Sieg und Niederlage liegen verdammt knapp beieinander – die Nacht des geplanten Aufstiegs vom letzten Hochlager auf 8300 Meter hat das noch einmal eindrucksvoll gezeigt. Ein plötzlich aufkommender Sturm hat unseren Plan gegen 22:00 zum Gipfel aufzusteigen, einfach zu Nichte gemacht. Erst gegen 03:00 in der Früh haben wir entschieden, es trotz des Schneesturmes zu riskieren und zum Gipfel aufzubrechen.
Wir, Kusang Sherpa und ich, kämpften uns zu zweit durch die widrigen Bedingungen. Und tatsächlich bei Tagesanbruch hat der Wind endlich nachgelassen. Um 8.00 Uhr morgens war es dann soweit: Wir standen auf dem Gipfel des Mount Everest. Alle Mühen, Zweifel, Opfer waren zu diesem Zeitpunkt vergessen. Die Gefühle, die ich kurz vor Erreichen und am Gipfel erlebt habe, sind unbeschreiblich. Erhobene Arme, Freudentränen ... ich war vollkommen überwältigt. Der gesamte Druck ist von mir abgefallen.
Am Gipfel selbst - wir waren nur zu zweit dort oben - fühlte ich mich schon mehr als Teil des großen Universums als als "Erdbewohner". Ich stand ja schließlich nur noch mit zwei Füßen auf der Erde. Die aufgehende Sonne, das Himalaya-Gebirge mit seinen Achttausendern waren "unter" mir, rundherum um mich dominierte der Himmel.
Unbeschreiblich war nach dem Abstieg mein "Einmarsch" – allein, taumelnd vor Erschöpfung und vor Glück – neun Stunden später im Advanced Basecamp auf 6400 Meter. Die Bergsteiger im Basecamp, die alle noch ihren Gipfel vor sich hatten, wussten bereits, dass heute einer von Ihnen ganz oben war. Als erster "westlicher" Bergsteiger am Gipfel über die Nordroute im Jahr 2018, wurde ich von den Bergsteigern aller Nationen empfangen, gefeiert, umarmt, beglückwünscht.
Erst Tage später – als ich wieder in Wien angekommen war – realisierte ich, was ich in den letzten zwei Monaten durchlebt, mitgemacht und schlussendlich auch geleistet habe.
Ich werde noch mein ganzes Leben von diesem wunderbaren Erlebnis zehren – mit allen Höhen und Tiefen, mit allen positiven und negativen Erlebnissen!
All die Erfahrung, um dieses Ziel zu erreichen – vom Traum, über die Formulierung der Vision, das harte Training, die Planung, das Vertrauen und der Respekt innerhalb des Bergsteigerteams, das immer wieder Aufrichten und Neumotivieren nach Niederschlägen, ... werden mir vor allem in meinem weiteren Leben helfen, gemeinsam mit meinen Teams zukünftig neue und große Erfolge zu erzielen!
Auf dieser Website kann man Christoph Gauß auch live tracken: www.followmeoneverest.com
Foto: followmeoneverest.com
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