Preise werden weiter steigen
- Written by Redaktion
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Walter Wittmann über die Renaissance von Zinshäusern und mangelnde Fantasie im Neubau.
(+) plus: Wie entwickelt sich der Wiener Immobilienmarkt im Jahr eins nach der Krise?
Walter Wittmann: Das kann man leicht zusammenfassen: Es herrscht eine enorme Nachfrage nach Immobilien, die das Angebot deutlich übersteigt. Deshalb steigen auch die Preise. Das klassische Wiener Zinshaus erlebt eine Renaissance, nicht nur in den inneren Bezirken, sondern flächendeckend in ganz Wien.
(+) plus: Handelt es sich dabei um eine direkte Auswirkung der Krise? Stichwort: Grundbuch statt Sparbuch.
Wittmann: Eine Immobilienblase ist derzeit nicht erkennbar. Ich gehe davon aus, dass die Kurve noch weiter ansteigen wird. Natürlich wird es zu einer gewissen Abflachung kommen, aber eine Reduktion der aktuellen Immobilienpreise ist unwahrscheinlich.
(+) plus: Welche Auswirkungen haben die hohen Preise auf den Neubau?
Wittmann: Der Neubau leidet massiv unter den hohen Grundstückspreisen, die direkt auf die Wohnungen umgelegt werden. Damit scheiden Genossenschaften und soziale Einrichtungen, die gewisse Preise anicht überschreiten dürfen, schon einmal aus. Auch die Baukosten steigen kontinuierlich an. Das führt beim Neubau zu einem sehr hohen Quadratmeterpreis. Dazu kommt, dass im Neubau der Glaube an die Wertentwicklung fehlt. Wenn dem Neubau ein klassischer Altbau gegenübersteht, wird zuerst der Altbau gekauft. Der Altbau wird mit Wertsteigerung identifiziert. Beim Neubau fehlt die Fantasie, dass er in zehn Jahren mehr wert sein könnte.
(+) plus: Haben Sie diese Fantasie?
Wittmann: Nein, die habe ich auch nicht, vor allem nicht in dem Ausmaß von klassischen Zinshäusern. Beim Altbau hat ein Investor neben der Miete auch noch einen steigenden Wert. Beim Neubau bleibt nur die Miete. Deshalb ist das Bauvolumen sehr gering. Dazu kommt, dass auch die öffentlichen Anreize fehlen.
(+) plus: Bei wachsender Bevölkerung und gleich bleibendem Wohnungsangebot droht eine Preissteigerung. Wird sich das Preisniveau in Wien an internationale Metropolen angleichen?
Wittmann: Zu einer Angleichung wird es nicht kommen, weil sich ja auch die anderen Städte weiterentwickeln. Da müsste Wien eine dramatische Preisentwicklung hinlegen, und davon ist derzeit nicht auszugehen. Aber natürlich liegt Wien weit unter dem Niveau vergleichbarer Städte. Das liegt daran, dass wir in Wien ein Mietrechtsgesetz haben. Damit wird das Entwicklungspotenzial natürlich beschränkt. Denn auch wenn das MRG im frei finanzierten Wohnbau nicht zum Einsatz kommt, kann man sich nicht allzu weit vom MRG entfernen. Rein wirtschaftlich betrachtet, müsste es hier zu einer Änderung kommen, politisch sehe ich aber kaum Chancen, dass das MRG angetastet wird. Und das ist auch durchaus richtig so.
(+) plus: Die Nachfrage nach Wohnungen steigt, das Angebot stagniert. Wird Ihr Job dadurch leichter?
Wittmann: Ganz im Gegenteil. Vom Ankauf bis zur Verwertung ist die Arbeit in allen Bereichen anspruchsvoller geworden. Denn mit den Preisen steigt auch die Sorgfalt der Investoren. Früher sind die Vertreter großer Immobilienfonds im Hubschrauber über eine Stadt geflogen und haben nur nach Lage gekauft. Diese »Hubschrauber-Due-Dilligence« gibt es heute nicht mehr. Ohne eingehende Besichtigung wird heute gar nichts mehr gekauft. Da kann die Lage noch so toll sein. Durch die Krise sind die Investoren vorsichtiger geworden. Früher wollten die Invetsoren nicht mit Details behelligt werden, heute wollen sie alles wissen.
(+) plus: Wie hat sich Premium Immobilien in der Krise geschlagen? Wie sind die letzten Jahre gelaufen?
Wittmann: 2007 war ein sehr gutes Jahr, gefolgt von einem kleinen Einbruch 2008. Im letzten Quartal 2008 und im ersten Halbjahr 2009 ist dann gar nichts mehr gegangen, da waren die Investoren in einer Art Schockstarre. Das zweite Halbjahr 2009 hat die Trendwende markiert, 2010 war sicher das beste Jahr in der Unternehmensgeschichte. Das liegt daran, dass viele Bestandskunden jetzt deutlich investitionsfreudiger sind, um unabhängiger von den Kapitalmärkten zu sein.