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Eurozone – Italien und Banken belasten

Markit schließt aus dem Verlauf des PMI für die Eurozone: „Die Eurozone-Industrie hat mittlerweile ihre langwierige Rezessionsphase hinter sich gelassen.“ Selbst die Peripherieländer meldeten eine gestiegene Güternachfrage, heißt es weiter. Ist die Diagnose richtig?

Der finale Eurozonen-PMI für September gab gegenüber August, als ein 26-Monats-Hoch erreicht wurde, geringfügig nach; er sank von 51,4 auf 51,1 Punkte. Das signalisiert immer noch eine leichte Expansion. Unter der Scheideline von 50 blieben Frankreich und Griechenland, Deutschland markiert mit 51,1 ein zwei-Monats-Tief.

Das BIP der Eurozone ist im zweiten Quartal um 0,3% angewachsen. Wenn ein zumindest geringfügiges Wachstum auch für das dritte Quartal gilt, wäre die Rezession der Eurozone nach landläufiger Definition mit zwei Wachstumsquartalen in Folge beendet.

Bei dem, was in der Eurozone wirtschaftlich geschieht, ist zuallererst zu fragen, ob es sich um eine Rezession in einem normalen Konjunkturzyklus handelt oder um eine strukturell basierte Depression. Aus meiner Sicht handelt es sich um eine Depression.

Das ergibt sich einerseits aus den Makrodaten: Das reale BIP der Eurozone ist zwischen der ersten Hälfte 2007 und der ersten Hälfte 2013 um akkumuliert 1,3% zurückgegangen, in Spanien um 5,3%, in Italien sogar um 8,4% (h/t Eurointelligence via FT). Im selben Zeitraum sind die Investitionen um akkumuliert 19% zurückgegangen, um 38% in Spanien, in Italien um 27%. Die Beschäftigung fiel in Spanien um 17%, in Italien um 2%. Der Arbeitsmarkt der Eurozone meldet im September den 20. Monat in Folge Jobabbau. 19,2 Millionen Menschen sind arbeitslos, die Jugendarbeitslosigket kommt auf 23,7%.

Andererseits sind wesentliche Gründe für den Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitäten der Brüsseler Politik geschuldet. Sie sieht die Lösung der Krise der südlichen Peripherie darin, deren Produktivität zu steigern. Da die Löhne aus institutionellen Gründen nach unten nur wenig flexibel sind und weil der Ausweg über eine Währungs-Anpassung verbaut ist, bleibt nur der Weg über den Jobabbau.

Folglich dürfte das entscheidende Signal für das Ende dieser Depression aus dem Arbeitsmarkt kommen. Auch wenn die Dynamik des Jobabbaus zuletzt nachgelassen hat, belastbare Entspannungszeichen gibt es hier bisher nicht.

Die größte Belastung innerhalb der Eurozone kommt aktuell aus Italien. Die Regierung scheint mit dem Rückzug der Berlusconi-Minister gescheitert. Die eine politische Richtung will niedrigere Steuern auf Verbrauch und Immobilien, die andere will die Staatsausgaben nicht reduzieren. Im schlechtesten Fall könnte sich die Phase einer handlungsunfähigen Regierung bis Mitte 2014 hinziehen. In diesem Zeitraum sollen Staatsanleihen im Volumen von mehr 250 Mrd. Euro platziert werden. So lange die Zinsen unten bleiben, kann sich das Land noch eine zeitlang durchwursteln. Aber wenn eine Abstufung der Bonität kommt oder ein anderer exogener Schock, entsteht schnell unmittelbarer Handlungsdruck.

Die politischen Verhältnisse dürften die Rezession in Italien verlängern, weil die Unsicherheit Investitionen bremst. Der italienische PMI für September steht mit 50,8 zwar noch über der Schwelle zur Kontraktion, markiert aber ein zwei-Monats-Tief.

Italien ist gefangen in untragbar hoher Verschuldung und stagnierender Produktivität. Daran wird auch eine neue Regierung so bald nichts ändern können. Das Budget-Defizit hat sich im September auf 15,5 Mrd. Euro ausgeweitet nach 11,4 Mrd. Euro im September 2012. Für die ersten neun Monate kumuliert es sich auf 75,5, womit das Ziel von maximal 3% des BIP für dieses Jahr gerissen werden dürfte. Damit wären sofort weitere Sparmaßnahmen fällig, insbesondere dann, wenn die Mehrwertsteuererhöhung verschoben wird, deren Erträge in die bisherigen Pläne eingerechnet waren.

In der Eurozone ist die Zuwachsrate von Ausleihungen der Banken an den nicht-Finanz-Sektor 2009 in den negativen Bereich vorgestossen, zwischenzeitlich gab es dann eine leichte Verbesserung, im zurückliegenden Jahr ging sie wieder zurück. Auch im aktuellen Jahr ist die Bilanz negativ: Im August lagen die Kredite an den privaten Sektor nach vorläufigen Zahlen 2% unter dem Niveau des Vorjahres.

Betrachtet man die Ausleihungen an die öffentlichen Haushalte und an andere Monetäre Finanz-Institute (MFI), so fällt auf, dass die Zuwächse seit Ende 2010 abnehmen. Sie erreichten Ende 2011 ihr Tief bei –5,5%, danach stiegen sie bis Oktober 2012 wieder an. Die Zeitpunkte fallen zusammen mit dem ersten LTRO in Dezember 2011 und dem OMT-Programm im September 2012. Das zeigt sehr schön die (“unheimliche”) Wirkung dieser LTROs. Im Spätjahr 2012 begannen die Zinsen in der Eurozone auf breiter Front zu sinken, das machte die diesbezüglichen Carry-Trades dann weniger attraktiv. Bei den Krediten an MFIs war die LTRO-Wirkung gerade umgekehrt. Ab April gingen diese stark zurück, der zweite LTRO fand Ende Februar 2012 statt. Insgesamt bewegen sich die Kredite nicht weit unter der Spitze aus Juni 2012 (18669 Mrd. Euro), im Oktober 2008 lagen sie nur knapp darunter. Aktuell liegen sie gut 6% tiefer als im Vorjahr.

Der Verlauf der Bank-Kredite insbesondere an den privaten Sektor lässt erwarten, dass die Wirtschaftschaft der Eurozone bestenfalls um die Nulllinie des Wachstums herumzackert. Der Chart zeigt immerhin, dass eine zögerliche Entflechtung der Beziehung Banken-Staaten stattfindet, die BuBa-Präsident Weidmann kürzlich noch einmal thematisiert hatte. Mehr als ein Anfang ist das nicht und wenn die Privilegierung der Staatsanleihen bleibt, wird sich daran auch nicht viel ändern.

Insofern darf man auf die Ergebnisse der Bankentests der EZB gespannt sein, die in Kürze stattfinden sollen. Vermutlich wird es sich die EZB nicht leisten, solche Farcen abzuliefern wie die EBA (European Banking Authority) mit ihren Tests. Somit dürfte sich ein Bedarf von Hunderten von Milliarden Euro (wenn es reicht…) zur Rekapitalisierung der Banken ergeben. (Siehe zum Zustand des europäischen Bankensystems: “EU – höchstes Bankenrisiko“!)

Die Politik steckt wieder einmal fest und bleibt die Antwort schuldig – was dann?

Auch das dürfte eine Motivation für EZB-Draghi gewesen sein, die Möglichkeit eines weiteren LTRO in Aussicht zu stellen. Er wird dadurch erneut Zeit kaufen wollen. Hilft es wieder genauso wie im vergangenen Jahr?

Die Depression in der Eurozone geht weiter, die Ausleihungen der Banken gehen hinsichtlich privatem Sektor zurück. Italien wird zur größten Belastungsprobe. Wenn die Situation hier kippt, gibt es keine solide Wachstumsgrundlage, die das abfedern könnte. Dann müsste die EZB vermutlich ihr bisher schlafendes OMT-Programm anwerfen.

 

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