Tempo beim Internet der Dinge
- Written by Martin Szelgrad
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Was 2016 propagiert wurde, findet 2017 in Projekten statt: Die IT-Branche geizt nicht mit IoT-Cases. Für die Digitalisierung und Automatisierung werden jetzt die Netze scharfgemacht.
Die CeBIT ist tot, lang lebe die CeBIT« – nicht der heuer gewählte sperrige Leitspruch »d!conomy – no limits«, sondern die französische Heroldsformel, abgewandelt auf deutsches Messegut, war das – zugegeben inoffizielle – Motto der weltgrößten IT-Messe, die Mitte März stattgefunden hat. Das Gelände in Hannover wurde gefühlt nur zur Hälfte bespielt und das kalte Wetter schloss die Besucher in Hallen ein, die nicht vor Andrang platzten, aber immerhin den soliden Geschäftskontakt zuließen. Aber man hatte es mit dem Ausschluss der Konsumenten ja so gewollt. Der Fokus aufs Fachpublikum ab 2014 hat gut funktioniert.
Manchen sind 2017 die Schulklassen und Schnäppchenjäger fast schon wieder abgegangen. Diese müssen weiter draußen bleiben, aber die Veranstalter wollen sich wieder auf den alten Mix von Business und Unterhaltung besinnen. Ab 2018 wird die CeBIT im Sommermonat Juni ausgerichtet. In dem Hallenareal rund um das markante Expo-Holzdach sollen neue Messeelemente abgefeiert werden. Oliver Frese, Vorstand der Deutsche Messe AG, verspricht: »Wir werden die CeBIT zu Europas führender Eventplattform und zum Festival für digitale Technologie umbauen.«
Eine Zusammenlegung mit der Hannover Messe, die immer im April stattfindet, ist weiter nicht angedacht. Zum Höhepunkt der CeBIT waren im Jahr 2001 rund 800.000 Menschen gekommen. Heuer waren es gut 200.000 Besucher und 3.000 Aussteller aus 70 Ländern.
Den größten Messestand unter den IKT-Providern bot erneut die Deutsche Telekom – auch wenn dieser im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls verkleinert worden war. (Dafür verdoppelt die Deutsche Telekom ihren Auftritt heuer auf der Hannover Messe.) Die Besucher merkten davon aber nichts. Der Publikumsbereich war auf der CeBIT unverändert geblieben und zeigte allerlei konkrete IoT-Projekte.
Digitalisierte Parkplätze
Das Internet of Things ist im Alltag angekommen und hat sich vom Zukunftsthema zum handfesten Business-Case entwickelt. Für die Stadt Hamburg möchte die Deutsche Telekom schon bald die Parkplatzsuche vereinfachen: 2018 sollen die Autofahrer in der Hansestadt über eine App von T-Systems freie Parkplätze finden, reservieren und bezahlen können. Dazu werden in den kommenden Monaten nun 11.000 öffentliche Parkplätze digitalisiert. Stoß- und druckfeste Sensoren, die auf die Stellflächen geklebt werden, senden auf die Smartphones der suchenden Autofahrer, wo sie einen freien Platz finden. Die Smart-Parking-Lösung soll zunächst deutschlandweit angeboten werden. Auch Dortmund, Merzig und Moers wollen bereits den Service einführen.
Energieeffizient gefunkt wird mit Narrowband-IoT. Es ist ein Netzwerk für kleine, smarte Geräte, das vor allem im Zusammenhang mit dem Thema Smart City zahlreiche Anwendungen finden soll. Die niedrigen Modulkosten, der geringe Energiebedarf sowie die äußerst starke Signalausbreitung ermöglichen den Einsatz bei Lösungen, die bislang nicht realisierbar waren. »Der große Vorteil sind Reichweiten von bis zu 10 km und eine Durchdringung von Gebäuden, etwa in einem Parkhaus bis zur dritten Etage nach unten«, betont Anette Bronder, Geschäftsführerin Digital Division und Telekom Security bei T-Systems International. »Mit unserem Netz bringen wir Narrowband in die Städte und sehen uns mit unserer Ende-zu-Ende-Parklösung gut aufgestellt.« Die Batterielaufzeit der Sensoren von Huawei soll zehn bis zwölf Jahre betragen.
Win-win-Situation
T-Systems wird zunächst die Kosten für die komplette Installation in Hamburg tragen, Bronder sieht das Projekt als Schritt für den Ausbau weiterer Geschäftsmodelle. »Die Telekom hat die Chance, von Anfang an hier mitzugestalten. Wir erleben, dass viele Digitalisierungsprojekte in den Städten noch nicht stattfinden, weil dies immer auch eine Investitionsfrage ist. Lösungen für die Smart City bergen großes Potenzial für Städte und uns.«
Weitere Einsatzszenarien mit vernetzten Dingen bieten Maintenance- und auch Sicherheitslösungen für Kraftwerke, moderne Shopping-Systeme mit smarten Regalen und Preisschildern und sogar Bienenstöcke, in denen Umgebungsbedingungen – Temperatur, Feuchtigkeit und Ertrag – mit Sensorik erfasst und per App jederzeit abrufbar sind. »Babyphone für Bienen«, nennt dies ein Experte bei einer Standführung scherzhaft.
Mit dem Glasproduzenten Rastal wurde eine smarte Schanklösung entwickelt: Biertrinkern wird ein speziell adaptiertes Glas selbstständig vom Zapfhahn von unten gefüllt. Ein Chip, der den Glasboden verschließt, gibt den Weg für den Hopfenstrom je nach Budget frei. Damit soll schneller ausgeschenkt, getrunken und bezahlt werden können – auch eine Art Win-win-Situation.
5G als Missing Link fürs Business
Während Narrowband-IoT Funkverbindungen an bislang unzugängliche Orte wie Untergeschoße und Tiefgaragen bringen wird, sieht die Branche Investitionen in 5G als Grundvoraussetzung für Echtzeitkommunikation. Ein Industrieroboter demonstriert auf dem Messestand, dass 5G stabile Reaktionszeiten – immer exakt acht Millisekunden – bereitstellt.
Die neue Netztechnik wird, lange bevor sie die Privatkunden erreicht, auf Industrie- und Betriebsgeländen sowie Flughäfen aus der Taufe gehoben. Sie verspricht 1000-fach höhere Kapazität, 10-fach höhere Übertragungsgeschwindigkeit und 10-fach geringere Latenzzeit als die heutigen Netze. Mit 5G können Dienstleister ihren Geschäftskunden auch eine Servicequalität in Mobilnetzen garantierten, wie sie bislang nur im Festnetz möglich war.