Das Leben einer Kartusche
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Auf Einladung von Brother öffnete die Recyclingfabrik im slowakischen Krupina ihre Pforten und ließ einen Blick in die Aufbereitungsstraßen zu.
Von Karin Legat
Ausgestattet mit Schutzmantel, Schutzhaube und Schutzhandschuhen ging es durch den Clean Room, wo seit Bestehen der Fabrik bereits acht Millionen Kartuschen recycelt wurden.
2.000 Seiten, 5.000 Seiten, 8.000 Seiten – jede Cartridge ist früher oder später verbraucht. Mehr als die Hälfte aller aufwendig konstruierten und mit Resten von als gesundheitsschädlich geltendem Toner gefüllten Kartuschen landet im Restmüll. Brother hat aus diesem Grund im Jahr 2005 das Recyclingprogramm ReNew Recycling in Europa gestartet. Retourniert werden können leere Kartuschen via portofreiem Einzel-, 4er- oder 8er-Versand. Auf diesem Weg konnte das Unternehmen weltweit bereits 7.300 Tonnen Material wiederverwenden.
Im vergangenen Jahr belief sich das Kartuschenvolumen der großen Fünf – Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien – auf 43,5 Millionen Stück. Auf Brother entfielen dabei 2,8 Millionen. 450.000 gelangten über ReNew Recycling zurück zu Brother. Ist das nicht etwas wenig? Gibt es keine Zusammenarbeit der Druckerhersteller, um die Rücklaufrate zu erhöhen?
Nein. Die Zurückhaltung hat einen guten Grund. »Es soll niemand auf die Idee gebracht werden, dass es unerlaubte Absprachen und Kartellbildung gibt«, informiert Helmut Pfeifenberger, Geschäftsführer Brother Österreich. Kleine gemeinsame Bestrebungen, um die Rahmenbedingungen für die Rücknahme zu optimieren, gibt es laut HP allerdings.
Auf ein Neues
Die Brother-Reyclinganlage in Krupina ist ausschließlich auf Kartuschen ausgelegt, da sich Tintenpatronen wirtschaftlich nicht aufbereiten lassen. »Die Laserkartusche besteht aus zahlreichen wertvollen Teilen, wie Magnetwalze, Aufsteckhülse und elektrostatischer Ladungswalze. Diese werden in händischer Arbeit voneinander getrennt und gereinigt. Bei Tintenpatronen gibt es diese Struktur nicht«, erklärt Pfeifenberger.
Aus drei europaweiten Sammellagern werden die leeren Kartuschen per Lkw angeliefert – hier kommt die zentrale Lage und die einfache Logistik von Krupina ins Spiel – und zunächst nach optischen Kriterien voneinander getrennt.
Beschädigte Elemente werden ausgemustert und gelangen nach Wexham, Wales, wo sie geshreddert und in Spritzgussanlagen verarbeitet werden.
Die britische Fabrik ist laut Pfeifenberger auf Forschung und Weiterentwicklung von Kartuschenrecycling konzentriert. Recycelt werden nur Trommeln und Kartuschen neuerer Geräte. Verbrauchsmaterialien älterer Modelle werden vor allem aufgrund der niedrigen Lohnkosten in der Slowakei behandelt.
Der Clean Room
Unmittelbar am Beginn des sogenannten Clean Rooms, der nur mit Schutzbekleidung betreten werden darf, befindet sich die Resttoner-Anlage, eine speziell für die Entfernung von Resttoner entwickelte Maschine von Brother.
»Wenn Kartuschen nicht ordentlich gesäubert, sondern nur nachgefüllt werden, kann das problematisch für den Druck sein«, informiert Pfeifenberger. Die Menge an Toner ist genau für die Kartuschengröße berechnet. Ein fehlerhaftes Volumen kann zum Beispiel zu einem Brechen der Zahnräder führen. Im schlimmsten Fall könnte sogar der Drucker kaputtgehen. Visuell ist die korrekte Menge an Toner nicht abzuschätzen, sie wird nur durch Abwiegen sichtbar.
Auf die Resttonerentfernung folgen acht Produktionsstraßen, die auf Kartuscheninhalt und -größe abgestimmt sind. »Wichtig ist hier, dass die Produktionsstraßen nicht von der Geschwindigkeit her gegeneinander arbeiten. Damit können wir die Arbeitszufriedenheit in der Fabrik sichern.« Die Kartuschen werden in den Produktionsstraßen in ihre Komponenten zerlegt, gereinigt, wieder zusammengeschraubt und schließlich mit Tonerpulver neu befüllt.
Letzte Station im Clean Room ist eine detaillierte Qualitätskontrolle jeder einzelnen Kartusche. Die Druckqualität wird geprüft, ebenso die Funktionalität aller Komponenten. Danach wird die Cartridge mit einem Label versehen, um sie als Brother-Produkt auszuweisen, versiegelt und verpackt. »Ihre Qualität ist von komplett neu produzierten nicht zu unterscheiden«, betont Fabriksdirektor Phil Mack stolz.
Recycling bei HP und Canon
Nahezu alle Hersteller von Verbrauchsmaterialien bieten heute Rücknahmeverfahren für leere Tonerkassetten sowie teilweise auch für verbrauchte Tintenpatronen und Trommeleinheiten an. HP etwa spricht seit 1991 mit dem Planet Partners-Programm Kunden in über 50 Ländern an. Die stoffliche Verwertungsquote liegt zwischen 70 und 95 Prozent, gemessen am Gewicht. Canon bietet seit 1990 Recyclingprogramme für Tonerkartuschen, seit Anfang 2013 auch für Tintenpatronen. Erfasst sind derzeit über 26 Länder, 18 davon in Europa. Weltweit wurden bis dato mehr als 350.000 Tonnen an Tonerkartuschen gesammelt.