Studie: Wandel von Arbeit und Büro
- Written by Martin Szelgrad
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Das Beratungsunternehmen HMP und die Fachhochschule Krems haben wieder Unternehmen zu Veränderungen in der Bürokommunikation und dem Arbeitsplatz befragt. In der Diskussion steht aber auch das Büro selbst. Ist es nun Raum oder gar Werkzeug?
Von Martin Szelgrad
Schön langsam ist die neue Welt des Arbeitens bei den Unternehmen angekommen. Woran man dies merkt? Viele fühlen sich dazu bereits sehr gut informiert, Firmen haben ihre ersten Experimente zur Arbeitsplatzflexibilisierung abgeschlossen und manche zunächst enthusiastisch implementierte Kommunikationsplattform wird nun Abteilung für Abteilung langsam akzeptiert. Der Medienhype um Home-Office-Lösungen, Videokonferenzen, und den mobilen Arbeitsplatz an sich – der überhaupt keine fixen Büroräumlichkeiten mehr benötigt – scheint abgeflaut. Doch was nun folgt, kann nun schlichtweg als Tagesgeschäft der IKT-Experten bezeichnet werden. Mit anderen Worten: Das Thema ist in der Breite angekommen. »Fit für die neue Welt des Arbeitens – Kommunikation und Kollaboration in Österreich « ist der Titel der Neuauflage einer jährlichen Studie von HMP und IMC FH Krems, die vom Report als Medienpartner begleitet wird. Zum fünften Mal in Folge wurden die Anforderungen und Ausprägungen von Kommunikation und Zusammenarbeit sowie die Trends in der Arbeitswelt beleuchtet. Die Ergebnisse der Befragung von mehr als 200 Teilnehmern in Österreich bestätigen die Trends, die in den vergangenen Jahren beobachtet wurden. Und: Auf vielen Ebenen verstärken sich diese Trends noch weiter – zum Beispiel zum Image der Unternehmen in dieser Zeit der Veränderung.
»Seit der ersten Studie vor fünf Jahren ist jedes Jahr die Einschätzung gestiegen, dass flexibles Arbeiten essenziell für Arbeitgeberattraktivität ist«, bestätigt HMP-Geschäftsführer Thomas Schmutzer. 2014 waren noch knapp 77 % der Befragten der Meinung, dass Unternehmen, die kein flexibles Arbeiten anbieten, für potenzielle Bewerber unattraktiver sind. Innerhalb eines Jahres ist dieser Wert auf nun bereits über 91 % gestiegen. Typischer Anwendungsfall in diesem Bereich ist etwa die Möglichkeit, ein bis zwei Tage in der Woche von zu Hause aus zu arbeiten. Vielen ist diese Chance wichtig, um Familie und Karriere unter einen Hut bringen zu können. 46 % finden die Möglichkeit, flexibel arbeiten zu können, gleich wichtig wie eine Gehaltserhöhung – ebenfalls eine Steigerung der Vorjahreswertes (2014: 40,6 %). Dieser Faktor ist freilich keine alleinige Domäne junger Arbeitnehmer. Der Umfrage zufolge sind 41 % überzeugt, dass gerade auch im Alter die »neue Welt des Arbeitens« zu einer höheren Lebensqualität und Produktivität zugleich führen kann.
Wahl der Mittel
Der Trend zur Ortsunabhängigkeit von Wissensarbeit schlägt sich ebenfalls in der Wahl der Arbeitsmittel nieder. »Auch an den Telekommunikationstrends kann man die Entwicklung in Richtung New World of Work ablesen. Nur noch die Hälfte der Unternehmen gibt an, dass die Arbeitsplätze im Unternehmen mit Festnetztelefonen als Standard ausgestattet sind. Die Smartphoneausstattung verbessert sich hingegen stetig: In 60 % der Unternehmen sind Smartphones bereits Standard«, sagt Schmutzer.
Vor drei Jahren gaben dies erst 46 % der Befragten an. Dem Experten zufolge ermöglichen zeitlich und örtlich flexible Arbeitsweisen Produktivitätssteigerung zwischen 5 und 15 %. Die Mitarbeiterzufriedenheit steigt zwischen 10 und 20 %. Für die Teamarbeit und Kommunikation mit den Kollegen sind allerdings einige Technologien notwendig. Vor allem Kollaborationsplattformen und gemeinsame Kalenderfunktionen werden als essenziell gesehen. Sowohl in der externen wie auch internen Kommunikation sind E-Mails (rund 99 %), Mobiltelefone (extern 96 %, intern 89 %) und geplante Meetings (89 % bzw. 95 %) am wichtigsten. Unified-Communication- Lösungen, die Telefonie, Mails, Chats und vielleicht auch Präsenzinformation in einem Tool vereinheitlichen, sind ebenfalls gefordert. Andernfalls droht die Gefahr, dass mobil arbeitende Mitarbeiter den Anschluss ans Geschehen im Unternehmen verlieren. Calendar-Sharing (85 % – ein Plus von 13 % im Vergleich zu 2014), Document-Sharing (80 %, ein Plus von 12 %) und Presence-Info (70 %, +11 %) aber auch Instant-Messaging (48 %) haben deutlich mehr Relevanz in der internen Kommunikation. Als bekannteste Anbieter von Collaboration-Lösungen werden laut Studie Google, Microsoft und Cisco genannt, mit einem Abstand gefolgt von IBM und Atos. Die bekanntesten Hersteller von Unified-Communications-Infrastruktur (Server, Plattformen und Endgeräte) sind Cisco und Microsoft, dicht gefolgt von IBM und Alcatel-Lucent. Die fünf bekanntesten Systemintegratoren sind der Umfrage nach in einer Bandbreite von 88 % der Nennungen Telekom Austria, gefolgt von IBM, Kapsch, HP und T-Systems (71 %).
Einfache Rechnung
»New World of Work rechnet sich für Unternehmen. Über 80 % der Studienteilnehmer weisen darauf hin, dass neue innovative Arbeitsmodelle dazu beitragen, Krankenstände zu senken. Das reduziert Kosten und erhöht die Produktivität von Unternehmen«, erklärt auch Studienautor Michael Bartz. Bartz ist Leiter des New World of Work Forschungszentrum an der IMC Fachhochschule Krems und beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit dem Phänomen. Er spricht von einer Parität der positiven Auswirkungen: »New World of Work ist genau so wichtig für Unternehmen wie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Über 80 % der Studienteilnehmer sagen auch, dass neue innovative Arbeitsmodelle die Lebensqualität der Belegschaft steigern.« Bartz beobachtet, dass Unternehmen von Jahr zu Jahr technisch besser auf diese Anforderungen vorbereitet sind. Inzwischen geben bereits fast 50 % der Unternehmen an, dass die Belegschaft fast vollständig mit Laptops ausgestattet ist. Und in rund 30 % der Unternehmen kommen bereits auch Tablets zum Einsatz.
Weiterhin bleibt das Büro auch als Treffpunkt wichtig. Der Trend zur neuen Arbeitswelt stellt aber Organisationen ebenso wie Arbeitnehmer vor große Herausforderungen: Sowohl eine veränderte Mitarbeiterführung als auch verstärkte Eigenverantwortung sind da gefragt. »Als eines der größten Erfolgskriterien wird der Kompetenzaufbau zum Selbstmanagement gesehen«, meinen die beiden Experten. Es ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen durchexerziert werden kann. Eigenständiges Arbeiten und Organisieren müssen auch zur Kultur des Unternehmens passen. Oft ist dazu ein Wechsel in der Managementphilosophie gefordert. Dass dies in der Regel auch zum Wohle der Firma stattfindet, haben bereits Projekte in der Praxis bewiesen.
Die Studie »Fit für die neue Welt des Arbeitens – Kommunikation und Kollaboration in Österreich« kann bei HMP bezogen werden. Mehr dazu unter www.hmp-consulting.com