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Dringlichkeiten versus »Betriebsstörungen«

Wichtiges vor ungewollt Dringlichem reihen und umsetzen können => Gelassenheit im Denken und Handeln ein kritischer Erfolgsfaktor => »Betriebsstörungen« durch Aktivismus und Hektik vermeiden => Gute Lebens- und Unternehmensqualität aufbauen => Schaffen von Voraussetzungen für die Gelassenheit –  eine vergessende Tugend => Agilität und Nehmerqualität aufbauen. Von Johann Risak.

Wer sich nicht selbst gestaltet, der wird fremdgestaltet, denn Gestaltung (Veränderung) ist immer präsent. Meiner Erinnerung nach stammt dieser Satz von Friedrich Schiller. Dieser Satz begleitete mich seit dem Studium durch mein bisher schon langes Leben und hat mich in meinem Denken und Handeln stark geprägt. Aus Gedanken wurden Worte, aus Worten Taten, aus Taten Gewohnheiten und aus Gewohnheiten ein hoffentlich unverwechselbarer Charakter.
Um den Charakter von Unternehmen und die in diesen tätigen Personen geht es in dieser Glosse. John P. Kotter hat das Buch »a sense of urgency« veröffentlicht. Dringlichkeiten müssen bewusst geschaffen werden, um in der Lage zu sein, Wichtiges vor ungewollt Dringlichem reihen zu können. Tritt trotz diesem Bemühen das ungewollt Dringliche auf, dann trifft es auf vorbereitete Personen und Unternehmen. Die Reaktionszeiten sind kürzer, die Widerstandskraft stärker und die Überlebens- und Wiederaufstiegsfähigkeit kräftiger.
Rechtzeitiges und selbst gewolltes Schaffen von Dringlichkeiten für das zur Gestaltung des strategisch und operativ Wichtigen und das zur Gestaltung ausgewählte Wichtige führt zu einem hohen Grad an Gelassenheit im Denken und Handeln. Gelassenheit im Denken und Handeln ist eine Fähigkeit, die hart zu erarbeiten und immer wieder neu zu begründen und aufzubauen ist. Aktivismus und Hektik verursachen »Betriebstörungen« in der Führung, die stark kontraproduktiv wirken. Sie sind daher tunlichst zu vermeiden.

Zur Realisierung einer guten Lebens- bzw. Unternehmensqualität gilt es, die selbst- und fremdbewusst gesetzten Handlungen zu maximieren und »Betriebsstörungen« zu minimieren. Nicht von ungefähr führt Leopold Rosenmayr aus, dass »Ruhe in der Aktivität die wahre Ruhe ist«. Um diese Gelassenheit realisieren zu können, bedarf es des Schaffens von Voraussetzungen, damit Gelassenheit im Denken und Handeln gefördert und »Betriebsstörungen« möglichst vermieden werden können. Nun ist es aber so, dass viele Führungskräfte dem Drang zum direkten Handeln erliegen. Wer diesem Drang zu sehr nachgibt, der vergisst, dass für das erfolgreiche Agieren über längere Zeiträume in die Aufbereitung des Nährbodens für Erfolge viel Zeit, Anstrengung und meist auch Geld investiert (längerfristig gebunden) werden muss.

Es bedarf also einer Investition in die Steigerung der Agilität und der Nehmerqualität, nicht nur für ruhige und wenig bewegte Zeiten, sondern auch insbesondere für die Bewältigung und Nutzung von Krisen unter stürmischen oder orkanartigen Umfeldbedingungen. Personen und Unternehmen, die sich in der Vergangenheit mit einem »Gut-Genug« zufriedengegeben haben und nicht für sich selbst und ihr Umfeld Dringlichkeiten (Herausforderungen) für die gezügelte Erbringung von Bestleistungen geschaffen haben, stehen nunmehr großen Schwierigkeiten bis hin zur Existenzkrise gegenüber.
Aufmerksame Leser werden das Wörtchen »gezügelt«, vor Bestleistungen gesetzt, schon bemerkt haben. Denn wurde das Streben nach Bestleistungen wenig gezügelt ausgelebt, dann fehlt es heute an Nährboden, also an Agilität und Nehmerqualität für das Durchstehen von Krisen und für die Nutzung der hereinströmenden Krisenenergie. Überlegene Performance macht jedoch nur dann krisentauglich und krisennutzungsfähig, wenn ein wesentlicher Teil dieser Ergebnisse in Verbesserung des unternehmerischen Geistes, der Infrastruktur und Kommunikation, der Vertrauensbasis, des Klimas der Zusammenarbeit und die Vorsorgen gegen »Betriebsstörungen« investiert wurde. »Cash is king«, ein Motto des Versuchs der Krisenbewältigung heute, weist auf die kardinale Unterlassungssünde »wenig gezügelte Leidenschaft« hin. Die Folge sind die zahlreichen und umfänglichen »Betriebsstörungen«.
Es liegt jetzt an uns, die erzwungenen Investitionen in die Beseitigung der finanzwirtschaftlich induzierten »Betriebsstörungen«, die von der Gesellschaft zugelassen wurden, gemeinsam zu nutzen und damit mit Sinn zu erfüllen. Dies betrifft die Schaffung und Implementierung von zukunftsfähigen neuen Strukturen und Spielregeln in unsere Gesellschaft und Wirtschaft für die Vorbereitung einer erstrebenswerten Zukunft.

Die nächste Glosse befasst sich mit der »Agilität und Nehmerqualität« von Unternehmen.

Last modified onDonnerstag, 26 September 2013 11:12
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