Das Fernsehen von Morgen
- Written by Redaktion_Report
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Report:Die technologische Basis für IPTV ist gelegt. Wie geht es jetzt weiter?
Helmut Leopold:Parallel zur Technologienentwicklung geht es immer auch darum, sich Geschäftsmodelle zu überlegen. Es ist zwar wichtig, dass die Technologie verfügbar ist, man muss aber auch wissen, wie man sie Gewinn bringend nutzen kann.
Das erinnert an UMTS. Die Technologie gibt’s schon lange, die Killerapplikation ist aber noch immer nicht gefunden.
Die frühe Implementierung von UMTS war sicher richtig. Es ist für den Wirtschaftsstandort wichtig, neue Technologien anzubieten. Sie stimulieren ein neues Kommunikationsverhalten und ermöglichen neue Geschäftsmodelle.
Welche neuen Geschäftsmodelle können Sie sich für IPTV vorstellen?
Ein Beispiel. Wir haben vor kurzem festgestellt, dass die österreichische ärztegemeinschaft über 900 Filme verfügt, die sie ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen möchte. Das ließe sich natürlich über Internet oder CD bewerkstelligen, aber viele Menschen wollen nach einem langen Arbeitstag nicht auch noch am Abend ihren Rechner einschalten. Mit IPTV können wir das gesamte Filmangebot der ärzte auf den Fernseher bringen und zwar so verschlüsselt, dass die Beiträge tatsächlich nur für die Mitglieder einsehbar sind.
Die Telekom Austria ist vor knapp einem Jahr in Wien in den digitalen Fernsehmarkt eingetreten. Wie ist der aktuelle Stand der Dinge?
Derzeit bieten wir ein Paket mit 45 Free TV Sendern und 13 Pay TV Sendern an. Dazu eine elektronische Programmzeitschrift und ein Video-on-Demand-Service mit mehr als 700 Filmen. Von der technologischen Seite betrachtet, wäre natürlich noch deutlich mehr möglich. Man muss aber bei einer neuen Technologie aufpassen, nicht alles zu kompliziert zu machen. Wir haben bewusst auf vieles verzichtet und nicht das Internet auf den Fernseher gebracht. Uns geht es darum, jene Dienste anzubieten, die auch Sinn machen und nicht so sehr darum, zu zeigen, was wir können.
Ihr Ziel vor einem Jahr waren 50.000 Kunden in Wien. Wie viele sind es nun tatsächlich?
Kein Kommentar.
Also deutlich weniger als 50.000?
(lacht) Das wäre der logische Schluss, aber Sie haben ja auch gesehen, dass wir in der Vergangenheit kaum Werbung dafür gemacht haben. Wir haben ein gutes Produkt zu einem konkurrenzfähigen Preis. Bevor wir offensiv in den Markt eintreten, wollen wir sicher gehen, dass ein Produkt auch funktioniert. Und das tut es.
Es gab also Kinderkrankheiten?
Natürlich gab es auch kleinere Kinderkrankheiten. In erster Linie geht es aber um einen Customer Care Prozess. Wenn ich ein neues Service anbiete, kommen nicht immer alle Kunden von Beginn an damit zurecht. Diese Kunden wenden sich dann an die Hotline, dafür brauche ich qualifiziertes Personal, damit den Leuten auch richtig geholfen werden kann. Zusätzlich brauche ich auch genügend qualifizierte Techniker. Das braucht seine Zeit. Uns war es wichtig, einfach aber trotzdem innovativ zu beginnen, die Kosten gering zu halten und die Technologie im Griff zu haben.
Mit welchen Problemen waren Sie noch konfrontiert?
Eine große Herausforderung sind die Verhandlungen mit den großen Filmstudios. Wenn die hören, dass ein Internet-Prodvider zu Verhandlungen kommt, machen sie erst einmal de Schotten dicht. Die Studios haben Angst, dass die Filme ins Netz gestellt und damit raubkopiert werden können. Das sind immer zähe Gespräche, bis man den Verantwortlichen klar gemacht, worum es bei IPTV eigentlich geht. Die beste Erklärung ist immer die Demonstration unserer Verschlüsselungstechnologie. Wenn die Studios merken, dass es ihnen nicht gelingt unseren Schlüssel zu knacken, sind die Verhandlungen deutlich einfacher zu führen.
Was erwartet den Kunden in der Zukunft der digitalen Fernsehwelt?
Die Interaktivität wird sicher noch weiter ansteigen, aber wie das Content-Geschäft von morgen aussieht, weiß heute noch kein Mensch. Das ist die Herausforderung, der wir uns stellen müssen.
Herr Leopold, vielen Dank für das Gespräch!