Motivierte Mitarbeiter
- Written by Mag. Angela Heissenberger
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Anerkennung, Betriebsklima und Work-Life-Balance sind für die Arbeitszufriedenheit entscheidend. Ist aber mehr Leistungs- und Veränderungsbereitschaft gefragt, zählen harte Fakten: Geld allein macht nicht glücklich, hilft jedoch dabei.
Sie erledigen ihre Arbeit verlässlich, aber ohne Begeisterung. Dienst nach Vorschrift. Auf Kritik reagieren sie gleichgültig. Am Mittwoch sehnen sie schon das Wochenende herbei. Fast jeder vierte Arbeitnehmer sitzt nach einer Umfrage der Unternehmensberatung Gallup in Deutschland auf diese Weise die Arbeitszeit ab. Nur ein knappes Viertel der Befragten bezeichnet sich als »im Job hoch engagiert«. Die große Mehrheit von 63 % betrachtet Arbeit nüchtern als Brotberuf und spult das Pflichtprogramm ab – geistige und emotionale Erfüllung finden sie anderswo. An einen Jobwechsel denken trotzdem nur die wenigsten: Nur 23 % der Arbeitnehmer haben bereits innerlich gekündigt und suchen nach einer neuen Stelle.
Für die Betriebe sind wenig motivierte Mitarbeiter durchaus problematisch. Sie haben keine enge Bindung an das Unternehmen und erfüllen nur das Mindestmaß der an sie gestellten Anforderungen. Ihre Produktivität ist deutlich niedriger als die der »hoch engagierten« Mitarbeiter. Was aber noch gravierender ist: Ihre Einstellung wirkt sich nicht gerade förderlich auf die Kollegen aus. »Die Folgen, sowohl für die Leistungsfähigkeit der einzelnen Unternehmen als auch für die gesamte Volkswirtschaft, sind erheblich«, sagt Studienautor Marco Nink. »Wer sich nicht emotional an sein Unternehmen gebunden fühlt, zeigt weniger Eigeninitiative, Verantwortungsbewusstsein und Leistungsbereitschaft.« Die Zahl der Fehltage dieser Mitarbeiter ist deutlich höher, die dadurch unmittelbar verursachten Kosten beziffert Nink für die deutsche Wirtschaft mit 10,5 Milliarden Euro jährlich. Der gesamte volkswirtschaftliche Schaden beträgt ein Vielfaches.
>> Mit dem Herzen dabei <<
Marco Nink sieht den Grund für mangelnde Motivation im Führungsverhalten der Chefs. »Gute Führung orientiert sich am Menschen. Unternehmen dürfen ihr Humankapital nicht vernachlässigen«, rät der Gallup-Experte. »Der Erfolg eines Unternehmens hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dabei wird ein Aspekt oft übersehen: die Mitarbeiter.« Die Erwartungen an Führungskräfte sind durchaus anspruchsvoll: Die Mitarbeiter wollen das Gefühl haben, dass sich das Management für ihr Wohl interessiert. Glaubwürdigkeit und Vorbildcharakter der Chefs spielen eine ähnlich wichtige Rolle. Während nur 5 % der Beschäftigten ohne emotionale Bindung angaben, dass sich jemand in ihrer Firma für sie als Mensch interessiere, bestätigten unter den emotional hoch Gebundenen 93 % diese Aussage. Für Neurobiologen wie Gerald Hüther von der Universität Göttingen ist dieses Ergebnis keine Überraschung. Der Mensch reagiere am stärksten auf zwei Bedürfnisse, die schon in früher Kindheit geprägt werden, so Hüther – dem Wunsch nach Zugehörigkeit und dem Streben nach neuen Herausforderungen. Beide sind ein Motor für Entwicklung und Erfolg. Zufriedenheit allein ist jedoch, langfristig gesehen, oft zu wenig. »Sehr häufig geht Zufriedenheit auch mit Passivität einher«, meint Nink. Wer nur mit Kopf oder Händen, nicht aber mit dem Herzen bei der Arbeit ist, erledigt zwar seine Pflicht, denkt aber nicht über den zugewiesenen Aufgabenbereich hinaus oder entwickelt gar kreative Ideen.
Auf die Freude an der Arbeit kommt es an. Um dieses Feuer zu entfachen und ihre Mitarbeiter von einem Projekt zu begeistern, sollten Führungskräfte auf der Gefühlsebene ansetzen. Hirnforscher Gerald Hüther vergleicht Manager dabei mit Trainern, die ihre Schützlinge zur Entfaltung des eigenen Potenzials ermutigen.
>> Wunsch und Wirklichkeit <<
Nicht erst seit in vielen Unternehmen der Wohlfühltrend Einzug gehalten hat, stehen emotionale Kriterien auf der Wunschliste für Arbeitsbedingungen ganz oben. Laut einer Repräsentativbefragung der GfK Austria unter unselbstständig Erwerbstätigen in Österreich sind die Top-5-Faktoren ein gutes Betriebsklima, Sicherheit des Arbeitsplatzes, ein gutes Verhältnis zum direkten Vorgesetzten, Ausgewogenheit zwischen Arbeit und Privatleben sowie Respekt der Kollegen und Vorgesetzten.
Das Gefühl, keine Anerkennung zu bekommen, ist dagegen Gift für die Motivation. Knapp ein Viertel der Befragten klagte darüber, dass ihre Leistung im Lauf der letzten zwölf Monate nicht wahrgenommen oder gewürdigt wurde. Hier zeigen sich allerdings »klassische geschlechtsspezifische Unterschiede«, so Angelika Kofler, Leiterin der Sozial- und Organisationsforschung in der GfK Austria: »Frauen schätzen Harmonie an ihrem Arbeitsplatz und sind leichter zufriedenzustellen. Männer leiden stärker an fehlender Anerkennung und negativen Managemententscheidungen.« Gerade Anerkennung ist aber der Bereich, wo Sein und Schein am weitesten auseinanderklaffen. Nachholbedarf gibt es auch bei der firmeninternen Kommunikation, beim Betriebsklima und der Work-Life-Balance. An den Aufgabenstellungen liegt es seltener: Ihre derzeitige Tätigkeit wird von den wenigsten als Last empfunden, lediglich Routinearbeiten lehnt die Mehrheit der Befragten ab.
Abgesehen von emotionalen Motivationskillern wirken sich aber auch mangelnde Karriereaussichten, negativ erlebte Umstrukturierungen und – man staune – zu niedrige Bezahlung als demotivierend aus. Ein überraschendes Ergebnis, war doch Geld als Ansporn bzw. Belohnung lange Zeit fast verpönt. Tatsächlich greifen monetäre Anreize auf Dauer zu kurz, darin sind sich Experten einig. Man muss jedoch differenzieren: Knapp die Hälfte der befragten ArbeitnehmerInnen gaben in der GfK-Erhebung an, nur mit Mühe mit ihrem Einkommen das Auslangen zu finden. In erster Linie trifft dies niedriger Gebildete, Alleinstehende und Teilzeitkräfte. »Diese Einschätzung ist zwar ein subjektiver Indikator, aber handlungsmotivierend und wirkt sich auf das Konsumverhalten aus«, erläutert Kofler. Durchschnittlich 644 Euro müssten Herr und Frau Österreicher nach eigener Einschätzung mehr verdienen, um gut über die Runden zu kommen.
Dies ist unter einem anderen Aspekt umso interessanter: Im Schnitt arbeiten österreichische Beschäftigte um drei Stunden pro Woche mehr, als in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart ist. Zwei Drittel können aber ihre Mehrstunden durch Zeitausgleich abbauen, nur bei 36 % werden die Überstunden ausbezahlt. 10 % haben gar einen All-in-Vertrag, die zusätzlich geleisteten Arbeitsstunden werden daher nicht abgegolten.
>> Nicht käuflich <<
Zufriedenheit wirkt sich positiv auf die Kundenorientierung und Unternehmensbindung aus. Geht es aber um Leistungs- und Veränderungsbereitschaft, sind zusätzliche Annehmlichkeiten gefragt, um das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu wecken. Geld ist dafür aber nur bedingt geeignet – zumindest nicht dauerhaft.
Es ist eine Gratwanderung: Ein faires Gehalt gilt als »Hygienefaktor«. Mitarbeiter, die das Gefühl haben, nicht gerecht bezahlt zu werden, erledigen ihren Job, mehr nicht. Andererseits spornen aber auch in Aussicht gestellte Prämien nicht unbedingt zu Höchstleistungen an. In einer Umfrage des Beratungsunternehmens Hay Group unter 18.000 deutschen ArbeitnehmerInnen gab fast die Hälfte der Befragten an, erst ab einer Gehaltszulage von 20 % zu mehr Engagement bereit zu sein. Mit hohen Gehältern lassen sich qualifizierte Leute anwerben, aber nicht binden. Passt etwa das Betriebsklima nicht, sind sie ebenso schnell wieder weg.
Einmalige Boni oder erfolgsorientierte Provisionen können Lob lediglich verstärken, aber nicht ersetzen. Ohnehin sind Bonuszahlungen spätestens seit der Finanzkrise in Misskredit geraten. Als Benefits und Incentives griffen viele Firmen daher zu Gemeinschaftsaktivitäten mit Eventcharakter. Mitarbeiter hangelten sich durch Hochseilgärten, paddelten durch Gebirgsbäche oder mussten beim Segeltörn Teamgeist beweisen. Zwei Fliegen mit einem Schlag, mag sich so manche Unternehmensleitung gedacht haben – die Mitarbeiter bekommen ihre Belohnung, gleichzeitig wird der Zusammenhalt gestärkt. Die Belegschaft goutiert offensichtliche Hintergedanken jedoch selten.
Besser bewährt haben sich regelmäßige Sachzuwendungen wie Gutscheine für Lebensmittel, Einkäufe, Restaurants oder Kinderbetreuung. »Gutscheine sind ein Geschenk, das Arbeitgeber als Anerkennung geben können. Die Mitarbeiter entscheiden selbst, wofür sie sie einlösen«, sagt Ursula Würzl, Geschäftsführerin von Edenred Austria (vormals Accor Services). »Besonders die Tickets für Kinderbetreuung sind für Eltern sehr motivierend, da es ohnehin sehr schwierig ist, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen.« Edenred ist Weltmarktführer im Bereich Prepaid-Gutscheine. In Österreich nehmen mehr als 1.700 Unternehmen und über 130.000 Mitarbeiter die Serviceleistungen in Anspruch. Die Gutscheine werden von mehr als 10.000 Einlösestellen als Zahlungsmittel akzeptiert. Ein zusätzlicher Vorteil: Im Gegensatz zu Prämienzahlungen fallen keine Lohnsteuer oder Sozialversicherung an, vorausgesetzt die jeweiligen Grenzen werden nicht überschritten. Für Restaurantgutscheine gilt ein Freibetrag von 4,40 Euro pro Mitarbeiter und Arbeitstag, Geschenkgutscheine sind bis 186 Euro jährlich steuerfrei. Bei der Kinderbetreuung beträgt die Steuerfreiheit bis zu 500 Euro pro Jahr.
So angenehm und positiv diese Zuwendungen auch sind: Sie entbinden nicht von konsequenter Führungsarbeit. Denn letztlich lässt sich Motivation nicht kaufen. Gerade im mittleren Management ortet Sozialforscherin Angelika Kofler noch Nachholbedarf: »Die direkten Vorgesetzten stehen in engem Kontakt mit den MitarbeiterInnen und sind deshalb die Multiplikatoren der Arbeitszufriedenheit. Führungskultur und Führungskompetenz sind Schlüsselfaktoren, leider gibt es hier noch große Defizite.«
>> Benefits & Incentives:
Als Fringe Benefits werden Nebenleistungen bezeichnet, die Arbeitnehmern zusätzlich zum Gehalt zugestanden werden. Meist profitieren von Sachzuwendungen beide Seiten – das Unternehmen kann sich eine Scheibe Attraktivität abschneiden, den Mitarbeitern bleibt mehr Butter auf dem Brot als bei einer Gehaltserhöhung. Allerdings empfiehlt es sich, die steuerpflichtigen Grenzen zu beachten. Grundsätzlich gilt die Faustregel: Monetäre Zulagen, Prämien, Sonderzahlungen etc. sind Teil des Gehalts und daher zu versteuern. Sachleistungen sind in gewissem Rahmen steuerfrei. Bis zu 186 Euro pro Jahr darf man geldwerte Leistungen steuer- und versicherungsfrei beziehen. Darunter fallen Firmenweihnachtsgeschenke ebenso wie der Dienstwagen mit Privatnutzung, Zusatzversicherungen und Jahreskarten für öffentliche Verkehrsmittel. Neben den klassischen Vergünstigungen über Gutscheine für Essen, Einkauf und Kinderbetreuung bieten inzwischen viele Unternehmen finanzielle und zeitliche Unterstützung bei Weiterbildungsmaßnahmen. Auch gesundheitsbezogene Leistungen gewinnen an Bedeutung – darunter fallen Freizeitangebote, aber auch medizinische Betreuung oder Therapiemöglichkeiten, deren Kosten die Firma übernimmt.
>> Incentives werden gerne als Belohnung für besondere Leistungen oder als Strategiemaßnahme, etwa zum Teambuilding, eingesetzt. Steht der Eigennutzen für das Unternehmen allzu offensichtlich im Vordergrund, kann die wohlmeinende Absicht allerdings ins Negative umschlagen. Ein unvergessliches Erlebnis, eine schöne gemeinsame Reise mit Erholungswert können sich jedoch sehr prägend auf den Zusammenhalt und die Mitarbeiterbindung auswirken. Rund um Firmenevents hat sich inzwischen eine ganze Branche etabliert, die von Wüstenabenteuern bis zu Städtetrips jeden Wunsch erfüllt. Wer leiser treten will oder muss, spendiert den Mitarbeitern ein Fahrtechniktraining oder lässt sie die Pracht der heimatlichen Berge entdecken.
>> Vom McJob zum McMoment:
Burger am Fließband braten, säckeweise Pommes Frites frittieren, noch eine Apfeltasche dazu? Viele Jahre stand McDonald‘s wie kaum ein anderes Unternehmen für Jobs im Niedriglohnbereich, der Ruf war nicht der beste. Seit dreieinhalb Jahren arbeitet McDonald‘s Österreich intensiv an einer Imagekorrektur.
Ausgehend von Mitarbeiterbefragungen setzte das Personalmanagement zunächst an der professionellen Schulung der Führungskräfte an. Jeder der knapp 200 Restaurant-Manager wurde fast eineinhalb Jahre von einem persönlichen Coach begleitet. Auch die Mitarbeitertrainings werden laufend verbessert, ein Trainer betreut maximal zehn Beschäftigte. Der neue Kollektivvertrag beschreibt vier Berufsbilder, die den Besonderheiten der Systemgastronomie entsprechen. »Die Lohnvereinbarungen liegen über denen der klassischen Gastronomie«, betont Marion Maurer, Director Human Resources bei McDonald‘s Österreich. Seit dem Vorjahr kann im McCampus, einer virtuellen Universität, ein Streifzug durch die internationalen Karrieremöglichkeiten des Konzerns unternommen werden.
In TV-Spots tragen Mitarbeiter als Testimonials ihre »Freude an der Arbeit bei McDonald‘s« nach außen – ungekünstelt und offenbar wirkungsvoll: Die Zahl der Bewerbungen stieg in den vergangenen zweieinhalb Jahren um 115 %. Die Krankenstände und Fluktuationsraten sanken im zweistelligen Prozentbereich, die Kundenzufriedenheit nahm ebenso deutlich zu, bestätigt Maurer: »Da ist einiges in Bewegung geraten.«