»Ich kenne beide Seiten«
- Written by Redaktion_Report
- font size decrease font size increase font size
REPORT: Vor den Kammerwahlen haben Sie angekündigt, nur dann als Bundeskammerpräsident kandidieren zu wollen, wenn Sie eine Mehrheit für eine Erneuerung der Kammer sehen. Gibt es diese Mehrheit jetzt?
PENDL: Ich hoffe schon, dass es die gibt.
Wie sehen Sie Ihre Funktion als Bundeskammerpräsident?
Als Moderator, der versucht, gemeinsam mit den Länderkammern und den Sektionen Haltungen zu entwickeln, für unseren Beruf und die Qualität des Bauens das Bestmögliche zu erreichen.
Angetreten sind Sie aber mit eigenen Ideen. Wollen Sie die jetzt nicht durchsetzen?
Ich habe schon eigene Vorstellungen. Aber wie ich gesagt habe: Ich sehe mich als Moderator.
Was haben Sie sich vorgenommen?
Primäres Ziel ist die änderung des Berufszugangs. Das beginnt mit dem Anwärterstatus für Architekten, aber auch für die Ingenieure wird man etwas schaffen müssen. Auch die Kammerstruktur muss geändert werden mit ihren Doppelgleisigkeiten. Es muss entweder mit weniger Funktionärsaufwand oder mit weniger Zeitaufwand für die vorhandenen Funktionäre gehen.
Es gab in der Vergangenheit unterschiedliche Vorschläge für eine Kammerreform, etwa eine Bundeskammer mit Länderstellen. Wie stehen Sie dazu?
Die Länderkammern wird es auf jeden Fall weiter geben, das steht fest. Ich will nichts vorgeben, aber eine österreich-Kammer ist definitiv kein Ziel. Die Bundeskammer hat Aufgaben gegenüber dem Bund, und fünfzig Prozent der Entscheidungen geschehen ohnehin auf EU-Ebene. Wir werden Anfang Dezember eine Vorstandsklausur haben, wo ein Fahrplan für die nächsten vier Jahre mit Zieldefinitionen ausgearbeitet wird.
Ein heißes Thema ist die Wohlfahrtseinrichtung. Sie gelten eher als Gegner eines übertritts ins staatliche Pensionsversicherungssystem.
Ich stehe dem neutral gegenüber. Wir müssen die Diskussion versachlichen, darauf kommt es an. Die Verhandlungen mit dem Sozialministerium über einen übertritt werden jetzt wieder aufgenommen. So viel kann ich aber schon sagen: Von der staatlichen Versicherung hat es nie konkrete Zahlen gegeben. Die Reform steht dort ja erst an. Und: Geschenke vom Staat gibt es keine!
Der neue Wiener Kammerpräsident möchte auch die Honorarfrage angehen, die unter den Nägeln brennt.
Die Richtlinie der EU-Kommission sagt, dass eine Aufhebung der Honorarordnungen erwartet wird, sonst kommen Klagen der nationalen Wettbewerbsbehörden, das wissen wir seit 2002. Es gibt mehrere Studien, auch Informationen aus anderen Ländern, die die Honorarberechnung abhängig machen von Zeitaufwand, Größe, Kubatur des Projekts. Wir müssen wegkommen von der Baukostenberechnung und den Tabellen. Noch im Oktober wird ein Fragebogen ins Netz gestellt, um den Zeitaufwand von Projekten verschiedener Komplexität und Größenordnung zu erheben. Mit dieser Information der Kammer werden Kalkulationshilfen für den eigenen Stundenaufwand zur Verfügung gestellt und neue Leistungsbilder publiziert. Wir haben jetzt die Chance, damit das Honorarthema auf bessere Beine zu stellen. Die Wettbewerbsbehörde wird noch im Oktober dazu eine Stellungnahme abgeben.
Sie haben sich immer gegen die Einführung einer abgestuften Befugnis ausgesprochen ...
Die Ingenieure müssen sich darüber selbst einigen. Bei den Architekten bin ich nicht so begeistert, dass es welche mit und welche ohne Siegel geben soll. Der Status als Anwärter, die Erleichterung des Berufszuganges ist jedoch eine der zentralen Aufgaben der Kammer. Ein Architekt, der kleinere Projekte planen darf, wäre mein Ziel.
Bis jetzt haben Sie als Vorsitzender der Architektensektion nur für Ihre Kollegen gesprochen. Haben Sie ein Problem damit, nun auch die Ingenieure zu vertreten?
Nein. Ich kenne beide Seiten, darüber hinaus üben ja Architekten und Ingenieure eine gemeinsame Tätigkeit aus. Jeder hat seinen Stellenwert, daher macht es für mich auch Sinn, dass es eine gemeinsame Kammer gibt.