»Fantastische Ideen und riesiges Neuland«
- Written by Redaktion
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Allen Einsparungsmaßnahmen zum Trotz wird der weltweite Energieverbrauch in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Schätzungen zufolge ist bis 2030 eine Steigerung um rund 60 Prozent zu erwarten. Um diesen Energiebedarf umweltverträglich decken zu können, wird der Anteil an erneuerbaren Energiequellen stark steigen. Doch sind die Stromnetze heute weder für diesen Bedarf noch für den zunehmenden Anteil regenerativer, stark schwankender Stromerzeugung ausgelegt. Die Folge: Die Netze müssen zu »Smart Grids« ausgebaut werden.
Ein Smart Grid ist ein intelligentes, automatisiertes Stromversorgungsnetz, das sich besser steuern, regeln und kontrollieren lässt. Dazu ist es mit Informations- und Kommunikationstechnik ausgestattet, um einen durchgängigen Datenfluss von der Stromerzeugung bis zum Verbraucher und umgekehrt zu ermöglichen. Während bei konventionellen Stromversorgungsnetzen die Erzeugung dem Verbrauch folgt, steuert ein Smart Grid auch den Verbrauch abhängig von der Verfügbarkeit der elektrischen Energie im Netz. Durch das mögliche Verlagern von Lastspitzen in Nebenzeiten werden die Netze gleichmäßiger ausgelastet. Damit müssen auch weniger konventionelle Reservekraftwerke bereit stehen, um bei Windflaute oder an schattigen Tagen die fehlende Energie auszugleichen.
Wie dramatisch der Wandel in den Netzen bereits heute ist, zeigt die Zahl der Erzeugungsanlagen im Nachbarland Deutschland. Wenn in Bayern die Sonne aufgeht oder ein besonders windstarker Tag Windkraftanlagen an der Nordsee schnurren lässt, wirkt sich das sofort mit Netzschwankungen auf die gesamte Infrastruktur aus. Waren im Jahr 1990 noch knapp 1.000 Anlagen am Netz, sind es aufgrund der vielen neuen regenerativen Erzeuger mittlerweile fast eine Million. Der zunehmend fluktuierenden Einspeisung stehen derzeit aber noch kaum flexible Lasten gegenüber.
Piloten für neue Netze
Auch in Österreich stellen der zunehmende Ausbau der Erneuerbaren und der Bedarf an Effizienzsteigerungen im Netzbetrieb die Energieversorger vor neue Herausforderungen. Dank der Förderung von Smart-Grid-Projekten durch den Österreichischen Klimafonds und eine hohe Verbreitung von Wärmepumpen, Nachtspeicherheizungen und elektrischer Warmwasserbereitung in den Haushalten gibt es hierzulande bereits sehr fortgeschrittene Modellversuche. So hat die Energie AG Oberösterreich 23.000 intelligente AMIS-Stromzähler von Siemens installiert und kann bei mehr als 5.000 Kunden unterbrechbare Verbraucher, die vor allem aus thermischen Speichern bestehen, schalten. In Summe kann die Energie AG 260 Megawatt an Leistung bei den Kunden schalten, das entspricht rund einem Drittel der eigenen Kraftwerksleistung. Künftig kann eine An- und Abmeldung des Stromkunden sowie eine Verbrauchsmessung auch ohne Fahrt zum Zähler vor Ort durchgeführt werden. Auch der Verbrauch von Gas, Wasser und Fernwärme ist über die intelligenten Zähler übermittelbar.
Ein Vorteil des Datenaustausches in Smart Grids besteht darin, dass sowohl Energieversorger als auch -verbraucher definierte Einrichtungen der angeschlossenen Gebäude, beispielsweise Kühlanlagen, als dezentrale Energiepuffer nutzen können. Vorstellbar ist, dass sogar Elektrofahrzeuge eine Bedeutung als derartige Energiespeicher bekommen. Die Praxis könnte so aussehen, dass »intelligente« Gebäude während Niedertarifzeiten vergleichsweise viel Strom beziehen, um ihren Bedarf zu decken und gleichzeitig ihre Energiespeicher, wie etwa Boiler, Kühlanlagen und E-Cars, zu befüllen. In dieser Zeit erzeugen sie wenig eigenen Strom. In Hochtarifzeiten dagegen wird die gespeicherte Energie zur Deckung des Eigenbedarfs genutzt, um möglichst wenig teuren Strom zu beziehen. Gleichzeitig wird viel Strom selbst erzeugt und der Überschuss ins Netz gespeist. Auch die Stromprodukte und Tarife werden durch eine Smart-Grid-Infrastruktur variabler. Die starren, beschränkten Tarifmöglichkeiten mit dem klassischen Tag- und Nachtstrom sind damit passé.
Komplettlösung
Es gibt noch viele offene Fragen beim Ausbau der Smart Grids und der Entwicklung dezentraler Versorgungsnetze. Siemens bietet mit dem in Österreich entwickelten Verbrauchdatenerfassungs- und Informationssystem AMIS (Automated Metering and Information System) bereits jetzt eine flexible Lösung. Hierbei sind in einem einzigen System sowohl die Verbrauchsmessung als auch die Steuerungsmöglichkeiten integriert. Damit kann der Verteilnetzbetreiber wesentliche Kernprozesse optimieren und seinen Kunden neue Dienstleistungen und Daten anbieten, sowohl auf der Lieferanten- als auch der Abnehmerseite. Die Bündelung der Daten erlaubt einen Überblick über den genauen Verbrauchszustand im Verteilnetz bis hin zur Anbindung an betriebswirtschaftliche Software wie etwa von SAP. Stromkunden bekommen so ihren Verbrauch deutlich transparenter angezeigt, was zum Sparen anregt.
Für Energielieferanten erfasst AMIS die Auslastung einzelner Leitungsabschnitte und der Trafos, um Wartungsintervalle zu optimieren, Leitungsverluste zu minimieren und zusätzliche Daten für die Netzplanung zu erhalten. Ein Krisenmanagement unterstützt zudem im Katastrophenfall eine rasche Netzzustandserhebung und den einfachen Inselnetzaufbau bei beschränkten Energieressourcen. AMIS ist somit ein umfassendes Gesamtsystem, das die Basis für Smart-Grid-Lösungen der Zukunft darstellt.
»Die Energienetze stehen heute an einem ähnlichen Punkt wie die Informationstechnologie vor 20 Jahren oder die Automobilbranche vor 100 Jahren«, vergleicht Gunter Kappacher, Vorstand Siemens Energy. »Es gab fantastische Ideen und ein riesiges Neuland, das nach und nach erkundet und geformt wurde. Wir stehen nun vor vielen neuen Chancen durch Smart Grids.«
>> Markt für Smart Grids:
Der Gesamtmarkt für intelligente Energienetze liegt im Fünfjahreszeitraum 2010 bis 2014 weltweit bei 100 Milliarden Euro. In Europa ist ein Wachstumstreiber für Smart Grids der hohe Anteil an erneuerbarer Energie, die in der Regel nicht kontinuierlich erzeugt wird. Durch Effizienzsteigerungen in den Netzen können mit Smart Grids weltweit bis 2020 mehr als eine Milliarde Tonnen CO2 eingespart werden. Smart Grids helfen auch, die Kosten gering zu halten. Das Sparpotenzial in Europa beträgt Studien der EU zufolge 7,5 Milliarden Euro jährlich.
>> Das Siemens-Angebot:
Mit seinem Smart-Grid-Portfolio deckt Siemens die gesamte Energieversorgungskette ab – von der Erzeugung bis zum Verbraucher:
> Moderne Energiemanagementsysteme fungieren als Gehirn von Leitwarten für das Übertragungsnetz.
> Intelligente Leittechnik für Schaltanlagen und Schutzsysteme bildet das Rückgrat für einen sicheren und automatisierten Übertragungsnetzbetrieb.
> Asset-Management-Systeme und Zustandsüberwachungseinrichtungen sind die Mittel, um die Betriebs- und Investitionskosten des Versorgungsunternehmens zu optimieren.
> Virtuelle Kraftwerke und Micro-Grids.
> Das Verbrauchsdatenerfassungs- und Verteilnetzautomatisierungs-System AMIS (»Automated Metering and Information System«) integriert die Metering-Infrastruktur in die Verteilnetzautomatisierung.
> Smart Building – energieeffiziente Gebäude regeln dynamisch den eigenen Energieverbrauch, steuern die Energieerzeugung und verwalten Speicherkapazitäten.
> Leistungselektronik, die im Stromnetz zu den »Aktoren« zählt: Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ-Anlagen) und flexible Wechselstrom-Übertragungssysteme (FACTS) ermöglichen die Steuerung des Leistungsflusses.