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»Um die Wette inflationiert«

\"DerMitte April knackte der Goldpreis die historische Marke von 1.500 Dollar je Feinunze. Trotz kleiner Korrekturen steigt die Kurskurve seit 2000 stetig an. Wachsende Inflation und Schuldenprobleme in den USA und Europa werden den Preis für Gold, aber auch für Silber noch weiter antreiben, meint Börsenfachwirt Richard H. Mayr, Geschäftsführer der Argentuminvest GmbH.

(+) plus: Ein Rekord jagt den anderen. Ich nehme an, Sie sind dennoch von der anhaltenden Goldrallye nicht überrascht?
Richard H. Mayr: Es wird noch länger so gehen, weil die Notenbanken so viel Geld emittiert haben. Nicht nur durch die Rettungsaktionen, sondern auch durch die Geldmengenausweitungen im US-Dollar-Raum. Die USA können die Problematik im Moment nur durch Inflationierung lösen, deshalb werden wir in Kürze auf jeden Fall neue Goldhochs sehen. Inflationsbereinigt betrachtet liegt das alte Hoch im aktuellen Consumer Price Index (CPI), dem Konsumentenpreisindex, bei circa 2.300. Wenn Sie den CPI allerdings nach der alten Berechnungsmethode von 1980 ansehen, müsste der Goldpreis noch auf 7.500 Dollar pro Unze steigen. Das hört sich sehr utopisch an, aber es ist nur eine Frage des Geldwertverfalls. 

(+) plus: Auch die anderen Rahmenbedingungen bleiben bestehen – schwacher Dollar, niedrige Zinsen, hohe Verschuldung der Euro-Länder?
Mayr: Wir werden weiterhin einen schwachen Dollar sehen, auch der Euro ist durch die Rettungsaktionen stark geschwächt. Momentan wird zwischen zwei Papiergeldwährungen um die Wette inflationiert, deshalb ist es für mich als Investor und Händler unerheblich, wo das Wechselkursverhältnis zwischen Euro und Dollar liegt. Man muss beide Währungen in Gold betrachten. In diesen Papiergeldwährungen steigt natürlich der Preis des Goldes weiter an.

(+) plus: Sie haben im Vorjahr prophezeit, dass es wirklich schwierig werden könnte, wenn einer der großen europäischen Staaten zu wanken beginnt. Ist es schon so weit?
Mayr: Soeben wurde die Rettungsaktion für Portugal in Höhe von 78 Milliarden Euro beschlossen. Das ist wieder nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Es werden weitere Hilfsmaßnahmen kommen müssen, u.a. auch noch einmal für Griechenland und für Irland. Wenn wirklich eine große Nation kollabiert, etwa Spanien oder Italien, dann geht es mit dem Euro massiv bergab. Wir werden in den nächsten ein bis drei Jahren ganz starke Inflationsschübe erleben, je nachdem, wie lange es noch hinausgezögert werden kann. Aber diese Problematik rollt auf uns zu. 

(+) plus: Auf Asien, vor allem China und Indien, entfällt ein immer größerer Teil der Goldnachfrage. Ist das ein weiteres Indiz, dass der Zenit auf dem Goldmarkt noch nicht erreicht ist?
Mayr: Das ist durchaus auch durch die Nachfrage aus China begründet. Haupttreiber für die Preise ist aber ganz klar die Inflation. Man sieht das auch an der Tankstelle: Wir haben momentan Höchstpreise für Ölprodukte. Die Inflation wird in jedem Sektor sichtbar. Das ist sozialer Sprengstoff, denn die Lebensmittelpreise werden ebenso davongaloppieren. 

(+) plus: Seitens der Banken wird Gold als Investment noch immer belächelt oder zumindest als rein spekulativ angesehen. Stört Sie das?
Mayr: Daran sehen Sie, dass wir noch nicht am Ende des Trends stehen. Wenn sich Profis noch immer falsch positionieren, der Trend aber schon seit zehn Jahren läuft und noch kein Ende in Sicht ist, dann haben wir den Blasenpunkt noch nicht erreicht. Es wird mit Sicherheit irgendwann zu einer Blase am Edelmetall- und Rohstoffmarkt kommen. Ich gehe aber zeitgleich von einer Währungs­reform aus.

(+) plus: Empfehlen Sie physisches Gold oder Wertpapiere?
Mayr: Man sollte generell – auch in guten Zeiten – fünf Prozent des Depots in Gold halten. Nur machen das die wenigsten Leute. Ich würde sagen, dass nicht einmal zwei Prozent der Gesamtbevölkerung überhaupt in Gold oder Silber investiert sind. Zum Endpunkt der letzten Hausse 1980 waren es circa 20 Prozent.
Physisches Gold ist die letzte Sicherheit, die man hat. Sie sollten es auch selbst lagern und anonym kaufen, damit der Staat, falls er einmal wirklich ganz knapp bei Kasse ist, nicht an Sie herantreten kann und Gold einfordert. Wir werden in den nächsten Jahren kein Goldverbot bekommen – aber es ist in der Geschichte schon vorgekommen. Deshalb rate ich auch zu einer Mischung von Gold und Silber. Silber wurde noch nie verboten und weist noch wesentlich höhere Steigerungschancen auf. Wir werden bei Silber innerhalb der nächsten Jahre auf Dollarbasis dreistellig.

(+) plus: Kommt die Hyperinflation tatsächlich, kann man sich aber schwer vom Goldbarren ein Stück abschneiden.
Mayr: Deshalb rate ich wegen der kleineren Berechnungseinheiten zusätzlich zu Silber. Auch bei Gold sollte man nicht die größten Stückelungen nehmen. Alles über 100 Gramm macht keinen Sinn. Am besten sind standardisierte Münzen wie der Wiener Philharmoniker oder Maple Leaf, die man leichter an den Mann bringt.

(+) plus:
Von Papieren raten Sie also ab?
Mayr: Goldzertifikate würde ich wegen des Emittentenrisikos keinesfalls empfehlen. Was mittelfristig Sinn macht, sind Minenaktien, vor allem südafrikanische Minenwerte sind in der Performance wesentlich zurückgeblieben. Hier ist noch Musik drin. Allerdings würde ich nur mit einem geringen Prozentsatz des Depots in Minenaktien gehen. Wenn die Preise wirklich explodieren, wird es in einigen Ländern zur Repatriierung kommen. Der Staat konfisziert dann einfach die Goldminen  und saniert so den Staatshaushalt. Das ist in Bolivien schon vorgekommen. Die Minenaktien werden dann wertlos. In diesem Sinn ist physisches Gold die sicherste Anlage. Will man in einen Exchange Traded Fund (ETF) gehen, würde ich nur den ETF der Züricher Kantonalbank empfehlen. Dort kann man sicher sein, dass das physische Material auch zu 100 Prozent hinterlegt ist.

 

>> Mineaktien, Fonds & Co.

> Yamana Gold. Das mittelgroße Unternehmen verfügt über sechs Minen in Zentral- und Südamerika. In den nächsten Jahren sollen vier Projekte die Produktion aufnehmen, drei der vier haben das Genehmigungsverfahren bereits erfolgreich durchlaufen. Laut Einschätzung der Morningstar-Analysten hat Yamana unter den größten Goldproduzenten derzeit das günstigste Verhältnis aus Unternehmenswert zu Reserven. Das entspräche nicht dem geringen Kostenprofil des Unternehmens und seinen Wachstumsaussichten, so Elizabeth Collins, CFA bei Morningstar.

> Corex Gold. Das kanadische Unternehmen betreibt sein Santana-Projekt auf einer 8.500 Hektar großen Explorationsfläche inmitten des mexikanischen Gold-Silber-Kupfer-Gürtel der Sierra Madre Occidental. Die ersten 20.000 Bohrmeter lieferten recht vielversprechende Ergebnisse, heuer sind weitere 20.000 Bohrmeter geplant. Corex-CEO Craig Schneider zeigte sich bei der Ressourcenkonferenz Anfang Mai in München optimistisch, Santana in den nächsten 24 Monaten an einen Produzenten verkaufen zu können. Ein weiteres Projekt, Zuloaga, betreibt Corex ebenfalls in Mexiko, in der Nähe von Zacatecas.

> AngloGold Ashanti und Savuka. Die beiden südafrikanischen Goldminenbetreiber kämpfen mit besonders hohen Kosten bei der Goldgewinnung. Die Reserven liegen in immer tieferen Schichten, zudem nimmt der Goldgehalt ab. Die veraltete Infrastruktur der mehr als 100 Jahre alten Minen bringt zusätzlich operative Probleme. Die unterirdischen Minen sind auf menschliche Arbeitskraft und Elektrizität angewiesen — infolge des hohen Goldpreises forderten die Gewerkschaften entsprechende Lohnerhöhungen.

> Exchange Traded Funds. ETFs sind börsengehandelte Investmentsfonds, die indexorientiert sind und die Flexibilität von Aktien mit der Risikostreuung eines Investmentfonds verbinden. Im Gegensatz zu Zertifikaten, die im Falle einer Bankenpleite wertlos werden, ist das Vermögen bei Gold-ETFs abgesichert, da es bei der Bank physisch hinterlegt wird. Anleger sollten die Produkte allerdings genau prüfen, denn oft handelt es sich nicht um Indexfonds, sondern um Rohstofffonds mit Goldanteilen. Der Index bildet zudem die Entwicklung von Minenaktien nach — und die können durchaus fallen, auch wenn der Goldpreis weiter steigt.

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