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Knappe Kredite

\"DieÖsterreichs Banken stehen auf wackeligen Beinen

, befindet eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts. Die Folgen der schwachen Kapitalausstattung werden spätestens ab 2013 mit dem Inkrafttreten von Basel III vor allem KMU zu spüren bekommen – langfristige Kredite sind dann passé. Höchste Zeit, sich nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten umzusehen.

Nahezu alle österreichischen Banken erfüllen bereits die erhöhten Eigenkapitalvorschriften, die das Basel-III-Abkommen ab 1. Jänner 2013 vorsieht. Also alles eitel Wonne? Keineswegs, meint Finanzstaatssekretär Andreas Schieder: »Nicht umsonst gibt es extreme Schweißausbrüche vor jedem Stresstest.«

Die Kapitalausstattung der heimischen Banken lässt tatsächlich zu wünschen übrig. »Österreichs Bankenszene ist aus zu vielen, zu kleinen Banken zusammengesetzt«, erklärt Franz R. Hahn, Ökonom des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). »Strukturschwache Banken können ihr Kreditportefeuille nicht optimal diversifizieren. Sie haben erhöhte Risiken zu bewältigen, wenn sie KMU-Kredite vergeben.« Die mangelnde Liquidität wird sich in zweierlei Hinsicht auf die Kreditvergabe auswirken – Kredite werden voraussichtlich teurer, aber auch mengenmäßig beschränkt. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner rechnet mit einer Verteuerung um ein bis zwei Prozentpunkte: »Der Druck auf die Zinsen wird stärker, weil weniger Geld da ist.«

Empirische Daten lagen dazu bisher nicht vor. Hahn erstellte nun im Auftrag der Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) eine Studie, die erstmals die Auswirkungen von Basel III hinsichtlich der Finanzierung von Klein- und Mittelbetrieben genauer unter die Lupe nimmt. Dafür wurden – in Kooperation mit der Nationalbank – Daten aus den mehr als 800 österreichischen Banken sowie rund 7.000 vom Kreditschutzverband KSV 1870 erfasste Unternehmen analysiert. Sein Fazit: Kapitalschwache Banken können durchaus das Wachstum von KMU beeinträchtigen.  »Regionalbanken begeben mehr als die Hälfte der gesamten Unternehmenskredite. Für kleinere Banken, deren Eigenkapitalquote unter acht Prozent liegt, wird die Kreditvergabe durch die neuen Regelungen eingeschränkt«, sagt Wifo-Experte Hahn. Im internationalen Vergleich weisen die österreichischen Banken bei fast allen Indikatoren problematische Werte auf. 

>> Strukturschwäche <<

Ein möglicher Lösungsansatz wären Fusionen. In den vergangenen 20 Jahren seien schon 400 Banken fusioniert worden, Basel III werde die Strukturbereinigung noch beschleunigen, meint Studienautor Hahn. Die Krise habe die Schwächen des Bankensektors offen gelegt – »Basel III ist sozusagen eine Reparatur von Basel II«, so Hahn. Nach Ansicht von Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria, unterliegt das Reformwerk jedoch einem Trugschluss. Schärfere Vorschriften würden nicht mehr Sicherheit bringen: »Die Banken gingen aus anderen Gründen pleite. Höhere Eigenkapitalquoten hätten nichts gebracht.« Für die Unternehmen brechen jedenfalls »unangenehme« Zeiten an, so Bruckbauer: »Sie können nicht mehr einfach zur Bank gehen und um einen Kredit ansuchen.« Mit einer Verteuerung um 20 bis 30 Basispunkte wäre zu rechnen, noch problematischer sei aber die zu erwartende Mengenbeschränkung. Viele Kreditgeschäfte würden sich in sogenannte »Schattenbanken« verlagern, klassische Banken künftig an Bedeutung verlieren.

Verschärfte Richtlinien für die Kreditvergabe bekamen kleinere und mittlere Unternehmen schon infolge von Basel II zu spüren. »2007 stiegen die Kreditzinsen um 20 bis 50 Basispunkte, die neuen Vorgaben machten sich aber schon ein Jahr davor in den Bankengesprächen bemerkbar«, berichtet Friederike Jacquelin, Geschäftsführerin des Kabelherstellers Gebauer & Griller.  Rating, Risikosegment, künftiges Geschäftsmodell, Kennzahlen – kein Detail bleibe unbeleuchtet. Für Unternehmen, die sich vor oder in einer starken Wachstumsphase befinden, kein leichtes Unterfangen. Gebauer & Griller ist stark in der Autozuliefererindustrie verankert und baute mit der Herstellung von Aufzügen und Rolltreppen ein zweites Standbein auf. Mehr als 90 Prozent der österreichischen Produktion gehen in den Export, erst im Vorjahr wurde ein Standort in Indien gegründet. Firmenchefin Jacquelin blickt dennoch mit einigem Unbehagen in die Zukunft. Vor allem hinsichtlich der Laufzeiten müssten die Unternehmen schon jetzt kürzer treten. »Statt Krediten, die früher sechs bis sieben Jahre liefen, sind fünf Jahre nun das Maximum«, so Jacquelin.

BA-Ökonom Bruckbauer zeichnet für Basel III ein noch drastischeres Bild: Aufgrund der vorgeschriebenen Liquiditätspuffer würde sich bald wohl keine Bank auf Kredite einlassen, die länger als ein Jahr laufen. Denn trotz der massiven Probleme Griechenlands gelte ein Staat noch immer als sicherster Kreditnehmer. Daran ändert auch eine Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS), die die Kreditwürdigkeit von Klein- und Mittelbetrieben untermauert, nichts. Im Gegensatz zu großen Firmen hätten sich die Kreditausfälle bei KMU auch in der Zeit der Wirtschaftskrise nicht erhöht, betont IHS-Chef Bernhard Felderer.

>> Neue Kapitalquellen <<

Um die Kreditklemme zu umgehen, raten Experten zur stärkeren Nutzung innovativer Kapitalmarktinstrumente. Auch die aws unterstützt diese Finanzierungsformen, etwa durch die Venture-Capital-Initiative, das Double-Equity-Programm sowie die Vermittlung von Beteiligungen über die Business-Angels-Börse. Zudem werden die Haftungsübernahmen der staatlichen Förderbank künftig eine größere Rolle spielen. Diese kompensieren fehlende Sicherheiten und erhöhen damit die Bonität von KMU – Kredite, die durch die aws abgesichert werden, müssen nicht mit Eigenkapital unterlegt werden. »aws-Haftungen machen kleine und mittlere Unternehmen fit für Basel III«, sagt aws-Geschäftsführer Bernhard Sagmeister. Für kleinere Summen empfiehlt der aws-Chef die aus den Mitteln des ERP-Fonds geförderten Mikrokredite.

Besonders Venture Capital hat in Europa im Gegensatz zu den USA kaum Tradition, innerhalb Europas befindet sich Österreich unter den Schlusslichtern. Um Anreize für Investoren zu setzen, fordert WKO-Präsident Christoph Leitl die Einführung eines Freibetrags von 50.000 Euro, wobei über fünf Jahre jährlich je 10.000 Euro steuerlich absetzbar sein sollen. Laut einer Studie der KMU-Forschung Austria würde sich die Kosten dieser Maßnahme bereits nach drei Jahren amortisieren, nach fünf Jahren seien Rückflüsse ins Budget von zehn Millionen Euro zu erwarten.

aws-Chef Sagmeister sieht sich durch ein »fundamentales Instrumentarium« für Basel III gut gerüstet. Die Förderbank aws stellt jährlich 20 Millionen Euro als Beteiligungskapital an Unternehmen zur Verfügung. Mit zusätzlich 30 Millionen Euro fördert die aws Unternehmen in der Gründungs- oder Frühphase, indem das private Eigenkapital verdoppelt (»Double Equity«) und eine Kreditbürgschaft übernommen wird. Eine weiteres Förderinstrument sind Eigenkapitalgarantien –  diese bieten jungen Unternehmen eine 50-prozentige  Kapitalabsicherung, 20 Prozent aller erfassten Frühphasen-Investments pro Jahr nehmen diese Garantie in Anspruch.

Auch über die »i2 – Börse für Business Angels« vermittelt die aws privates Risikokapital an junge Unternehmen. Das Finanzierungsvolumen beträgt maximal 500.000 Euro und liegt im Schnitt bei 160.000 Euro. Im Vorjahr wurden Beteiligungen an vier Projekten im Umfang von rund 540.000 Euro realisiert. Seit der Gründung 1997 vermittelte die Business-Angels-Börse mehr als zehn Millionen Euro an privatem Kapital. Österreich steckt damit noch immer in den Kinderschuhen: In den USA machen Investments privater Business Angels etwa 0,05 Prozent des BIP aus und übersteigen das eingesetzte Kapital klassischer Venture-Capital-Gesellschaften um ein Vielfaches. In Österreich liegt der Anteil am BIP mit 0,01 Prozent um die Hälfte unter dem entsprechenden Wert der Schweiz und Deutschlands. Es mangelt an kapitalkräftigen Privatinvestoren mit Mut zum Risiko ebenso wie an aufstrebenden Unternehmen, die sich einen Investor mit Mitspracherecht ins Boot holen wollen. Vorurteile gibt es auf beiden Seiten – der Business Angel Day 2011, der heuer am 24. November in der Wiener Albertina stattfindet, will Pionierarbeit leisten und präsentiert innovative Projekte mit Vorbildcharakter.

 

>> Alternative Finanzierungsformen:

1. Venture Capital: Dieses Risikokapital wird von spezialisierten Finanzierungsgesellschaften zur Beteiligung an riskanten Unternehmungen bereitgestellt – meist in Form von Eigenkapital mit voller Haftung oder als Wandelanleihen. Der Kapitalgeber wird Minderheitsgesellschafter des Unternehmens, üblich sind Beteiligungsquoten von 20 bis 35 Prozent. Investiert wird vorwiegend in innovative, technologielastige, nicht börsennotierte Start-ups oder Unternehmen mit einer vielversprechenden Idee (Seed), die für einen klassischen Bankkredit nicht genügend Sicherheiten stellen können. Der Beteiligungshorizont liegt meist zwischen fünf und zehn Jahren, da nicht die laufenden Ertragsausschüttungen, sondern Kapitalgewinne aus dem Verkauf der Beteiligung im Vordergrund stehen. Aufgrund des hohen Risikos – bis zum Totalverlust des investierten Kapitals – erhält der Kapitalgeber umfangreiche Kontroll- und Mitspracherechte und kann sein Know-how und Kontakte zum Aufbau von Geschäftsbeziehungen aktiv einbringen.

2. Private Equity: Während Venture Capital meist jungen Firmen in der Frühphase zur Verfügung gestellt wird, bezieht sich Private Equity auf bereits etablierte Unternehmen, die für die Expansion oder als Überbrückungsfinanzierung (Bridge) etwa vor einem Börsengang frisches Eigenkapital benötigen. Die Unternehmen sind weniger technologieorientiert und ziehen sich quer durch alle Branchen. In den USA werden die Begriffe Venture Capital und Private Equity allerdings synonym verwendet.

3. Double Equity: Mit diesem Garantiefonds verdoppelt die aws-Förderbank das private Eigenkapital von KMU, die sich in der Gründungs- oder Frühphase befinden, und übernimmt eine Kreditbürgschaft für bis zu 80 % des Kreditbetrags (von max. 1,875 Millionen Euro), wobei keine zusätzlichen Sicherheiten bzw. Haftungen erforderlich sind. Mit dem verbürgten Kredit können alle betrieblichen Aufwendungen mit Ausnahme von Sanierungen finanziert werden.

4. Business Angels: Mit der i2 bietet die aws eine bundesweite Vermittlungsbörse zwischen Unternehmern und privaten Investoren an. Business Angels bringen neben Eigenkapital auch unternehmerisches Wissen und Erfahrung ein. Die Unternehmen müssen eine umsetzungsfähige Geschäftsidee mitbringen und werden betriebswirtschaftlich und technisch genau unter die Lupe genommen. Absolute Diskretion ist selbstverständlich.

5. Eigenkapitalgarantie: Mit diesem Instrument will die aws die Finanzstruktur von kleinen und mittleren Unternehmen (Ausnahme: Tourismus- und Freizeitwirtschaft), die max. seit fünf Jahren bestehen, durch die Übernahme einer Haftung verbessern. Die Garantie beläuft sich auf bis zu 50 % für frisches Beteiligungskapital in Höhe von max. 1,5 Millionen Euro.

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