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Die Hybrid-Illusion

Der Druck auf die Automobilhersteller wächst. In Zeiten zunehmender Umweltverschmutzung und klimatischer Veränderung wird der Ruf nach umweltfreundlicheren Autos laut. Da hilft auch die Kritik von Richard Schenz, Präsident der österreichischen Gesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche wenig. Schenz kritisierte, den Verkehr als den großen Klimasünder hinzustellen. Schließlich seien nur rund zwei Prozent des Treibhauseffektes auf Menschenhand zurückzuführen. Am globalen Trend des gesteigerten Umweltbewusstseins ändert dies wenig. So gelten etwa in Europa ab 2012 CO2-Emissions-Höchstwerte von 130g/km. Das ist ein relativ weiter Weg von den aktuell 161g/km. In der Studie \"Solving the powertrain challenge“ hat sich die internationale Strategieberatung Roland Berger Strategy Consultants mit den Herausforderungen beschäftigt, die bezüglich Emissionsstandards auf die Automobilindustrie zukommen. Für Rupert Petry, Managing Partner und Automotive-Experte im Wiener Büro von Roland Berger, gibt es zwei Alternativen, um den CO2-Ausstoß zu senken. \"Entweder man nutzt umweltfreundlichere Treibstoffe oder man senkt den Kraftstoffverbrauch, indem man die Energieeffizienz des Fahrzeugs erhöht.“ In Frage kommende alternative Kraftstoffe sind vor allem komprimiertes Erdgas und flüssiges Petroleumgas, die beide etwa 10 bis 20 Prozent weniger CO2 abgeben, und so genannte Biokraftstoffe, mit denen sich der Kohlendioxidausstoß um etwa 40 bis 80 Prozent verringern lässt. Um die Energieleistung des Motors zu verbessern, arbeitet man in erster Linie mit der Voll-Hybridtechnik, d.h. das Anfahren und Fahren ist ohne gestarteten Verbrennungsmotor möglich und Elektro- und Verbrennungsmotor besitzen eine vergleichbare Leistung.
Diese Ansätze sind innovativ und lobenswert, sie werden aber nicht ausreichen, ist Petry überzeugt. \"Unsere Studie dürfte den Glauben erschüttern, dass Hybridfahrzeuge alle Emissionsprobleme lösen werden. Die angestrebten Ziele werden nur durch den gemeinsamen Einsatz verschiedenster Technologien zu erreichen sein.“ Das hat auch die Automobilindustrie erkannt und verfolgt daher eine Reihe verschiedener Ansätze, um Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor weiter zu optimieren. Dazu zählen vor allem eine Reduzierung des Gesamtgewichts und eine Verringerung des Gesamtvolumens. Auch Start-Stopp-Systeme mit verbesserter Funktionalität und \"power on demand“ für Zusatzaggregate sollen in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.
Petry ist überzeugt, dass das von der EU vorgegeben Emissionsziel erreicht werden kann, \"aber zu einem hohen Preis“. Die Kosten beziffert Petry auf 500 bis 1000 Euro pro Auto. \"Das Problem ist, dass Kunden nicht bereit sind, für nachhaltige Produkte auch mehr zu bezahlen - was zu einem guten Teil daran liegt, dass Nachhaltigkeit in der Marketingkommunikation und Markenpositionierung bislang kaum ein Thema war.“ Lediglich Toyota würde mit Umweltschutzargumenten für sein Hybridauto werben.

Strukturwandel notwendig
Auch was die Strukturen anbelangt, geht die Roland Berger-Studie hart mit den Automobilherstellern ins Gericht. \"Den meisten Produzenten fehlt es an firmeninterner Kompetenz, mit der sie den neuen Herausforderungen begegnen könnten“, heißt es da. Die wenigsten OEMs hätten ihre Organisation angepasst und übergreifende Abteilungen und Technologiezentren für Benzin- und Dieselmotoren eingerichtet. \"Die Herausforderungen, mit denen die Autobauer heute konfrontiert sind, haben wenig mit der Entwicklung neuartiger Technologien zu tun. Es geht vielmehr darum, traditionelle Unternehmensstrukturen und Denkweisen aufzubrechen\", sagt Petry.
Auf die Zulieferindustrie sieht Petry enorme Belastungen zukommen. Zwar wird die Nachfrage nach innovativen Antriebstechnologien und neuen Komponenten steigen, die höheren Kosten könnten aber teilweise an die Kunden weitergegeben werden. \"Nicht alle Zulieferer werden diese Belastung verkraften, der Markt wird sich weiter konsolidieren. Die Unternehmen sollten ihre Strategien überdenken und ihre Innovationsfähigkeit hinterfragen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein“, empfiehlt Petry. An Stelle des traditionellen Machtkampfs zwischen Herstellern und Zulieferern sieht er die gemeinsame Entwicklung kostengünstigerer technischer Lösungen zur Reduzierung der Schadstoffemissionen.

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