In Orten mit guten Schulen sind Immobilien teurer. Schulmanager schaffen Vermögen.
Steve Cochrane lädt zu einem Town-Hall-Meeting. Er ist der neue Manager des Schulbezirks und das Thema, über das er mit Eltern und Lehrern in Princeton, New Jersey, diskutieren will, lautet: »Wellness: Wie wir unseren Kindern helfen können ein glückliches, erfülltes und erfolgreiches Leben zu führen.«
Er hat sich einiges vorgenommen für den Abend und will über Zeitmanagement, Stressbewältigung, Beziehungen und über Chancengleichheit reden. Das ist ein ziemlich dichtes Programm für einen ziemlich kurzen Abend, aber der Mann muss sich beweisen. Er wurde Anfang des Jahres bestellt und will seine Position festigen.
Seine Vorgängerin Judy Wilson hatte den Schulbezirk bis zu ihrer Pensionierung fest im Griff und war ungemein populär. Sie erhielt für ihre Schulen eine Auszeichnung nach der anderen und viele sagen, sie habe zum Höhenflug der Immobilienpreise beigetragen. Denn: Orte mit guten Schulen sind beliebt und dementsprechend steigen die Hauspreise. Princeton ist mittlerweile ein teures Pflaster. Davon wiederum profitiert Cochrane: Ihm stehen heuer 79 Millionen US-Dollar zur Verfügung. Er ist Chef von 294 Lehrern an sechs Schulen, auf rund zwölf Schüler kommt ein Lehrer. Die Schulen sind sensationell ausgestattet und die Verträge der Pädagogen gut dotiert. Cochrane kann sich seine Pädagogen aus einer Flut von Bewerbern aussuchen.
Er ist der Macher im lokalen Schulsystem und seine erste große Abendveranstaltung dient dem Stimmenfang, denn an den Urnen wird über seine Zukunft entschieden. Dabei steht nicht der Superintendent selbst zur Wahl, sondern das Gremium, das ihn bestellt oder eben wieder absetzt. Das Board of Education der Gemeinde Princeton ist das oberste Schulorgan und jedes der neun Mitglieder wird direkt von den Gemeindebewohnern für eine dreijährige Funktionsperiode gewählt. Der Election-Day im November ist ein Fest der Demokratie – neben Präsidenten, Senatoren, Kongressabgeordneten, Bürgermeistern, Sheriffs und Richtern stehen auch die Mitglieder der Schulbehörden zur Wahl. Und die Wähler wissen, dass sie nicht nur über Bildungsziele, das Budget und den Schulmanager abstimmen, sie entscheiden auch darüber, wie viel ihre Häuser in Zukunft wert sein werden.
Die Stadt Camden liegt nicht einmal 30 Kilometer von Princeton entfernt und dort ist ein 120 Quadratmeter großes Haus um 18.000 Dollar zu haben. In der 77.000 Einwohner zählenden Stadt werden jährlich 1.995 Gewaltverbrechen und 4.085 Eigentumsdelikte verübt. Die Schulen sind inferior, die Stadtpolizei kaum mehr existent und die Gemeinde vor dem Bankrott. Die Kommunen finanzieren sich über die Grundsteuer in der Höhe von rund 1,5 Prozent des Verkehrswertes der Liegenschaften, und wenn die Häuser nichts mehr wert sind, sitzt die Gemeinde auf dem Trockenen.
Cochrane arbeitet in Princeton unter paradiesischen Umständen und er wird daran immer wieder erinnert, wenn er auf der Autobahn an der Abzweigung Richtung Camden vorbeikommt. Paradies und Hölle liegen nah beieinander. Deshalb muss man darauf achten, nicht irgendwann die falsche Abfahrt zu erwischen.
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