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Basic Skills

\"NebenOhne IT- und Englischkenntnisse sowie die Fähigkeit, zu kommunizieren, sind Jobsuchende auf dem Arbeitsmarkt fast chancenlos. Digitale Medienkompetenz entwickelt sich zur vierten Kulturtechnik neben Lesen, Schreiben und Rechnen.


An der Volkshochschule Götzis in Vorarlberg startet im September ein ungewöhnlicher Kurs: An zehn Abenden sollen rund 20 Anwärter auf die Polizeischule fit für den Aufnahmetest gemacht werden. Hauptinhalte sind Rechtschreiben, Grammatik und die Grundrechnungsarten. In den vergangenen Jahren hatten nur zehn Prozent der Bewerber den Test bestanden. Laut Stefan Fischnaller, Leiter der VHS Götzis, verstanden viele Kandidaten schon die Aufgabenstellungen nur mit Mühe.

Die befremdliche Tatsache, dass österreichische Staatsbürger nach neun Pflichtschuljahren nicht die grundlegendsten Kulturtechniken beherrschen, ist jedoch kein seltenes Phänomen. Zumindest jede/r vierte Erwachsene in Europa verfügt nicht über die notwendigen Basisfähigkeiten, um den Alltag zu bewältigen. Im Erwerbsleben werden diese niedrig qualifizierten Arbeitskräfte immer mehr ins Abseits gedrängt. Die zunehmende Komplexität von Arbeitsprozessen, aber auch steigende Sicherheits- und Qualitätsanforderungen setzen selbst für einfache Tätigkeitsbereiche Lese-, Schreib- und Kommunikationsfähigkeiten voraus.  

>> Berufsfelder im Wandel <<

Die Arbeitswelt ist einem rasanten Wandel unterworfen. Anfang der 1970er-Jahre klassifizierte der Volkswirtschafter Dieter Mertens die Schlüsselqualifikationen für berufliche Bildung in Basisqualifikationen (logisches Denken), Horizontalqualifikationen (die Fähigkeit, selbstständig neue Informationsquellen zu erschließen), Breitenelemente (Fähigkeiten, die an jedem Arbeitsplatz benötigt werden) und Vintage-Faktoren (Fähigkeiten, die Bildungsdifferenzen überbrücken). Dieses recht starre Schema wurde angesichts der vielfältigen Anforderungen im Berufsleben um die Faktoren Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Selbstkompetenz und Sozialkompetenz ergänzt.

Einem Bericht der Europäischen Kommission zufolge werden bis zum Jahr 2020 knapp drei Viertel der Arbeitsplätze in den EU-27-Staaten im Dienstleistungssektor angesiedelt sein. Die Experten des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung (CEDEFOP) rechnen mit einem Zuwachs von rund sechs Millionen neuen Jobs in diesem Bereich im Zeitraum 2010 bis 2020. Der höchste Anstieg wird bei Arbeitskräften mit mittlerer und hoher Qualifikation erwartet. Bereichsübergreifende und allgemeine Kompetenzen gewinnen quer durch alle Branchen an Bedeutung. Die Fähigkeit, Probleme zu erkennen, analytische Kompetenz, selbstständiges Handeln, Kommunikations-, Konflikt- und Teamfähigkeit, Sprachkenntnisse und digitale Kompetenz sind das Handwerkszeug, um im Berufsleben künftig erfolgreich zu sein. Zudem sind heute viele Unternehmen von einer hohen Innovationsdynamik geprägt, die auch traditionelle Anforderungsprofile und Aufgabenzuschnitte einer stetigen Veränderung unterwirft. In modernen Betriebsstrukturen wird inzwischen von nahezu jedem Mitarbeiter ein breites Kompetenzspektrum erwartet. So müssen auch Beschäftigte unterhalb der Facharbeiterebene wechselnde Aufgaben übernehmen und flexibel einsetzbar sein.

Diesen Anforderungen können gering qualifizierte Mitarbeiter nur bei entsprechender Weiterbildung gerecht werden. Ohne grundlegende EDV-Anwenderkenntnisse, etwa für die Dateneingabe, sind Jobsuchende schon jetzt fast chancenlos, da auch in Handwerksberufen zumindest teilweise computerunterstützt gearbeitet wird. Der Umgang mit E-Mails, die Annahme von Aufträgen, die Abwicklung von Bestellungen oder das Ausstellen von Rechnungen sind Tätigkeiten, die in den unterschiedlichsten Berufsfeldern auf elektronischem Weg erledigt werden. Digitale Kommunikation ist längst ein bestimmender Teil unseres Arbeitsalltags.

>> Einzelkämpfer ade <<

Zu den Schlüsselkompetenzen zählen klassische Soft Skills wie soziale und kommunikative Fähigkeiten ebenso wie die grundsätzliche Bereitschaft, sich konstruktiv in gemeinsame Projekte einzubringen. Kaum ein Job spielt sich isoliert im stillen Kämmerlein ab. Vernetzt durch moderne IT ist der Informationsaustausch unabhängig von Zeit und Ort möglich – und aufgrund der flexiblen Aufgabenteilung auch erforderlich. Kein Platz für Einzelkämpfer: Wer nicht bereit oder fähig ist, sich in ein Team einzufügen, wird es schwer haben. Das gilt auch für Führungskräfte: Der Big Boss, der, ohne die Meinung anderer anzuhören, einsame Entscheidungen fällt, gehört der Vergangenheit an. Die Persönlichkeit eines Jobanwärters rückt damit bei Bewerbungsgesprächen verstärkt in den Fokus. Es genügt nicht mehr, »vom Fach« zu sein. Denn fachliche Qualifikationen können nachgeholt werden, individuelle Eigenschaften lassen sich dagegen nur schwer ändern.

Entsprechende Trainings – inhouse oder extern – werden von vielen Bildungsdienstleistern maßgeschneidert angeboten. »Die Themenpalette ist breit gefächert und reicht von Business-Sprachen über EDV-Trainings bis zu branchenspezifischen Weiterbildungen«, sagt WIFI-Institutsleiter Michael Landertshammer. Das WIFI bietet über Partnerinstitute auch grenzüberschreitende Firmen-Intern-Trainings in Zentral- und Südosteuropa an. Unternehmerisches Know-how können sich UnternehmerInnen und Führungskräfte außerdem in einer Vielzahl von offenen Kursen und Lehrgängen  erarbeiten.

>> Englisch ist Pflicht <<

Die kommunikativen Fähigkeiten betreffen auch Fremdsprachenkenntnisse. Politikerinnen und Politiker, die – wie zuletzt Finanzministerin Maria Fekter – bei öffentlichen Auftritten mit schlechtem Englisch unangenehm auffallen, sorgen immer wieder für Diskussionen. In der Wirtschaft sind Führungskräfte mit mangelhaften Sprachkenntnissen schon seltener. »Es ist eine Generationenfrage«, sagt Elisabeth Sekulin, Countrymanagerin des Sprachinstituts EF in Österreich: »Bis zum EU-Beitritt Österreichs galten Sprachkenntnisse nicht als dringlich, heute kommt man ohne gutes Englisch ab einem bestimmten Karrierelevel nicht mehr weiter.« Neben den Klassikern Französisch und Spanisch sind in der Wirtschaft Ostsprachen, allen voran Russisch, aber auch Chinesisch gefragt.

Die Sprachkenntnisse der ÖsterreicherInnen sind besser als ihr Ruf. In der im März präsentierten EF-Studie »English Proficiency Index«, in der im Rahmen eines Online-Tests die Englischkenntnisse von 2,3 Millionen Erwachsenen in 44 Ländern verglichen wurden, landete Österreich hinter den skandinavischen Ländern auf dem sechsten Rang, noch vor der Schweiz und Deutschland. Dieses überraschend gute Ergebnis dürfte auf die lange Dauer der Schulausbildung und des Englisch-Unterrichts zurückzuführen sein. In Österreich ist der Fremdsprachenunterricht seit dem Schuljahr 2003/2004 ab der ersten Schulstufe verpflichtend. Zudem wird Englisch als Unterrichts- und Arbeitssprache an immer mehr Schulen angeboten, auch Sprachwochen sind mittlerweile Usus.

»Es gibt kaum noch Berufe, in denen gutes Englisch nicht Grundvoraussetzung ist«, meint Sekulin. Selbst eine Supermarktkassiererin könne sich mit Fremdsprachenkenntnissen für eine höherwertige Verkaufstätigkeit etwa in einem von Touristen frequentierten Geschäft qualifizieren. In internationalen Unternehmen sei oft die Konzernsprache Englisch, schon Lehrlinge müssen sich adäquat verständigen können.

Gerade in der Konversation trauen sich die ÖsterreicherInnen aber wenig zu, obwohl der Kontakt mit Native Speakern eher selten ist: »Und auch dann kommt es darauf an, den Kontext zu vermitteln und nicht, ob die Grammatik stimmt«, so Sekulin. Sprachkurse im Ausland bringen die nötige Sicherheit im Small-Talk, zudem öffnen einige Wochen bei einer Gastfamilie das Blickfeld. »Bei Absolventen von Fachhochschulen und Universitäten sind Auslandsaufenthalte ohnehin schon obligatorisch«, meint die EF-Chefin.

>> Karriereturbo <<

Weiterbildung ist für Mitarbeiter und Unternehmen gleichermaßen von Nutzen. »Unternehmen profitieren durch Sicherung der Produktivität, leichtere Anpassung an neue Technologien und Impulse für Innovationen. Daraus ergibt sich ein deutlicher Standort- und Wettbewerbsvorteil«, sagt WIFi-Leiter Landertshammer. »Und bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern tragen Weiterbildungsmaßnahmen nachweislich zur Jobsicherheit bei.« In einer Studie des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) im Jahr 2009 wurden mehr als 1.100 WIFI-KursteilnehmerInnen nach ihren Beweggründen befragt. Beinahe die Hälfte der Befragten, deren Motiv für den Kursbesuch die Absicherung ihres Jobs bzw. das »Auf-dem-Laufenden-Bleiben« war, gab an, dass sie dieses Ziel umsetzen konnten – und unter jenen TeilnehmerInnen, die dieses Motiv nicht hatten, freuten sich weitere 28 % über diesen Effekt. Mehr als 40 % fanden wunschgemäß eine interessantere berufliche Tätigkeit und ein Drittel konnte seine berufliche Position verbessern.

Häufig wird die Auszeit im Rahmen einer Bildungskarenz für Sprach- oder IT-Kurse genützt, für maximal zwölf Monate kann beim Arbeitsmarktservice »Weiterbildungsgeld« (in der Höhe des Arbeitslosengeldes) beantragt werden. Einzelne, ausgewählte Kurse fördert die Arbeiterkammer mit dem 100-Euro-Bildungsscheck. In einer anderen Liga spielen Business-Kurse, verbunden mit Auslandsaufenthalten in Boston oder Cambridge, die trotz der hohen Kosten – 2.500 Euro pro Woche – gerne von CEOs großer Unternehmen gebucht werden. »Wir haben viele Kunden aus dem arabischen Raum«, sagt Sekulin, »da wird der Kurs gleich zum Networking genutzt.«

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