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Occupy Sandy

Nach dem katastrophalen Hurrikan an der US-Ostküste sind immer noch 40.000 Menschen obdachlos. Eine Welle privater Hilfsmaßnahmen rollt an.

Der katastrophale Hurrikan Sandy hat die bevölkerungsreichste Gegend der USA schwer in Mitleidenschaft gezogen. Mindestens 113 Tote, Zehntausende obdachlos und Hunderttausende noch immer ohne Strom. 217.000 Menschen haben in der Zwischenzeit um staatliche Hilfe angesucht, aber es wäre nicht Amerika, wenn man das Aufräumen der Obrigkeit überließe. Eine Welle von privaten Hilfsaktionen ist angelaufen und viele laufen über die lokal gut organisierten Kirchen, reichen aber weit darüber hinaus. An der Westerly Road Church hat Mary McCormack die Koordination übernommen. »Wer Wintermäntel, Pullover, Handschuhe, Schals und Schuhe hat, aus denen er herausgewachsen ist, sollte sie spenden«, schreibt sie an ihre Gemeinde. »Aber wir nehmen natürlich auch Neues.«

Die Familie Dillon in Red Bank, New Jersey, hat ihr Haus verloren und Freunde setzen auf eine Katastrophenhilfe der besonderen Art. Sie laden zu einem Gong Fu, einer chinesischen Zeremonie mit außergewöhnlichen Tees, die ein Bekannter jetzt aus Shanghai mitgebracht hat. »Kommt und wärmt euch auf«, heißt es in der Einladung, und: »Bringt eure Scheckbücher mit. Die Dillons brauchen Unterstützung.«
Auch die Occupy-Bewegung liefert ein kräftiges Lebenszeichen und selbst New Yorks Bürgermeister, der die Protestbewegung an der Wall Street vor einem Jahr polizeilich auflösen ließ, fand freundliche Worte. »Occupy Sandy« hat in Red Hook eine Suppenküche aufgezogen, Hungrige versorgt und geholfen, wo Hilfe gebraucht wurde. Glenn Nisall war tagelang von der Außenwelt abgeschnitten und als er seine Erstversorger fragte, von welcher Organisation sie seien, staunte er nicht schlecht: »Occupy?«, fragte er. »Ihr meint Occupy Wallstreet?« Er konnte es zuerst gar nicht glauben, ehe er meinte: »Das ist super! Ich bin nämlich einer der 99 Prozent.«
Vor der Zentrale am Zuccotti Park steht ein handgeschriebenes Schild: »Wo die Behörden versagten, war Occupy Sandy zur Stelle.« Systemkritik einmal ganz anders.

Während Bruce Springsteen, der selbst an der völlig devastierten Küs­te lebende Sänger, und viele seiner Kollegen mit ihren Benefizkonzerten dazu beitragen, dass der materielle Schaden gutgemacht wird, sorgt sich Barry Drogin um ein ganz anderes Problem: Er hat eine Gruppe für vom Hurrikan Traumatisierte eingerichtet: »Wer im West Village lebt und über seine Erfahrungen mit dem Hurrikan reden will, ist eingeladen«, heißt es da auf einem Zettel, den er mit Klebeband an einem U-Bahn-Abgang angebracht hat. Auf seiner Webseite hat Drogin seine Tipps für den Notfall zusammengetragen und an erster Stelle steht: »Hilf dir selbst!«, an zweiter: »Reduzier den Stress« und an dritter: »Im Katastrophenfall vertrau nur auf Informationen aus wirklich zuverlässigen Quellen.« Die New Yorker Behörden, das Rote Kreuz und Christine Quinn, die Sprecherin des Rathauses, gehören laut Drogin nicht dazu.
Auch für alle, denen zu wenig ist, was Barry Drogin tut, hat er einen Tipp zur Hand: »Organisier deine eigene Gruppe!«

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