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»Auf das Wohnen verzichtet keiner«

Adam Herzog, Geschäftsführer der Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, über Wirtschafts- und Finanzkrise, Energie- und CO2-Kosten und Erwartungen an das Konjunkturpaket.

 

(+) plus: Wie ist für Wietersdorfer & Peggauer das Jahr 2008 gelaufen?

Adam Herzog: Umsatzmäßig konnten wir das Rekordjahr 2007 mit einem leichten Plus von drei Prozent halten. Die Ertragsqualität ist aber mit einem Minus von 15 Prozent deutlich darunter geblieben.

 

(+) plus: Worauf ist diese Verschlechterung zurückzuführen?

Herzog: Auf die Energiekosten. Ausgelöst dadurch haben sich auch Frachtkosten verschlechtert.

 

(+) plus: Aber der Ölpreis ist ja wieder deutlich zurückgegangen.

Herzog: Der Ölpreis drückt alle anderen Preise nach oben, die wenigsten reagieren aber, wenn er dann zurückgeht. Da denke ich an Strom, Gas und Kohle. Wir verwenden aber für unsere Verbrennungsprozesse kein Öl, sondern Kohle und Ersatzbrennstoffe. Für den Kalk setzen wir Gas ein.

 

(+) plus: Haben Sie die aktuelle Gaskrise gespürt?

Herzog: Da haben wir Glück gehabt. Die Energieabhängigkeit ist nirgends so groß wie beim Kalk. Unser großes Investitionsprojekt, der in Bau befindliche Kalkofen in Peggau, ermöglicht uns, auf Alternativen bis zum Altholz zu wechseln. Unsere Gasabhängigkeit endet mit April 2009, wenn der neue Kalkofen in Betrieb geht.

 

(+) plus: In diesem Zusammenhang ist Ihr Unternehmen auch von der CO2-Thematik betroffen. Wie schätzen Sie die Entwicklung der Preise für CO2-Zertifikate ein, wenn sie versteigert werden?

Herzog: Wir müssen den CO2-Handel langfristig sehen und damit umzugehen lernen, beeinflussen können wir ihn nicht. Die Zertifikatspreise sind entscheidend. 40 bis 50 Euro sind bei einer Auktionierung nicht auszuschließen. Dann kann man billiger importieren als hier produzieren. Damit ist die Attraktivität des Industriestandorts Österreich nicht mehr gegeben.

 

(+) plus: Sehen Sie dann Standorte hier akut bedroht?

Herzog: Bei den derzeitigen Zertifikatspreisen von zwölf Euro ist das gefahrlos zu sehen. Der Preis kann nur direkt mit den konjunkturellen Phasen verlaufen. Wenn sich die Nachfrage reduziert, reduziert sich auch der Zertifikatspreis. Gefährlich wird es nur, wenn die Preise aufgrund der Nachfrage nach Zertifikaten in die Höhe getrieben werden.

(+) plus: Was erwarten Sie in diesem Zusammenhang von der Politik?

Herzog: Die Gefahr liegt in der Volatilität. Wenn der CO2-Zertifikatspreis von Spekulanten getrieben wird, wird es insbesondere für mittelständische Industrieunternehmen unplanbar. Für die Industrie ist aber nichts wichtiger als Kontinuität und Planbarkeit. Europa wäre daher gut beraten, die geplante Auktionierung der Zertifikate unter einen Regelmechanismus zu stellen. Mit einer CO2-Aufsichtsbehörde würde das Nachfrage-Angebotsverhalten einen Ausgleichsfaktor bekommen und berechenbar werden.

 

(+) plus: Gibt es technologische Möglichkeiten, den CO2-Ausstoß bei der Produktion zu reduzieren?

Herzog: Die österreichischen Zementwerke produzieren weltweit jetzt schon am wenigsten CO2 auf die Tonne Zement. Wir machen schon in den letzten Jahren alles Mögliche, um dem CO2 auszuweichen. Die Beimengung von CO2-unabhängigen Zumahlstoffen ist aber begrenzt. In den nächsten Jahren sehe ich keine Möglichkeit, dem CO2 auszuweichen.

 

(+) plus: Wie wirkt sich die Finanzkrise auf Wietersdorfer & Peggauer aus?

Herzog: Natürlich ist die ganze Baubranche betroffen. Wir sind aber mit unserem Produktprogramm der Marke Baumit in der Bedürfnispyramide ganz unten. Auf Wohnen und Wohlbehagen wollen wir alle nicht verzichten. Das ist ein Vorteil für uns. Die thermische Sanierung, unser Hauptgeschäftsfeld, ist die beste Form der Veranlagung und bringt eine dreifache Rendite: Sie spart Heizkosten ein, ich kann Förderprogramme nutzen und tue etwas für die Wertbeständigkeit des Objektes.

 

(+) plus: Sehen Sie das Konjunkturpaket der Regierung als ausreichend an?

Herzog: Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Eine Million Gebäude aus der Nachkriegszeit entsprechen nicht den thermischen Standards. Da ist nichts passiert, man hat diese Zeit verschlafen und ist bei der CO2-Problematik nur auf die Industrie losgegangen. Das riesige Einsparpotenzial beim privaten Hausbrand hat man außer Acht gelassen. Jetzt hat man es erkannt. Wir hätten das Steuermodell lieber, bei dem der Hausbesitzer sein Investment, das durch Rechnungen und den Energieausweis belegt ist, beim Jahresausgleich mit einem gewissen Prozentsatz in Anrechnung bringen kann. Das wäre einfach abzuhandeln. In Italien hat man das sogar auf fünf Jahre anrechenbar gemacht, wenn der Betrag in einem Jahr nicht ausgeschöpft werden kann. Diesbezüglich ist die Steuerreform leider nicht umfangreich genug. Man hat sich zwar einiges einfallen lassen, aber bezogen auf das Potenzial ist es nicht ausreichend. Man könnte auch die auf uns zukommende Strafzahlung, wenn Österreich das Klimaziel verfehlt, vorweg als Steuermodell weitergeben.

 

(+) plus: Wie wird das heurige Jahr für Wietersdorfer & Peggauer? Sehen Sie Auswirkungen der Finanzkrise?

Herzog: Wir haben in der Baumit-Gruppe immer schon den Fokus in die Richtung thermische Sanierung gesehen und sind heute in der glücklichen Lage, auf diesem Markt schon präsent zu sein. Das macht unsere Einschätzung des Jahres 2009 etwas optimistischer. Auswirkungen sehe ich nicht in der Dimension, dass wir an Personalabbau oder Kurzarbeit denken. Aber wir gehen davon aus, dass wir kein Rekordjahr werden haben. Ob das nur 2009 oder auch 2010 sein wird, kann niemand sagen.

(+) plus: Müssen Sie Investitionsprogramme verschieben?

Herzog: Wir haben jetzt einmal Investitionen in der Größe von 15 bis 20 Millionen Euro um ein Jahr verschoben. Der Kalkofen in Peggau, der 15 Millionen kostet, wird natürlich fertiggestellt. 2008 haben wir Putzwerke in Bosnien und Slowenien, die je sechs bis acht Millionen kosten, eröffnet. Die Wietersdorfer & Peggauer-Gruppe hat da noch das Glück, kein börsenotierendes Unternehmen zu sein. Wir können dank unserer Eigentümer langfristig investieren, es ist nicht notwendig, das, was wir heute investieren, schon morgen wieder verdienen zu müssen. Wir sind nicht börsengetrieben und leiden auch nicht unter zusammengebrochenen Firmenwerten. Wir müssen auch keine bilanzielle Wertberichtigung vornehmen und es hat nie eine Überbewertung der Eigenmittel gegeben. Wir sind klassische Old Economy, die vor einigen Jahren den Banken noch unattraktiv schien, obwohl wir mit 40 Prozent Eigenkapital etwas darstellen. Jetzt wird auch das anders verstanden. Es geht wieder back to the roots, Banker schauen die Bilanz jetzt anders an.

 

(+) plus: Werden sich die Verschiebungen auch 2010 fortsetzen?

Herzog: Wir warten zu, was die Ziffern am Markt sagen. Wenn bis zum Halbjahr keine Erholung signalisiert wird, müssen wir weiter verschieben, dann ist 2010 auch tot. Speziell unsere Industrie braucht für eine Investition immer einen Vorlauf von mindestens einem Jahr oder länger, wenn wir noch standortspezifische Genehmigungsverfahren brauchen. Verschobene Investitionen bewirken außerdem meistens Neuplanungen.

 

(+) plus: Werden Sie neue Märkte erschließen oder sich aus bestehenden zurückziehen?

Herzog: Wir wollen natürlich im Wachstum bleiben. Diese seit 20 Jahren Baumit bestehende Strategie werden wir wegen einer Konjunkturkrise nicht canceln. Wir müssen aber Rückschläge in einigen Märkten in Kauf nehmen. In Ungarn gibt es derzeit nichts zu melden, in Rumänien schaut es schlecht aus, in der Ukraine wird es auch nicht besser und in Spanien ist auch tote Hose. Zurückziehen werden wir uns aber nicht aus diesen Märkten, man muss eine Durchhaltestrategie wählen, Bestehendes absichern und sich punktuell im Dienstleistungsangebot, Finanzierung etwa, einzubringen versuchen. Es wird auch notwendig sein, im Euroraum zu bleiben, um Währungsrisken auszuschalten.

 

Der Mann – die Firma

>> Mag. Adam Herzog ist seit Juli 2001 Mitglied der Geschäftsführung der Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke GmbH. Gemeinsam mit DI Peter Schwei leitet er das Unternehmen und ist für den Verkauf zuständig.

>> Wietersdorfer & Peggauer (w&p) ist ein mittelständisches Familienunternehmen in der Baustoffindustrie mit Sitz in Klein St. Paul (Kärnten). Das größte produzierende Unternehmen der Wietersdorfer-Gruppe wurde im vergangenen Jahr 115 Jahre alt und konzentriert sich auf die Bereiche Zement, Kalk und Baustoffe. 2007 wurde ein Umsatz von 160 Millionen Euro erzielt.

>> Baumit ist ein Joint Venture der w&p und der zur Schmid Industrieholding gehörenden Wopfinger Stein- und Kalkwerke. Zweck ist die Nutzung von Synergien bei Forschung und Entwicklung sowie die Vermarktung von Produkten im Bereich Fassade, Putz und Estrich unter einer Dachmarke. Heuer wird Baumit mit der neuen Produktpalette »Speed« auf den Markt kommen. Diese Baustoffprodukte (Estrich, Putz, Trockenmörtel, Schnellkleber, Klebespachtel) binden, erhärten und trocknen schneller als herkömmliche Produkte.

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