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Nachfolger gesucht

\"DieDer Generationswechsel ist in ­Familienbetrieben ein heikler Punkt. Doch auch wenn kein Nachfolger in Sicht ist, gibt es Lösungen, die den Bestand des Unternehmens sichern.

Früher war die Erbfolge in Familienbetrieben klar geregelt – wie der Vater, so der Sohn. Später durften auch zunehmend Töchter die Zügel in die Hand nehmen. Heute hat der Nachwuchs, egal ob männlich oder weiblich, oft andere Pläne: Bereits jeder zweite Betrieb in Österreich wird nicht mehr in der Familie übergeben.

Für Firmengründer ist es eine doppelte Bürde, zu sehen, wie das Lebenswerk – über Jahrzehnte aufgebaut – mangels Nachfolger in die Brüche geht. Die Übergabe an einen  Interessenten außerhalb der Familie ist eine Option, bei der das Unternehmen erhalten bleibt. Der Übernehmer wiederum profitiert von auf dem Markt etablierten Produkten, intakten Beziehungen zu Lieferanten und einem soliden Kundenstock, der im Idealfall auch dem Nachfolger treu bleibt. »Die Frage ist: Wie viele Jahre brauche ich, bis ich diese Marktstellung und Akzeptanz habe? Wenn das Investment billiger ist als eine Neugründung, kann ich sofort wegstarten«, sagt Franz Walser, Geschäftsführer der in Vaduz ansässigen Firmenbörse.

>> Großes Potenzial <<

Nach Angaben der Wirtschaftskammer Österreich stehen jährlich rund 6.000 Betriebe in Österreich vor der Herausforderung einer Unternehmensübergabe. Die KMU Forschung Austria rechnet aufgrund der demografischen Entwicklung bis 2020 mit 57.300 Betrieben, deren Eigentümer wegen Pensionierung einen Nachfolger suchen. Betroffen sind Unternehmen quer durch alle Branchen, von Friseursalons über Arzneimittelhandel und Autobusunternehmen bis zu Heizungstechnikproduzenten.

Egal, ob die Übergabe an ein Familienmitglied, einen Mitarbeiter oder einen Außenstehenden erfolgt – der Übergabeprozess ist immer eine heikle Angelegenheit, die gut vorbereitet werden sollte. Die Nachfolgefrage, lange ein Tabu, wird in der Familie heute zwar meist recht offen diskutiert. Die Erfahrung der Übergabe-Consultants der Wirtschaftskammer zeigt aber, dass konkrete Strategien häufig fehlen.

Anders als bei einer Neugründung steht bei einer Übergabe die Bewertung des Unternehmens im Mittelpunkt. Die Ermittlung des Kaufpreises erfordert betriebswirtschaftliches sowie steuer- und wirtschaftsrechtliches Fachwissen. Aufgrund der Komplexität sollte unbedingt ein professioneller Berater hinzugezogen werden, der mit dem Bereich Mergers & Akquisition (M&A) vertraut ist. Unternehmensgründer neigen naturgemäß gerne dazu, den Wert ihres Betriebes höher einzuschätzen und die Augen vor längst fälligen Neuerungen und Investitionen zu verschließen. Das verstaubte Erscheinungsbild einer in die Jahre gekommenen Firma täuscht andererseits oftmals über strategische Ressourcen hinweg. »Sind die Produkte gut, aber die Struktur des Betriebes veraltet, bietet sich großes Potenzial für Neuerungen. Mit gutem Management lässt sich aus solchen Unternehmen noch viel herausholen«, meint Walser. Der M&A-Experte empfiehlt grundsätzlich immer eine Gesamtrechtsnachfolge, ein Teil des Kaufpreises kann aus Sicherheitsgründen auch auf einem Treuhandkonto hinterlegt werden.

>> Bilanzen als Richtmaß<<

Am Beginn des Übernahmeprozesses steht üblicherweise eine Due-Diligence-Prüfung, bei der sämtliche Bilanzen und Geschäftsunterlagen einer detaillierten Analyse unterzogen werden. Die Umsatz- und Gewinnentwicklung der vergangenen Jahre bietet jedoch nur ein Richtmaß; auch der Standort, die Kundenstruktur und etwaige Marken- und Patentrechte spielen bei der Bewertung eine gewichtige Rolle.

Aus dieser Analyse lassen sich mögliche Zukunftsvarianten ableiten, die letztlich der entscheidende Anreiz für Kaufinteressenten sind. »Es ist diese wirtschaftliche Zukunft, die bei einem Unternehmen verkauft wird«, beschreibt es M&A-Consulter Rudolf Fantl. »Die Ausstattung, die Betriebsfläche, die Hard- und Software sind von untergeordneter Bedeutung. Nur die Höhe und Nachhaltigkeit zukünftiger Gewinne motivieren potenzielle Übernehmer, einen bestimmten Kaufpreis zu entrichten.« Die unternehmerische Fantasie zu beflügeln, schafft ein bisher schlecht vermarktetes Produkt, mit dem neue Käuferschichten erobert werden könnten, eher als ein schickes Geschäftslokal. Auch modernste IT-Geräte sind meist schneller veraltet, als sich die Ertragskurve den Kosten annähert. Und Kundenbeziehungen, die direkt über den bisherigen Inhaber laufen, sind für den Nachfolger praktisch wertlos.

Die Kritik der Wirtschaftskammer, die Eigentümer würden sich zu spät und unzureichend mit der Nachfolgefrage befassen, teilt Fantl nicht. Auch die Vergabepraxis der Förderungen gehe an den realen Erfordernissen vorbei. »Die Bewilligung der Förderungen dauert viel zu lange. Das hat in der Praxis keine Bedeutung, denn so lange wartet kein Verkäufer«, so Fantl. Die durch seine Betriebsbörse vermittelten Übergaben gehen in der Regel in drei bis vier Monaten über die Bühne, darunter auch etliche etablierte Betriebe mit großer Zukunft: »Viele Unternehmer wollen nicht mehr unbedingt bis zur Pension warten, sondern verkaufen zu einem Zeitpunkt, wo noch ein guter Preis möglich ist.« 

>> Know-how sichern <<

Ein großes Maß an Fingerspitzengefühl erfordert in jedem Fall der Umgang mit der Belegschaft, deren Verträge mit übernommen werden. Dieser Kostenfaktor ist nicht unbeträchtlich, vor allem wenn es sich um lang gediente Mitarbeiter handelt – andererseits bringen gerade diese wertvolle Erfahrungen ein. Wie ein neuer Mitarbeiter muss auch der künftige Chef ins Team passen; wenn die Chemie stimmt, wird der Übergang deutlich reibungsloser ablaufen. Auch Kunden und Lieferanten wissen die Kontinuität nach einem Eigentümerwechsel zu schätzen. »Das Know-how und die Kundenkontakte müssen gesichert sein«, sagt Fantl.

Aus diesem Grund ist im Vorfeld der Transaktion absolute Diskretion unerlässlich. Sobald Gerüchte über einen möglichen Verkauf die Runde machen, ist die Reputation des Unternehmens in Gefahr. »Die besten Leute sind sofort weg und bei Kunden und Lieferanten ist das Vertrauen ins Unternehmen geschwächt«, meint Firmenbörse-Chef Walser. Diskretion ist für die Liechtensteiner Firmenbörse »wichtigstes Kriterium«. Die potenziellen Käufer müssen einen Eigenkapitalnachweis erbringen, eine Vertrauenserklärung unterzeichnen und ein Erstgespräch absolvieren. Alle Unterlagen werden anonym aufbereitet; erst bei konkretem Kaufinteresse wird der Firmenname preisgegeben. »Es gibt schwarze Schafe in der Branche, die schicken Bilanzen kreuz und quer herum. Aber man muss bedenken: Von zehn Interessenten kauft einer tatsächlich – und die übrigen neun haben nun sehr genaue Informationen über das Unternehmen«, warnt Walser.
Diese Bedenken entfallen, wenn sich leitende Mitarbeiter im Rahmen eines Management-Buy-Outs (MBO) entschließen, den Betrieb zu übernehmen. »MBOs haben sich in den letzten Jahren zu einer zunehmend beliebten Transaktionsvariante entwickelt, die insbesondere bei der Restrukturierung von Unternehmen und Konzernen sowie bei der Auslagerung von Unternehmensteilen, sogenannten Spin-offs, Anwendung findet«, erläutert Wirtschaftsanwalt Thomas Schirmer. »Für die kaufenden Vorstände oder Geschäftsführer sind MBOs deshalb attraktiv, da sie die mit dem Erwerb verbundenen Chancen und Risiken in aller Regel besser als jeder andere abschätzen können. Damit sinkt das Risiko von Fehlinvestitionen oder überhöhten Kaufpreisen.« Meist gestaltet sich der Übergabeprozess in diesen Fällen weniger langwierig. Denn während sich externe Käufer erst ein Bild machen müssen, wissen die bisherigen Manager sehr genau über das Unternehmen Bescheid. Böse Überraschungen gibt es dann kaum. Im Gegenteil: Endlich selbst am Ruder, können die eigenen Ideen nun selbst umgesetzt werden.

 

>> Formen der Nachfolge:

> Kauf: Die gebräuchlichste Form der Übergabe – das Unternehmen wird zu einem vertraglich fixierten Zeitpunkt mit allen Rechten und Pflichten übertragen. Für die Ermittlung des Kaufpreises sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden, da sich der Wert eines Unternehmens aus vielen komplexen Faktoren – Bilanzen, Standort, Kundenstock, Markenrechte etc. – zusammensetzt.
Bei einem Management-Buy-Out (MBO) übernehmen Mitarbeiter bzw. die bisherige Geschäftsführung den Betrieb. Diese Form der Übernahme findet häufig bei der Auslagerung von Unternehmensteilen (Spin-offs) Anwendung.
Bei einem Management-Buy-In (MBI) kaufen sich externe Finanzinvestoren oder Gesellschaften ins Unternehmen ein.

> Anteilskauf: Nicht das gesamte Unternehmen, sondern lediglich Anteile an einem Betrieb werden übertragen. Laufende Verträge und Aufträge gelten weiter, da die Firma als Rechtsperson gleich bleibt. Auch Schulden und andere Verbindlichkeiten werden übernommen. Möglicher Vorteil: Der Firmenname und das Auftreten nach außen bleiben erhalten.

> Schenkung: Diese Variante kommt häufig in Familienbetrieben vor. Das Unternehmen wird unentgeltlich oder für eine geringe Gegenleistung übergeben. Da es in Österreich seit 2008 keine Erbschafts- und Schenkungssteuer mehr gibt, können auch Unternehmen mit mehreren Millionen Euro Verkaufswert steuerfrei innerhalb der Familie übertragen werden. Die Schenkung ist lediglich anzeigepflichtig, bei der Übertragung von Grundstücken fällt die Grunderwerbssteuer von 3,5 Prozent an.

> Pacht: Bei dieser Variante wird ein Unternehmen weitergegeben, ohne dass der Pächter Eigentümer wird. Über einen vertraglich festgesetzten Zeitraum oder unbefristet mit beiderseitigem Kündigungsrecht kann der Pächter den Betrieb nutzen und entrichtet dafür Pachtzins. Der Vorteil: Im Gegensatz zum Kauf muss nicht so eine hohe Summe aufgebracht werden.

 

>> > Info & Vermittlung:

> WKO
Leitfaden zur Betriebsnachfolge, Beratung: www.gruenderservice.at/nachfolge
Begleitung des gesamten Übernahmeprozesses:
Fachverband UBIT: www. uebergabe.at
Angebote/Nachfrage: www.nachfolgeboerse.at

> Austria Wirtschaftsservice (aws)
Förderung von Unternehmensnachfolgen: 14 % Bonus auf angespartes und eingebrachtes Kapital (Ansparleistung bis 60.000 Euro, Bonus bis zu 8.400 Euro), Anmeldung mind. ein Jahr vor der Unternehmensübernahme: www.nachfolgebonus.at
Übernahme von Kreditbürgschaften, Zuschüsse für Investitionen und Eigenkapitalgarantie bei Beteiligungen: www.awsg.at

> Firmenbörse
Unternehmensberatung in Vaduz mit Schwerpunkt M&A:
www.firmenboerse.com

> Fantl Consulting:
Schwerpunkt M&A-Consulting: www.betriebsboerse.at

> ifub – Institut für Familienbetriebe:
Schwerpunkt Übergabe von Familienunternehmen: www.ifub.at

 

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