Trumps Twitteriaden und der Theaterdonner um seine Person halten die Medien und die aufgeregte Politik-öffentlichkeit in Atem. Ruhig und konsequent hingegen läuft im Hintergrund der radikale Umbau des Staates.
Ob der amerikanische Präsident Donald Trump seine mediale Omnipräsenz als geschicktes Ablenkungsmanöver inszeniert oder ob ihn sein überdimensioniertes Ego gar nicht anders agieren lässt, ist eigentlich einerlei. Was immer die Motive sind, Trump erzeugt jenen Windschatten, in dem ein radikaler Umbau des Systems möglich ist.
Politico, das renommierte Magazin, das klar in den Reihen der Trump-Kritiker steht, listete Ende 2017 138 Punkte auf, die der neue Präsident ziemlich unbeobachtet von der Öffentlichkeit durchgesetzt hat, und räumte mit der eigenen Legende auf, dass da ein überforderter Polit-Schausteller am Werk sei, der außer Schlagzeilen wenig produziere. Trump liefert und arbeitet eine Agenda ab, von der viele naiv glaubten, sie existiere gar nicht. Die Regeln werden auf allen Ebenen umgeschrieben, mit dem Ziel. Wachstum zu generieren. Dem wird fast alles untergeordnet: Arbeitsrecht, Klima- und
Naturschutz, Konsumentenschutz.
Klarer Sieg für Uber & Co
Ganz vorne auf der Politico-Liste steht die Anfang Juni 2017 getroffene Entscheidung von Arbeitsminister Alexander Acosta, die Richtlinien für die Interpretation des Arbeitsrechts (Fair Labor Standards Act) aufzuheben. Ein klarer Sieg für Uber, McDonalds und Co, wertete Politico. Sie können jetzt viel freier Werkverträge abschließen und müssen nicht befürchten, dass das
Bild oben: Alexander Acosta. Der Arbeitsminister weichte die rechtlichen Standards zugunsten der Unternehmen auf.
Arbeitsministerium korrigierend eingreift und aus Lieferanten Angestellte macht – was unter Barack Obama immer wieder geschehen ist. Die Arbeitskosten sinken und Unternehmen brauchen sich um Krankenversicherung und Lohnsteuerabfuhr keine Sorgen mehr machen. Gleich zum Drüberstreuen hob Acosta die Haftung der Konzernzentralen für Arbeitsrechtsverletzungen von Franchisenehmern auf.
Gleich nach Amtsantritt hatte der frischgebackene Präsident die Verordnung 13771 erlassen, wonach für jede neue Regulierung zwei alte abzuschaffen seien. Am 30. September ging das Fiskaljahr zu Ende und Budgetdirektor Mick Mulvaney legte eine Zwischenbilanz vor: Mit den neu verfassten Vorschriften wurden tatsächlich 22 alte entsorgt. Die Kostensenkung dadurch: 8,1 Milliarden US-Dollar, aber das ist erst der Anfang.
Projekt Bürokratieabbau
Seit Amtsantritt Trumps wurden 1579 geplante Vorschriften zurückgezogen oder verschoben. Sie sollen nicht belasten, wenig kosten und viel bringen: Das sind die Kriterien für neue Regelungen.»Unified Agenda« heißt das Projekt Bürokratieabbau, das Budgetdirektor Mick Mulvaney koordiniert und ihn zu einer Schlüsselfigur des Kabinetts macht.
Für 2018 hat er sich viel vorgenommen und einen detaillierten Plan für jedes Ministerium veröffentlicht, der auf der Webseite des »Office of Management and Budget« im Detail abgerufen werden kann.
Ganz oben auf der Liste steht die Neufassung des Dodd-Frank-Acts, der nach der Finanzkrise mit dem Ziel erlassen wurde, riskante Spekulationen im Bankensektor zu verhindern. Damit habe man aber weit übers Ziel geschossen und bewirkt, dass vielen mittelständischen Unternehmen der Geldhahn zugedreht wurde.
Die Bestimmungen sollen gelockert werden. Insbesondere die Volcker-Regel – benannt nach dem ehemaligen Notenbankchef – ist es den Konservativen ein Dorn im Auge. Auf 272 Seiten wird hier festgelegt, was im Bankensektor alles als zu riskant gilt. Seit Mitte 2017 arbeiten die betroffenen Ministerien daran, die Beschränkungen zu lockern.
So erratisch der amerikanische Präsident in seinem öffentlichen Verhalten ist, so eindeutig zieht sich ein roter Faden durch die Handlungsweise seiner Regierung. Viele sehen ihn noch nicht und sind abgelenkt durch die tägliche Show aus dem Weißen Haus.
Die russischen Verschwörungstheorien und die permanente Twitter-Aufgeregtheit beschäftigen die Öffentlichkeit und im Windschatten wird in aller Stille an einem ganz neuen Amerika gebaut, an einem, das nicht ganz so sympathisch ist, aber erfolgreich – vielleicht.
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