. Zeit, dem proaktiv entgegenzutreten!

Ein Geschäftsanruf von Rainer Sigl.

Guten Tag, schön, dass ich Sie persönlich am Hörer habe! Nein, wir kennen uns noch nicht, aber Sie werden staunen, was ich alles für Sie und Ihr Unternehmen tun kann. Bitte? Nein es geht nicht um einen neuen Handyvertrag, keine Sorge! … und, Moment, lassen S’ mich ausreden, nein, Sie müssen keine Angst haben, ich verschwende Ihre wertvolle Arbeitszeit auch nicht mit irgendwelchen verhungernden Kindern in Afrika, dem Umweltschutz, Atomkraft oder dem Amazonas – ich bitte Sie! Ich versichere Ihnen, wir wissen, dass Sie Ihre Zeit nicht gestohlen haben. Ich komm gleich zum Punkt: Es geht ums Geschäft, Verehrtester, ums Business, Cashflow, Chancen!

Hab ich Ihre Aufmerksamkeit? Jaha, mein Lieber, Sie wissen es noch nicht, aber ich kann Ihre Geschäftsträume wahr werden lassen! Stört es Sie nicht auch, dass in diesem schönen Land alles so lang dauert? Dass ehrlichen, hart arbeitenden, erfolgreichen Wirtschaftstreibenden wie Ihnen überall nur Steine in den Weg gelegt werden? Dass Sie sich, Verzeihung, täglich den Arsch aufreißen und dann kommt der Staat und wirft Ihr sauer verdientes Geld für völlig sinnlosen Schnickschnack aus dem Fenster? Mal ehrlich: Was haben Sie persönlich von einer sündteuren staatlichen Frauenförderung, wenn Sie Ihrer Frau sowieso den Golfkurs selber zahlen müssen? Wieso sollen Sie arbeitsscheuen Hippies sinnlose Gratisstudiengänge wie Philosophie, Tibetologie oder Geschichte zahlen, wenn Sie Ihren Sohn sowieso in der Schweiz für teures Geld studieren lassen?

Ich könnte Ihnen da Geschichten erzählen! Es schreit schon zum Himmel, dass der Staat zwar die soziale Kuschelhängematte, Umweltverträglichkeitsprüfungen, Radargeräte und Finanzpolizei vom Geld fleißiger Unternehmer wie Ihnen finanziert, dann aber, wie es mit all dem Ausschreibungsgetue heutzutage anscheinend immer mehr einreißt, demselben nicht einmal, sozusagen im gerechten Gegenzug, ein paar lächerliche Aufträge zukommen lassen will! Eine Hand wäscht schließlich die andere, und am Ende sind dann alle supersauber, oder etwa nicht?

Das bringt Ihr Blut auch in Wallung, oder? Atmen S’ einmal tief durch, weil jetzt kommt die gute Nachricht. Ich versprech Ihnen: Wenn Sie mich und meine Firma beauftragen, löst sich das alles von selbst. Wie das gehen soll, fragen Sie? Umschreiben wir es mal so: Wir sorgen dafür, dass sich bislang verschlossene Türen öffnen, sie leise, sanft und wie von selbst aufschwingen. Wir kennen freundliche Menschen an Orten, wo man rationalen Argumenten zugänglich ist, wo seriös diskutiert wird, wo man in amikaler Atmosphäre, etwa bei einer Jagd,  vereinbaren kann, was die Leistung war … Oder sagen wir’s mit einem bildlichen Vergleich: Unser Netzwerk von der Vernunft zugänglichen Freunden, Mitarbeitern und Wahlonkeln umfasst inzwischen zum Wohl aller den ganzen Organismus dieses Landes und durchzieht sozusagen gutartig den gesamten Staatskörper. Ja, wir sind stolz, zu sagen, dass wir in allen Organen sitzen, hier ein kleiner Herd strategisch denkender Wirtschaftstreibender, dort eine Einnistung verständnisvoller Juristen, da ein staatsnahes Unternehmen mit weitblickenden Führungsprofis, dort ein Ministerium, das sich bei Sekt und entspanntem Plaudern von Ihren Angeboten überzeugen lässt! Weil es kann doch nicht sein, dass, Hausnummer, Ihr Angebot wegen ein paar lächerlicher Millionen mehr nicht zum Zug kommt, statt dass man unser Geld an unsere Leut’, geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen etcetera, ja, haha …

Wie bitte? Was kommt Ihnen nicht koscher vor? Wa … Korruption? Moment! Ich muss schon sehr bitten – wofür halten Sie mich? Für mich gilt immer noch die Unschuldsvermutung! Und außerdem … was? Na hören S’, da muss ich aber protestieren: Das Geld ist doch nicht weg – es gehört nur jemand anderem, oder? Nur weil da ein paar schwarze Schafe ins Rampenlicht gezerrt werden, heißt das noch lang nicht, dass da im Dunkeln nicht … Wie? Auflegen wollen Sie? Moment, aber wir haben noch gar nicht über mein Honorar, ich glaub ich hab’s am Anfang eh erwähnt, dass das direkt mit Ihrer Telefonrechnung abgerechnet wird, nur 249 Euro pro Minute und … was bin ich? Eine Frechheit! Glauben Sie, ich berat Sie hier stundenlang und dann … hallo?

Aufgelegt.

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