»Werte schaffen, Vertrauen stiften«
- Written by Redaktion
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(+) plus: »Gut ist nicht gut genug« – haben Sie im Rahmen der Verleihung des Staatspreises Unternehmensqualität gesagt. Um Erfolg zu haben, müssten Unternehmen »raus aus dem Mittelmaß«. Das klingt gut, aber wie gelingt das in der Praxis?
Konrad Scheiber: Unsere Wirtschaft lebt im Umfeld einer hohen Dynamik. Produktlebenszyklen werden kürzer. Laut der letzten IBM-Studie über 1.100 CEOs globaler Konzerne wird die Schere größer zwischen den Herausforderungen der nächsten Jahre und jenen, die man in den letzten drei Jahren erfolgreich gemanagt hat. Als Unternehmer ist man permanent gefordert, den langfristigen Weitblick für die Kundenbedürfnisse von morgen zu haben, die Strategie weiterzuentwickeln, die Prozesse danach auszurichten und die Mitarbeiter auf die permanenten Veränderungen durch Motivation und Ausbildung mitzunehmen. Die Chance liegt in einem rollierenden Prozess von der Planung über die konkrete Umsetzung bis zur Messung und Bewertung des Erreichten. Wichtig ist die systematische Vorgehensweise. Klare definierte Ziele lassen sich einerseits gut kommunizieren, aber auch messen. Die ISO 9001 hat sich hier in fast 24 Jahren bestens gewährt. Interessant ist, dass insbesondere im Krisenjahr 2009 das weltweite Wachstum der ISO-9001-Zertifizierung mit acht Prozent fast drei Mal so hoch war wie im Hochkonjunkturjahr 2008. Nur auf der D.A.CH-Ebene, also in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz, stagniert die Entwicklung oder geht sogar leicht zurück. Dabei ist in Österreich laut der Czipin-Studie die Produktivität in Österreich im Jahr 2010 wieder etwas gesunken. Die Schattenkosten infolge von Qualitätsmängel bei Produkten und Dienstleistungen schätzen wir auf vier bis sieben Prozent des BIP. Es gibt also genug Verbesserungspotenzial und Chancen.
(+) plus: Wenn es um Qualität geht, denken viele an Produktqualität. Welche Rolle spielen Unternehmensstrukturen und Kundenbedürfnisse?
Scheiber: Die Produktqualität, die ihren Ursprung in der Qualitätssicherung hat, hat eine lange Tradition und ist nach wie vor sehr wichtig. Wir unterscheiden auf der Ebene des Qualitätsbegriffes aber auch noch die Prozessqualität und die Unternehmensqualität. Die Qualität und damit die Leistung einer Organisation hängen zusammen mit der richtigen Planung, der proaktiven Führungsrolle des Managements und der internen Kommunikation sowie der Qualifikation der Mitarbeiter. Klare Strukturen und Rollenbilder der Mitarbeiter erleichtern das Zusammenspiel aller in der Wertschöpfung. Hier handelt es sich zwar um weiche Faktoren, aber auch um extrem starke Hebel, um dauerhaft erfolgreich zu sein. Die Kundennähe ist der nächste Erfolgsfaktor. Wie gut kennt man die Kundenbedürfnisse und -erwartungen? Wie konsequent richtet man die Prozesse, die Abläufe, die Kundenkontaktpunkte an diesen aus? Wie zufrieden und loyal sind die Kunden? Die Kundenorientierung spielt daher sowohl in der ISO 9001 als auch im Business-Excellence-Modell eine zentrale Rolle.
(+) plus: Hat sich das Qualitätsbewusstsein von Kunden und Unternehmen in der Krise geändert?
Scheiber: Grundsätzlich haben wir festgestellt, auch die Kollegen in der Schweiz oder in Deutschland, dass Qualität der Krise trotzt. Qualität setzt sich durch. Qualität schafft Werte und stiftet Vertrauen. Viele Quality-Austria-Kunden haben die schwierige Zeit auch genutzt, ihre Mitarbeiter in Messtechnik, Qualitätstechnik und Qualitätsmanagement – auch direkt an den Anlagen – zu schulen. Nun starten sie auf einem noch höheren Niveau wieder durch.
(+) plus: Vor mehr als 20 Jahren wurde die internationale Qualitätsmanagementnorm ISO 9001 ins Leben gerufen. Welche Bedeutung haben Normen in der Qualitätsdiskussion?
Scheiber: Eine wachsende Bedeutung. Die ISO 9001 ist nun fast 24 Jahre alt, über eine Million Organisationen weltweit sind zertifiziert. Es zeichnet sich aber ein Trend ab, branchenspezifische Derivate von der ISO 9001 abzuleiten, z.B. in den Branchen Automotive (ISO TS 16949), Luft- & Raumfahrt (AS/EN/JiSQ 9100), Telekommunikation (TL 9000), Eisenbahnzulieferindustrie (IRIS), Lebensmittelproduktion (ISO 22000) und viele mehr. Grundlage ist die ISO 9001, aber es werden weitere branchenspezifische Qualitätsanforderungen definiert. Ergänzend dazu werden Querschnittsthemen genormt wie IT Security (ISO 27001), Risikomanagement (ISO 31000), Energiemanagement (EN 16001, ISO 50001) oder auch CSR (ISO 26000). Diese Normen sind globale Antworten auf neue gesellschaftliche sowie wirtschaftliche Herausforderungen. Die letzten drei sind ganz junge Entwicklungen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Integration der Anforderungen. Zu den Systemnormen gibt es natürlich eine Fülle von produktspezifischen Normen.
(+) plus: Seit 1996 wird der Staatspreis Unternehmensqualität verliehen. 2010 wurden fünf so unterschiedliche Unternehmen wie Worthington Cylinders, Omicron electronics, das AKh Linz, das WIFI Kärnten sowie die Robert Bosch AG ausgezeichnet. Gibt es branchenspezifische Unterschiede im Qualitätsbewusstsein und -management oder zeigen sich die Unterschiede nur auf Unternehmensebene?
Scheiber: Aus der Historie gibt es unterschiedliche Entwicklungen. Die Metallverarbeitung, der Maschinenbau, Elektrotechnik sowie Automotive blicken auf eine lange Tradition zurück, so ist z.B. Philips Speech Processing mit der Quality-Austria-Zertifikatsnummer 1 und WILD GmbH mit der Zertifikatsnummer 2 seit über 20 Jahren nach ISO 9001 zertifiziert. Im Lebensmittelsektor sind der Gesetzgeber und der Großhandel seit langem ein Treiber für hohe Produktqualität und Produktsicherheit. Hier hat etwa Salzburg Schokolade eine Pionierrolle (Zertifikatsnummer 3). Im Gesundheitswesen spielt seit vier bis fünf Jahren Qualitätsmanagement eine stärker werdende Rolle. In den Dienstleistungssektor kommt nun zunehmend Bewegung, insbesondere im Ausbildungssektor. Quality Austria hat alle Landesfeuerwehrschulen nach ISO 9001 zertifiziert, ebenso die Forstliche Ausbildungsstätte Pichl, um zwei Beispiele zu nennen. Spannend wird es im Verwaltungssektor. Hier gibt es einerseits starke Pioniere wie das Magistrat Salzburg, die MA 34 in Wien oder den Asylgerichtshof, andererseits stehen wir hier am Anfang. Die viel diskutierte Verwaltungsreform könnte aber hier wichtige Impulse für mehr Effektivität und Effizienz setzen.
(+) plus: Welche Schwerpunkte wird Quality Austria 2011 setzen?
Scheiber: Qualität, Qualität, Qualität. Denn Qualität ist im internationalen Wettbewerb ein zentraler Standortvorteil, insbesondere für ein kleines Land wie Österreich. Aufbauend auf dem Qualitätsmanagement kommt der Integration der vielfältigen wachsenden Anforderungen aus den Bereichen Umwelt-, Energie-, Sicherheits- und Risikomanagement eine hohe Bedeutung zu. Diese Einschätzung wird von einer topaktuellen Studie »Qualität im produzierenden Unternehmen Deutschlands 2010« vom Fraunhofer IPT klar bestätigt: Qualitätsmanagement wird zur Integrationsplattform, und damit entwickelt sich Qualitätsmanagement immer mehr zur Querschnittsdisziplin. Folgenden Themen wird eine hohe Bedeutung beigemessen: Arbeitssicherheit (45%), Material- und Ressourcenmanagement (44%), Umweltmanagement (34%), Riskmanagement (30%), Energiemanagement (20%). Laut dieser Studie bewerten mehr als 90% die Anwendung eines Integrierten Management Systems (IMS) als effektiv oder sehr effektiv. IMS ist also sehr wirksam.
(+) plus: Quality Austria hilft Unternehmen, erfolgreicher zu werden. Wie geht es dem Unternehmen selbst?
Scheiber: Sehr gut. Wir haben unsere Ziele erreicht, wir haben wieder ein Wachstum von einigen Prozent. Neue Partner wie Quality Austria Central Asia in Indien oder Quality Austria Polska sind hinzugekommen. Quality Austria hat in Wien in einen neuen Standort investiert. Im Jänner 2011 eröffnen wir dort auch das neue Quality-Austria-Trainingszentrum. Damit werden wir noch näher an den Kunden sein als bisher. Die aktuelle EUCUSA-Kundenbefragung 2010 stellt uns ein sehr gutes Zeugnis aus. Die Kundenzufriedenheit ist im Vergleich zu 2008 weiter gewachsen. Weitere Akkreditierungen wie z.B. für PEFC CoC sind dazugekommen oder in Vorbereitung (Energiemanagement nach EN 16001, ISO 50001).