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Wohnen mit Herz & Hirn

\"70Absolute Sicherheit ist eine ­Illusion. Mit Prävention kann ­Ganoven ihr Handwerk auch im ­privaten Wohnbau erschwert und ­Eigentum effektiv geschützt werden.

Von Karin Legat

Für mich bedeutet sicheres Wohnen, dass ich mich auf dem Heimweg nicht dreimal umdrehen und fürchten muss, dass hinter der Ecke jemand auf mich lauert«, lässt Günther Saltuari, Produktmanager bei Siemens und Vorsitzender der Fachgruppe Elektronische Sicherungsanlagen beim VSÖ, einen Blick auf sein persönliches Sicherheitsempfinden zu. »Bauliche Maßnahmen wie der Gebäudezugang, die Beleuchtung und Sicherheitsmaßnahmen wie eine Videoüberwachung beeinflussen natürlich das Sicherheitsgefühl. Jeder kann aber persönlich zu seiner eigenen Sicherheit beitragen. Meine Fenster zu Hause entsprechen der Widerstandsklasse 3. Durch die zusätzlichen Verriegelungen lassen sich diese Fenster mit normalem Einbruchwerkzeug nicht mehr so leicht und schnell öffnen. Wenn der Täter das Objekt nicht in fünf Minuten betreten kann, wird der Einbruchsversuch meist beendet.«

Tatort Wohnhaus

»Es gibt eine Studie«, berichtet der VSÖ-Fachmann, »in der inhaftierte Einbrecher über die Kriterien bei der Auswahl ihrer Zielobjekte befragt wurden.« (Tatort Wohnhaus, Dr. Klaus Krainz). 70 % üben ihre Tat spontan aus, für sie reicht eine offene Eingangstüre, 30 %  sind Plantäter. Letztere selektieren die Gebäude u.a. nach Erscheinungsbild, örtlicher Lage und Verkehrswegen. Für diese Tätergruppe bilden codierbare Türschlösser, Fenster mit Glasbruchmelder, Alarmanlagen sowie schlicht die Anwesenheit eines Hundes eine wirksame Barriere.

»Grundsätzlich zeigt sich bei der Neuerrichtung von Gebäuden ein positiver Trend zur hochwertigen Absicherung mittels moderner Technik«, weiß Franz Reisner, Prokurist beim österreichischen Sicherheitsunternehmen KABA. »In älteren Gebäuden und im sozialen Wohnbau wird aus Kostengründen gerne bewusst auf sinnvolle Sicherheitsmaßnahmen verzichtet. Zum Einsatz kommen oft  Produkte, die nicht nach gültigen Sicherheitsnormen geprüft sind bzw. nicht über die nötigen Konformitäten verfügen.«

Sicherheitsfaktor Haustür

Da sich Unberechtigte meist problemlos Zugang zu Wohnhausanlagen verschaffen können, steigt dort die Forderung nach mehr Sicherheit. »Zugangsberechtigte können mit einer zeitlich begrenzten elektronischen Zutrittslösung definiert werden«, schlägt Alexandra Nagy, Unternehmenssprecherin von EVVA, vor. Auch bei Wohnungstüren kann dieses System eingesetzt werden. »Die Technologien ermöglichen spezifische Lösungen für jede Türsituation, die zu einem ganzheitlich vernetzten System zusammengeführt werden können.«

Sicherheitsfaktor Videoüberwachung

Einbruchdiebstähle vor laufender Kamera finden selten statt, das sagt der gesunde Menschenverstand. Bei einigen mehrgeschoßigen Gebäuden ist der Startschuss für die präventive Videoüberwachung laut VSÖ bereits gefallen. »Vor Jahren haben wir etwa in einem Wohnpark ein System mit Zutrittskontrolle installiert. Die Bewohner öffnen ihren Bereich mit einer Zugangsberechtigungskarte. Personen ohne Karte werden über die Gegensprechanlage in Verbindung mit Video eingelassen. Ich würde es begrüßen, wenn solche Lösungen standardmäßig in Gebäuden realisiert werden«, meint Günther Saltuari. Damit würde auch der Risikofaktor Wohnungstür minimiert. Denn meist entsprechen Türen nicht den Kriterien der Einbruchsicherheit. »Vielfach kommen Standardtüren aus Holz oder Kunststoff zum Einsatz anstatt professioneller Sicherheits- oder Hochsicherheitstüren.«

Sicherheitsfaktor Wohnungstür

Die einfachste Lösung für den sicheren Wohnungseingang ist laut KABA die Anschaffung von Türen der Widerstandsklasse 3. »Zur Absicherung empfiehlt sich zudem ein hochwertiges Schließsystem mit neuester Technik, aktivem Patentschutz und strengen Sicherheitsrichtlinien für Schlüsselnachbestellungen«, informiert Reisner. »Oftmals wird eine Sicherheitstüre mit einfachsten Schließzylinderausführungen ausgeliefert, weil der Türenlieferant damit rechnet, dass die mitgelieferten Zylinder vor Ort durch bereits vorhandene ersetzt werden.«

»Einfache Wohnungstüren sind für routinierte Langfinger ein Kinderspiel«, ergänzt Nagy. »Wenn jemand weiß, wo er ansetzen muss, ist eine Standardtür mit wenigen Handgriffen geknackt.« Der Wechsel zu einer Sicherheitstür wird durch die Bundesländer unterstützt.

Sicherheitsfaktor Alarmanlage

Bis vor wenigen Jahren waren private Alarmanlagen eher selten. Mittlerweile finden sich Alarm-, Video- und Zutrittssysteme auf breiterer Basis, auch in Kombination. »Hier gilt es jedoch zu beachten, dass man im Gebäudewohnbau meist nicht der eigene Bauherr ist und bauliche Veränderungen schwer möglich sind«, gibt EVVA-Expertin Alexandra Nagy zu bedenken. »Verkabelungen nachträglich in den Wänden zu integrieren ist aufwendig bis unmöglich. Die beste Lösung bieten Hybrid-Alarmanlagen, also Funk-Alarmanlagen mit ein bis zwei verkabelten Komponenten, z.B. Bewegungsmeldern. Sie sind einfach zu realisieren und manipulationsgeschützter als herkömmliche Funk-Alarmanlagen.« Neu ist, dass Alarmanlagen vermehrt via Smartphone gesteuert werden. »Über die Bedienoberfläche des Smartphone erhalte ich alle Alarmmeldungen, bin vorgewarnt und kann entsprechend reagieren, sei es bei einem Einbruch oder bei Störungen wie z.B. einem Stromausfall«, zeigt Saltuari auf. Smartphones bilden für den Siemens-Manager eine neue Komponente im Bereich der privaten Gebäudesicherheit. »Weiters verschmelzen hausleittechnische Einrichtungen mit Securityeinrichtungen. Eine Beleuchtung kann etwa mit einer Zutrittskontrollanlage gesteuert werden. Das System erkennt mein Ziel und beleuchtet dementsprechend Stiegen und Räume. Natürlich besteht auch in überwachten Bereichen die Gefahr eines Überfalls.Einbruchmeldeanlagen und Videoanlagen schrecken Täter jedoch ab.« Eine Übersicht über anerkannte Errichterfirmen von Alarmanlagen bietet der VSÖ auf seiner Homepage www.vsoe.at an.

Sicherheitsfaktor Brandmelder

Brandschutz beginnt für KABA bereits in der Bauphase. Es gilt, die TRVB (Verzeichnis der technischen Richtlinien vorbeugender Brandschutz) zu beachten. Diese Richtlinie enthält alle erforderlichen Informationen und Vorschriften über die Projektierung, Installation, Überprüfung, Wartung und den Betrieb von Brandmeldeanlagen. Brandschutzgeprüfte Bauteile wie Brandmelder, Sprinkleranlagen, Sprühnebel- und Rauchansaugsysteme sowie Schaum-, Pulver- und Gaslöschanlagen zählen längst zum Standard. Günther Saltuari sieht mit Brandmeldern im Wohnbereich einen zusätzlichen Sicherheitsfaktor. »Eine Brandmeldeanlage ist direkt mit der Feuerwehr verbunden, Brandmelder und Druckknopfmelder können in den einzelnen Geschoßen des Gebäudes installiert werden. Home-Rauchmelder werden in den Wohneinheiten montiert und warnen im Brandfall durch eine eingebaute Sirene. Bei Home-Rauchmeldern ist darauf zu achten, das diese der Europanorm EN 14604 entsprechen.«

Sicherheitsinnovationen

Die Kriminalitätsstatistik 2011 zeigt für den Wohnbau eine leichte Entspannung. »Im Vergleich zu 2010 sind Einbrüche in Wohnungen, bewohnten und unbewohnten Einfamilienhäusern letztes Jahr um 0,8 % auf 15.616 Anzeigen zurückgegangen«, berichtet Helmut Greiner, Pressesprecher des Bundeskriminalamts. Diesen Rückgang gilt es zu forcieren. »Die Sicherheitsbranche zählt zu den innovativsten unseres Landes. Man darf sich nicht vom äußeren Erscheinungsbild täuschen lassen, denn der hohe Innovationsgehalt ist oft nicht sofort erkennbar«, erklärt Alexandra Nagy. Im mechanischen Bereich müssen laut EVVA Schließsysteme sehr komplexen Organisationsstrukturen Rechnung tragen. Im elektronischen Bereich steht die Art der Datenübertragung zwischen Tür und Identifikationsmedium im Vordergrund. »Besonders der private Nutzer möchte Systeme, die einfach funktionieren und nicht das Studium umfangreicher Anleitungen erfordern«, beschreibt Reisner. Nach dem Motto: Wohnen mit Herz & Hirn.

 

>> Abhaltende Wirkung:

- Türen                                        - in Prozent

Codierbares Schloss                              66
Metalltüre                                           60
Magnetschloss                                     56
Massivtüre                                          52
tosisches Schloss                                 40
Glastür mit Gitter                                 28

- Fenster

Glasbruchmelder                                 69
Glasbausteine                                     65
Fenstergitter (eingemauert)                 58
Kunststoffsicherheitsglas                      52
Rollladen                                           30
Fensterbalken                                    27

- Hund 52

- Alarmanlagen

Glasbruchmelder                                69
Alarmanlagen                                    67
Torkamera                                       65
Sirene                                             65
Alarmanlage + Scheinwerfer               62
Runddrehleuchte                              45

 

>> Widerstandsklassen:

- Widerstandsklasse - Mutmaßliche Arbeitsweise des Täters

1.) Der Gelegenheitstäter versucht, das Fenster oder die Tür durch den Einsatz körperlicher Gewalt aufzubrechen, z.B. durch Gegentreten, Schulterwurf, Hochschieben, Herausreißen.

2.) Der Gelegenheitstäter versucht, zusätzlich mit einfachen Werkzeugen (wie Schraubendreher, Zange) das verschlossene und verriegelte Bauteil aufzu­brechen.
Der Täter versucht zusätzlich mit einem zweiten Schraubendreher und einem Kuhfuß, das verschlossene und verriegelte Bauteil aufzubrechen.

3.) Der erfahrene Täter verwendet zusätzlich Sägewerkzeuge und Schlagwerkzeuge, wie Schlagaxt, Stemmeisen, Hammer sowie eine Akku-Bohrmaschine.

4.) Der erfahrene Täter setzt zusätzlich Elektrowerkzeuge, wie z.B. Bohrmaschine, Stich- oder Säbelsäge und Winkelschleifer mit einem max. Scheibendurchmesser von 125 mm ein.

5.) Der erfahrene Täter setzt zusätzlich leistungsfähige Elektrowerkzeuge, wie z.B. Bohrmaschine, Stich- oder Säbelsäge und Winkelschleifer mit einem max. Scheibendurchmesser von 250 mm ein.

 

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