Die meisten Everest-Reportagen und Bergsteiger-Blockbuster aus Hollywood starten mit dem Aufstieg vom Basislager Richtung Gipfel und enden dann mit der erfolgreichen Gipfelbesteigung. Aber eine Everest-Expedition ist ein hochkomplexes Projekt, das nicht nur unglaublich viel Erfahrung braucht, sondern eine enorme Vorlaufzeit. Die vielen Variablen innerhalb des ganzen Projektzyklus machen es mindestens so anspruchsvoll wie ein umfassendes Transformations-Projekt in der IT. Changemanagement, Risikomanagement und Projekterfahrung sind genauso Erfolgsfaktoren wie die Fitness und mentale Stärke des Bergsteigers.
Wenn man den höchsten Berg der Welt besteigen will, sollte man das mit echten Profis machen. Meine Expeditionsleiter sind Kobler & Partner aus der Schweiz. An der diesjährigen Everest-Expedition nehmen Bergsteiger aus Europa, Japan und Amerika teil. Wieviele Personen tatsächlich bei der Expedition dabei sind, wissen die Veranstalter erst kurz davor. Das ist eine der Herausforderungen für die Organisation. Da heißt es flexibel sein.
Was es logistisch bedeutet, kann ich an ein paar Zahlen festmachen: Wir sind in Summe 90 Personen, davon gerade mal 32 Bergsteiger. Alle anderen sind Support: Sherpas, Köche etc. In nur einer Woche muss das gesamte Basecamp aufgestellt werden. Die Anlieferung der Infrastruktur erfolgt aus verschiedenen Depots: Nahrung, Zelte, Interieur, technische Infrastruktur. In unserem Fall waren das mehr als zehn große LKW-Ladungen. Das Basecamp besteht aus 70 Zelten zwischen 4 und 80 m2. Allein acht Zelte dienen ausschließlich als Lebensmittel-Lager. Denn es müssen 90 Personen über zwei Monate versorgt werden. Zur technischen Intrastruktur zählen Strom, Satellitenverbindung, Funk & Co.
Das Basecamp wird in genau sieben Tagen von rund 50 Personen aufgebaut. Länger darf es aus Kostengründen nicht dauern. Es muss bis zur Ankunft der Bergsteiger fertig sein. Parallel dazu beginnt das gleiche Prozedere mit dem Aufbau der weiteren Camps – Je höher sie liegen, desto spartanischer werden sie: Intermediate Camp, Advanced Basecamp, Camp1, Camp2, Camp3.
Das erfordert von dem ganzen Team eine unglaubliche Flexibilität. Denn neben der tatsächlichen Teilnehmerzahl muss ständig auch das Wetter im Auge behalten werden.
Diese Vorbereitungsarbeiten sind für den Erfolg einer Expedition ausschlaggebend. Um dies sicherzustellen gibt es eine klar definierte Projektorganisation mit entsprechenden Verantwortlichkeiten. Das Gesamtprojekt wird sogar in Teilprojekte mit einzelnen Teilprojektleitern runtergebrochen. Ein Beispiel: Für den Aufbau der Infrastruktur im Basecamp ist der Haupt Sherpa als Teilprojektleiter verantwortlich. Alle Projektmitarbeiter berichten an ihn. Täglich gibt es Projektstatussitzungen zwischen dem Teilprojektleiter und dem Gesamtprojektleiter – Das ist Projektmanagement auf höchstem Niveau, so wie wir es von unseren Kundenprojekten kennen – nur auf rund 6.000 Meter Höhe in der unwirtlichen Gegend des Himalaya.
Auf dieser Website kann man Christoph Gauß auch live tracken: www.followmeoneverest.com
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