Menu
A+ A A-

Nach Hype und Enttäuschung kommt Wachstum

Der größte Mobilfunkbetreiber A1 freute sich auch heuer wieder über ein »hervorragendes Weihnachtsgeschäft«. Die mobilkom hält inklusive ihrer Diskonttochter bob derzeit bei rund 3,6 Millionen Kunden und 140.000 Datenkarten - Tendenz steigend. Doch der heimische Markt ist weiter heiß umkämpft: Neue Technologien drängen in die Szene, die Betreiber kämpfen täglich um ihre teuren Positionierungen.

(+) plus: Beginnend mit der Zukunft - wohin bewegt sich das Produktportfolio im Mobilfunk in österreich?
Hannes Ametsreiter: Wir sehen, dass die Telekommunikation immer noch gewaltige Möglichkeiten hat, Wachstumsfelder zu nutzen. Einer dieser Bereiche sind die Datenkarten, der neue Begriff für die persönliche Mobility. Wir stehen jetzt schon vor sehr guten Entwicklungsmöglichkeiten: Bei einer hohen Anzahl an Laptops und PCs am Markt gibt es den wachsenden Wunsch, hier eine Mobilisierung durchzuführen. Was kommt, sind dann Technologien wie HSUPA und übertragungsgeschwindigkeiten von 7,2 Mbit/s. Die Mobilisierung und damit auch ein Gewinn an Flexibilität wird einer der großen Trends sein. Flexibilität heißt: von überall auf das Internet zugreifen zu können.

(+) plus: Den Trend zur Ablöse des Festnetzes durch den Mobilfunk haben wir schon im Sprachbereich erlebt. Kommt dies nun auch im Datenbereich?
Ametsreiter: Es wird eine Ergänzung sein. Es ist unrealistisch zu glauben, dass Mobilfunker eine Standleitung ersetzen können. Diese Bereiche sind ganz klar vom Festnetz belegt. Außerdem wird das Festnetz bei Geschwindigkeit und Stabilität immer die Nase vorne haben. Auf der anderen Seite erleben wir, dass man immer flexibler wird. Wir haben 2,2 Millionen Laptops in österreich, doch wurden insgesamt vielleicht 200.000 Datenkarten verkauft. Hier ist ein Riesenpotenzial von deutlich über zwei Millionen Laptops, die nicht connected sind. Denn ein Notebook ohne Internet ist ziellos: Nur wenn die Nutzer verbunden sind, können sie auch die Möglichkeiten des Internets ausnutzen. Weiters glauben wir, dass Handys im Bereich der Smartphones zunehmend zum mobilen Media Center werden. Entwicklungen wie Fernsehen am Handset mit DVB-H und Musik am Handy - wie es eben Apple wieder vorgestellt hat - werden diese neue Multimedialität definieren.

(+) plus: Bei wie vielen Datenkarten werden wird Ende 2007 stehen?
Ametsreiter: Mit forward looking statements muss ich immer sehr vorsichtig sein. Wir haben aber eine sehr gute Entwicklungsrate bei 200 bis 300 Datenkarten pro Tag. Die­se Rate lässt sich auch für die künftige Entwicklung ablesen. Es ist natürlich die Frage, ob die Dynamik so aufrecht bleibt. Derzeit sehen wir aber ein gutes Wachstum.

(+) plus: Es ist bemerkenswert, dass mit HSDPA tatsächlich mobiles Breitband endlich ins Rollen gekommen ist.
Ametsreiter: Absolut. Wir nehmen auch ganz gerne auf unsere Kappe, dass wir diesen Markt entwickelt und begründet haben.

(+) plus: Wird es ein gemeinsames Breitbandprodukt mit der Festnetzschwes­ter Telekom geben, mit dem der Nutzer wahlweise mobil oder im Festnetz surfen kann?
Ametsreiter: Wir bieten jetzt schon Bündelangebote an - und es wird künftig mehr und mehr gemeinsame Angebote geben. Es wird aber immer am Kunden liegen, was das Richtige für ihn ist, welcher Netzzugang perfekt passt. Hier müssen weiterhin die Zielgruppen klar differenziert und segmentiert werden. Es wird immer Kunden geben, die ausschließlich einen mobilen Datenzugang haben wollen. Es wird jene geben, die das Fest- und Mobilnetz gleichermaßen verwenden - ich selbst bin einer davon. Und es wird eine Gruppe geben, die auf den mobilen Breitbandzugang aus Kapazitäts- und Geschwindigkeitsgründen verzichten kann. Die Betreiber müssen diese Segmente verstehen, um die vorhandenen Technologien und Produkte bestmöglich verwerten zu können.

(+) plus: Die Branchenprognosen deuten auf eine baldige Kundenflexibilität hin, die bald die Diskussionen um die unterschiedlichen Netzzugangsarten obsolet machen wird. Die Wahrnehmung heute sieht aber noch völlig anders aus. Dem Kunden ist die Fülle an Technologien nur schwer kommunizierbar, trotzdem kommt kein Anbieter darum herum.
Ametsreiter: Um dies umzusetzen und zu vermitteln, ist noch einiges an Aufwand nötig. Der Kunde will auch heute schon möglichst wenig überlegen müssen - er will einfach eine Lösung nutzen. Wenn man aber von Lösung spricht, ist das sehr oft E-Mail oder Internet. Hinter diesen Anwendungen kann sich wieder vieles verstecken - ob dies­ nun Musik, Videos oder anderes ist. Was mich fasziniert, sind Portale wie MySpace, die plötzlich in einer noch nie dagewesenen Dimension auftreten. Wir können mit den Smartphones die perfekte Ergänzung dazu bieten. Bei YouTube, MySpace und anderen Community-Websites wie etwa dem Blogging-Bereich geht es immer um die übermittlung von Information. Eine riesige Möglichkeit, hier part of the game zu sein.

(+) plus: Rückblickend haben wir Phasen des Hypes mit Mobile Media erlebt, auf die postwendend die große Ernüchterung gefolgt ist, und phasenweise den Glauben an den einzig zählenden Konkurrenzkampf über die Preisschiene. Erleben wir jetzt wieder eine Rückkehr in einen Optimismus, der glauben lässt, dass Mobilfunk mehr kann, als nur Groschen oder Cent zu zählen?
Ametsreiter: Das Schöne an einer Technologie ist die Tatsache, dass es immer wieder Déjà-vus gibt. Es ist stets dasselbe: zu Beginn der große Hype, dann die Riesenenttäuschung und dann eine realistische, gute Entwicklung. UMTS war dazu fast ein Klassiker: Nach dem Hype und der folgenden großen Niederlage sehen wir nun einen sehr pragmatischen Beginn der Marktentwicklung. Unsere Kunden haben nun endlich eine perfekte Lösung, die sie verwenden können, und sind sehr glücklich mit dieser Entwicklung. Auch mit der Technologie EDGE haben wir vernünftiges mobiles Multimedia. Alles, was mit GPRS darunter war, war aber zu langsam. Wenn auch hier wieder mit Abstrichen: Der erfolgreiche BlackBerry nutzt ja eigentlich nur GPRS. Dieser von vielen bereits totgesagte Standard konnte in neuer Konstellation mit diesem Gerät plötzlich wieder Erfolge einfahren. Doch redet heute niemand mehr über GPRS. Man redet über das Endgerät. Das beweist auch die Kreativität, die abseits der technischen Lösungen bei einem Produkt vorhanden sein muss.

(+) plus: Wenn Sie auf die vergangene Dekade zurückblicken: Was waren die größten Enttäuschungen in dieser Branche?
Ametsreiter: Es sind einige Services, die sich nicht in dem Ausmaß entwickelt hatten, den man angenommen hatte. Push to talk würde ich dazu zählen, das eigentlich eine interessante Walkie-Talkie-Funktion fürs Handy darstellen würde. Obwohl eigentlich ein klassisches Community-Produkt, konnte es am Markt nicht etabliert werden. Interessant ist der Erfolg in anderen Märkten wie den USA, der Provider Nextel ist damit groß geworden.

(+) plus: Wir haben eigentlich erwartet, dass Sie WAP sagen.
Ametsreiter: Ja und nein. Ich glaube, dass die Art und Weise, wie wir WAP verkauft haben, vermutlich nicht die richtige gewesen ist. Die gesamte Branche hat WAP als mobiles Internet positioniert. Dies war aber nicht mit den Erwartungen der Kunden konsis­tent.
Wenn der Kunde von Internet gesprochen hat, hatte er in seiner Vorstellung einen großen Bildschirm mit bunten Bildern vor sich, und der Möglichkeit, sehr schnell zwischen diesen Seiten hin und her zu wechseln. WAP war aber in Wirklichkeit nur ein etwas dynamischeres SMS. Hätte man das Thema in dieser Ecke angelegt, wäre die Wahrnehmung etwas realistischer gewesen. Trotzdem war es der Beginn einer Entwicklung, die wir erst jetzt realisieren.

(+) plus: Welche war für Sie die größte überraschung in der Mobilfunkentwicklung? Abgesehen von SMS.
Ametsreiter: Das nachhaltige Wachstum der Datenkarten und ihr großes Potenzial zählen sicherlich dazu. Wir glauben auch, dass eigene Entwicklungen wie unsere Marke bob im Niedrigpreissegment, vom Ansatz her revolutionär sind. Es ist ein interessanter und völlig neuer Ansatz, dass man ein Vertragsprodukt cash-and-carry-fähig gemacht hat. Das gibt es in dieser Form kein zweites Mal in österreich.

(+) plus: Wie viele Nutzer hat die mobilkom mit bob bereits?
Ametsreiter: Wir haben Zahlen, sagen sie aber noch nicht.

(+) plus: Welche Erwartungen haben Sie hinsichtlich einer weiteren Konsolidierung unter den Mobilfunkern?
Ametsreiter: Wir vertreten schon sehr lange die Meinung, dass vermutlich drei Mobilfunknetze in österreich Platz haben. Eine Ansicht, der sich mittlerweile auch andere Betreiber angeschlossen haben. Die Zahl der Marken am Markt wird aber stets höher sein. Wir haben dennoch auch hier einen beginnenden Hype - die Zahl der Marken wird sich mittelfristig wieder auf ein vernünftiges Maß reduzieren. Diejenigen, die diese Entwicklung am geschicktesten verfolgen und mit ihren Produkten das größte Volumen erzielen können, werden am Ende des Tages bestehen bleiben. Wenn wir vom Potenzial und Wert einer Marke sprechen, geht es immer um die überzeugung und Bestätigung für den Kunden. Die Betreiber gehen ein Markenversprechen ein, das sie auch einhalten müssen.

back to top