Die Lust am Teilen
- Written by Mag. Angela Heissenberger
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Es muss nicht immer das eigene Auto sein: Carsharing-Konzepte erobern die Städte.
Rund 67 % der österreichischen Autobesitzer nutzen ihr Fahrzeug nahezu täglich – ungeachtet explodierender Treibstoffkosten und der Parkplatzmisere im städtischen Raum. Wenn schon Taxi, Öffis oder Fahrrad keine adäquaten Alternativen sind, dann vielleicht ein Mietwagen: Als Vorreiter fungierten die Landeshauptstädte Graz und Salzburg. In Wien konnte sich mit car2go im letzten halben Jahr ein neuer Carsharing-Anbieter etablieren.
>> Kooperation mit Öffis <<
Bereits seit Ende Mai 2009 kurven in Graz rote Stadtflitzer von Carsharing.at, einem Unternehmen der Denzel Mobility. Inzwischen stehen an mehr als 200 Standorten, durchwegs an Bahnhöfen oder gut erreichbaren Verkehrsknotenpunkten, Fahrzeuge jeder Art und Größe bereit. Durch Kooperationen mit den ÖBB und öffentlichen Verkehrsverbünden kommen Kunden in den Genuss zusätzlicher Vergünstigungen.
»Emil«, das erste Carsharing-Konzept mit Elektroautos, ging im März 2012 in der Stadt Salzburg an den Start. Das Pilotprojekt von Rewe Group und Salzburg AG ist vorerst bis 2016 angesetzt. Den Emil-Kunden stehen zurzeit zehn E-Mobile an sieben Ausleihpunkten zur Verfügung. Insgesamt befinden sich in der Mozartstadt mehr als 40 Ladestationen. Die Registrierung ist kostenlos, bezahlt werden neben dem Stundentarif (max. 6 Euro/h) nur die tatsächlich gefahrenen Kilometer (max. 0,29 Euro/km). Verbilligte Tarife gibt es für Firmen- und Stammkunden sowie Besitzer einer Öffi-Jahreskarte. Das mindestens 15 Minuten vorher gebuchte Auto wird mit der Kundenkarte geöffnet, der Schlüssel liegt im Handschuhfach. Einziger Pferdefuß: Das Fahrzeug muss an derselben Ausleihstation wieder zurückgegeben werden.
>> Autolos glücklich <<
Dieses Problem entfällt in Wien: car2go, ein Unternehmen des Daimler-Konzerns, funktioniert über ein On-demand-System. Wo einer der 500 Smart fortwo steht, erfährt man via Internet oder Smartphone-App. Die Übernahme und Rückgabe erfolgt innerhalb des Geschäftsgebiets – Innenstadt plus innere Bezirke und dichter besiedelte Teile der Außenbezirke – auf regulären Parkplätzen. Geöffnet werden die Autos mittels Chipkarte. Die blau-weißen Kleinwagen, geliefert von Mercedes Wiesenthal, sind im Straßenbild der Bundeshauptstadt bereits allgegenwärtig. Laut Unternehmenssprecherin Juliane Mühling haben sich in den ersten 100 Tagen bei car2go mehr als 7.000 Kunden registriert. »car2go ist in Wien hervorragend angelaufen«, sagt Mühling, der Ansturm ist noch immer ungebrochen. Damit ist Wien einer der am schnellsten wachsenden Standorte der weltweit elf car2go-Städte. Im Sommer soll die Flotte auf 600 Smarts aufgestockt werden. Die Berechtigungskarte kostet 9,90 Euro, die Benützung 29 Cent pro Minute bzw. 39 Euro pro Tag. Für Zwischenstopps wechselt der Wagen in den günstigeren Parktarif von 9 Cent. Inkludiert sind alle Parkgebühren, Treibstoff, Haftpflicht- und Kaskoversicherung sowie 20 Freikilometer. Fürs Auftanken gibt es Freiminuten. Für Firmenkunden gelten die gleichen Tarife wie für Privatpersonen. Dennoch nutzen viele Unternehmen die Möglichkeit, durch Mietwagen »den eigenen Fuhrpark zu verkleinern und ihren Mitarbeitern eine flexible Mobilitätslösung für Geschäftsfahrten zu bieten«, so Mühling: »Hat eine Firma ihre Mitarbeiter für car2go registriert, dann erscheint vor der Fahrt auf dem Touchscreen die Frage, ob diejenige Person auf Privatrechnung fahren möchte – dann erfolgt die Zahlung per Bankeinzug –, oder ob sie auf Dienstfahrt geht, dann wird die Rechnung an die Firma geschickt.«
Die neue Konkurrenz belebt das Geschäft. Auch der alteingesessene Anbieter Carsharing.at will die Zahl der Standorte in Wien, vorwiegend Parkhäuser und Garagen, von 50 auf 150 ausbauen. Geht es nach der Stadtverwaltung, sollten noch viel mehr Menschen auf Leihautos umsteigen. Denn mehr als 80 % der Fahrten dauern maximal 45 Minuten, im Durchschnitt wird eine Strecke von fünf bis zehn Kilometern zurückgelegt. Die Stadt Wien hofft auf einen Umerziehungseffekt: Denn 16 % der Nutzer eines Carsharing-Modells geben ihr eigenes Auto auf. Rund 22 % schaffen sich kein zusätzliches Auto an.