Menu
A+ A A-
5 minutes reading time (1006 words)

Aus der Krise: Organisationen und Gesellschaft in die Zukunft führen - Teil 3



Der dritte und letzte Teil dieser Serie (siehe Teile eins und zwei) behandelt die Arbeit, die gerne unterschätzt wird: die Umsetzung, also all die zuvor ausgearbeiteten Ideen und Ansätze real werden zu lassen.

Die Phase der Umsetzung von Veränderungen in Organisationen ist oft kritisch, weil hier ein gewisses Maß an Disziplin und Durchhaltevermögen gefragt ist. Die involvierten Personen müssen sich gemeinsam klare Regeln geben und diese auch wirklich einhalten. Andernfalls geht die Veränderungsreise im operativen Alltag unter.

Der bisher beschriebene Zielzustand namens »BlueSky« betrachtet einen Zeitraum, der mit fünf bis zehn Jahren recht weit in der Zukunft liegt. Es ist nicht sinnvoll, diesen in einem Durchgang direkt zu erreichen, da man nicht rechtzeitig erkennen würde, ob man auf dem richtigen Weg ist. Teilt man den gesamten Weg in mehrere kleine Abschnitte auf, kann man einerseits früher erkennen, ob man abweicht, und gegebenenfalls nachsteuern. Andererseits erlebt man schon weit vor dem angestrebten Zielzustand Zwischenerfolge und diese wirken sich positiv auf die Motivation der beteiligten Personen aus. Daher sollte man mit dem ersten Meilenstein, also einem Zwischenzielzustand, starten und diesen beschreiben. Konkret vereinbart man einen Zustand, den man beispielsweise in einem Jahr erreicht haben möchte. Nochmals zur Erinnerung: Ein Zustand ist ein klares Bild, wie die Organisation oder Teile davon an einem bestimmten Punkt in der Zukunft aussehen sollen. Kennzahlen können ergänzend festgelegt werden, aber diese alleine ergeben keinen Zustand.

Immer kleiner, immer schneller
Genauso wie beim Herleiten der Zwischenzielzustände – nämlich in kleinen Schritten – geht man auch bei der täglichen oder wöchentlichen Verbesserungsarbeit auf dem Weg zum Zwischenzielzustand vor. Dabei werden einzelne Aufgaben festgelegt und zuständigen Personen übertragen. Diese arbeiten an den Themen und synchronisieren sich mit den anderen beteiligten Personen nach gewissen zeitlichen Abständen. Die Zeitspannen sollten so lang wie nötig und so kurz wie möglich sein. Hier gibt es keinen pauschalen Wert. Die Zyklusdauer muss von der jeweiligen Organisation individuell bestimmt werden und hängt im Wesentlichen davon ab, wie viel Zeit man neben dem operativen Alltag für die Verbesserungsarbeit investieren kann. Bei Teams, die nur mit Verbesserungsarbeit betraut sind, kann die Zeitspanne auch im Bereich von einem oder wenigen Tagen liegen. Für Teams, die neben der Veränderung noch operative Themen haben, sind Zyklen von ein bis drei Wochen üblich. Wichtig ist, dass ein Zyklus immer eine feste Dauer hat. Diese wird nur, falls wirklich nötig, in gemeinsamer Abstimmung verändert.

Agilität – alter Wein in neuen Schläuchen
Wenn Sie das Gefühl haben, dieser Ansatz käme Ihnen bekannt vor und höre auf den Namen »agil« oder so ähnlich, dann ist das kein Zufall. Dahinter steckt die grundlegende Idee des PDCA-Kreises oder Deming-Zyklus, die 1910 von Walter Shewhart erstmals formuliert und in den 1920er-Jahren von Edward Deming bekannt gemacht wurde. Die beiden Herren beschrieben das Erreichen eines Zielzustandes mithilfe der folgenden Sequenzen:  Planung – Umsetzung – Kontrolle – Verbesserung. Im Englischen spricht man von Plan – Do – Check – Act.


In den 1960er-Jahren kombinierte man die Idee des Kaizen, einer in Japan entstandenen Lebenseinstellung, in der man selbsthinterfragend, in kleinen Schritten etwas verbessert, mit dem ­PDCA. So entstand das, was wir heute unter »agil« kennen.

Disziplin und Transparenz
So weit die Theorie, die einfach und nachvollziehbar klingt. Der Teufel steckt natürlich wieder im Detail. Menschen sind Gewohnheitstiere und neigen dazu, aus dem regulären Umfeld nur ungern herauszugehen. Besonders bei Teams, deren Mitglieder Tagesgeschäft haben, wird die Verbesserungsarbeit oft zugunsten operativer Hektik verdrängt. Daher braucht es ein paar Rahmenbedingungen, damit die Veränderung tatsächlich vorankommt:

- Ein klares Rollenverständnis in den Teams und der Gesamtorganisation. Das können Rollen wie Moderation, Dokumentation oder Wächter über die zeitlichen Rahmenbedingungen sein, damit die festgelegte Dauer eines PDCA-Zyklus nicht überschritten wird.

- Feste Termine und klare Agenda der Regelkommunikation. Das ist der Teil, den die Scrum-Welt als »Standup« bezeichnet. Hier treffen sich die Teammitglieder zu einer kurzen Besprechung, damit alle Beteiligten den gegenseitigen Stand wissen und damit erkennbar wird, wo Querabstimmungen nötig sind. Wichtig dabei ist, dass im Rahmen dieser Regelkommunikation nicht begonnen wird, bilaterale Probleme im Detail zu diskutieren. Das führt zu Zeitverlust und zur Demotivation anderer.

- Eine klare Visualisierung, weil Menschen den Großteil der Informationen visuell aufnehmen. Die daraus resultierende Transparenz ist eine notwendige und hinreichende Bedingung dafür, dass alle Menschen möglichst das Gleiche verstehen. Die Visualisierung kann notwendige Messgrößen einschließlich Ziel und Abweichungstoleranzen, Projektfortschritt, den Arbeitsvorrat sowie den Status der Aufgaben beinhalten. In diesem Zusammenhang fällt oft der Begriff »Kanban-Board«.
Auf einer Tafel oder Wand werden die »Kanbans«, also die Karten, angebracht. Jede Karte zeigt eine abzuarbeitende Aufgabe einschließlich Zusatzinformationen, wie angepeiltes Enddatum sowie die verantwortliche Person.

- Feste Arbeitszeiten, um an den Projektthemen zu arbeiten. Laufen die Projekte auf Zuruf, besteht die große Gefahr, dass sich immer ein valider Grund findet, weshalb operative Hektik wichtiger ist.

Führungsverständnis
Neben den zuvor beschriebenen Rahmenbedingungen und Spielregeln gibt es jedoch weitere, mitunter einschneidende Konsequenzen für das Führungsverständnis einer Organisation. Während die meisten Führungsstrukturen funktional ausgerichtet sind, arbeiten Verbesserungsteams interdisziplinär. In jedem Team müssen die Leute dabei sein, die für die Lösung der Aufgabe gebraucht werden. Als Führungskraft bedeutet das, dass man auf die eigenen Mitarbeitenden während der reservierten Projektarbeitszeit keinen Zugriff hat. Setzt man sich über diese Regel hinweg, fehlt eine Person und das Team kann nicht effektiv arbeiten. Darüber hinaus brauchen Menschen, die in einem Verbesserungsprojekt involviert sind, dringend den notwendigen Freiraum. Ist eine Person operativ bereits zu nahezu oder größer 100 % ausgelastet, ist ein weiteres Arbeits­pensum kaum bis gar nicht möglich.



Individualität wahren
Der hier beschriebene Ansatz ist noch immer sehr allgemein und kann nicht eins zu eins übernommen werden. Er dient zur Orientierung, denn jede Gruppe von Menschen ist anders. Lassen Sie daher individuelle Ausprägungen zu. Wichtig ist es, dass es klare, gemeinsame Regeln gibt und diese, falls nötig, strukturiert angepasst werden. Gerade am Beginn einer Veränderung werden gewisse, zuvor vereinbarte Abläufe nicht funktionieren. Dann ist es aber wichtig, dass man dranbleibt und das, was nicht funktioniert, anpasst. Es handelt sich hier immer um einen Lernprozess, den jede Organisation individuell durchschreiten muss.

Das Buch zum Thema: »Das Wasserfall-Paradoxon« (Link)

Fotos, Grafiken: iStock, Mario Buchinger

Wenn die (Schlüssel-)Nummer fehlt, ist die Niederl...
Biden oder was?

By accepting you will be accessing a service provided by a third-party external to https://archiv.report.at/