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Börsenblick 2019

Börsenblick 2019 Foto: iStock

Zu schön war die Börsenrallye 2017. Nach dem Geschmack der Anleger hätte es noch eine ganze Weile so weitergehen können. Doch seit Ende Jänner 2018 befindet sich der ATX auf Abwärtskurs, das Handelsjahr schloss der Leitindex der Wiener Börse mit einem Minus von 19,72 %. Damit befindet sich Wien international in guter Gesellschaft, auch in Frankfurt und New York verpufften die Gewinne. Die Erwartungen wurden sukzessive nach unten geschraubt.

Auf das Jahr 2019 blicken die Finanzexperten nun mit gemischten Gefühlen. Politische Unsicherheiten bestimmen weiterhin das Geschehen auf den Kapitalmärkten: Brexit, der Handelsstreit zwischen den USA und China sowie verschuldete Haushalte in der Eurozone dämpfen die Stimmung. Schade eigentlich, denn das globale Wachstum ist weiterhin intakt – möglicherweise ein guter Zeitpunkt für einen Einstieg. Welche Anlageklassen attraktiv sind und worauf sich Anleger einstellen müssen, hat Report(+)PLUS bei Österreichs Top-AnalystInnen nachgefragt.

1. Mit welchen Risiken müssen AnlegerInnen heuer rechnen?
2. Wird sich der Abwärtstrend an den Aktienmärkten fortsetzen?
3. Wie könnte sich eine mögliche Zinserhöhung der EZB auswirken?

Plus: Mein persönlicher Anlagetipp


Friedrich Mostböck, Head of Group Research der Erste Group Bank AG

1.Leider sind die Risiken von 2018 nicht verschwunden bzw. abgearbeitet. Belas­tungen durch den bevorstehenden Ausgang des Brexits, die weiter schwelende Ungewissheit zum Budget Italiens irritieren die Eurozone, der Handelskonflikt USA/China und die hohe Verschuldung vieler Staaten wirken allgemein negativ. Geopolitische Risiken belasten vielfach das Sentiment, phasenweise werden uns höhere Volatilitäten erhalten bleiben.

2.Aktien bleiben langfristig im Niedrig-Zinsumfeld attraktiv, Wirtschafts- und Gewinnwachstum sowie fundamentale Bewertungen sind prinzipiell in Ordnung bzw. intakt und unterstützen diesen Trend. Aller Voraussicht nach wird sich allerdings die Konjunktur im Zyklus etwas abschwächen, weshalb eine defensive Ausrichtung eines Portfolios mit einem höheren Anteil an Dividendenwerten in den ersten Monaten des Jahres 2019 anzuraten wäre.

3.Nur marginal. Der Zinszyklus ist in der Eurozone ein ganz ein anderer als in den USA. Wir erwarten eine erste Zinsanhebung der EZB (Einlagen-Fazilität) frühestens im September dieses Jahres. Eine Anhebung von z.B. 20 Basispunkten von praktisch unter Null (-0,40 %) weg sollte folglich keine erhebliche Rolle spielen.

Mein Tipp: Palfinger – starke globale Marktposition und Diversifikation, neues Management (CEO), erwartete Effizienzsteigerung und anziehende Gewinne, attraktive Bewertung und Dividendenrendite über 3 %.


Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende der BKS Bank AG

1.Das weltweite politische Tauziehen hat unzweifelhaft große Auswirkungen auf den Kapitalmarkt. Seien es die Handelsstreitigkeiten der USA mit China und dem Rest der Welt oder der bevorstehende Brexit. Beides kann die Stimmung zeitweilig trüben. Nichtsdestotrotz läuft der Wirtschaftsmotor zwar etwas leiser als zuletzt, aber unverändert gut. Für Anleger bieten sich zahlreiche Chancen.

2.An einen anhaltenden Abwärts-trend glauben wir derzeit nicht. Mit weiterhin hohen Schwankungen am Kapitalmarkt ist aber zu rechnen. Diese sind mit einem klug gewählten und breit gestreuten Portfolio gut auszugleichen. 

3.Wenn die EZB die Zinsen im zweiten Halbjahr 2019 tatsächlich erhöhen sollte, wird der Zinsschritt sehr klein sein. Die Euro-Zinsen bleiben vergleichsweise tief. Sollte sich der Kapitalmarkt wieder stabilisieren, rechnen wir mit steigenden Renditen bei Euro-Anleihen mit Top-Bonität, was Kursverluste zur Folge haben könnte.

Mein Tipp: In einem gut diversifizierten Portfolio sollten solide nationale und internationale Aktien nicht fehlen. Eine breite Streuung mit einer Beimischung von Unternehmens-, Schwellenländer- und Wandelanleihen erscheint aus heutiger Sicht sinnvoll. Weiterhin am Vormarsch befinden sich nachhaltige Veranlagungen. Sie dienen dem Umweltschutz, unterstützen die zukunftsfähige Entwicklung unserer Gesellschaft und sind langfristig stabiler.


Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International AG

1.Das Sprichwort »politische Börsen haben kurze Beine« gilt seit 2018 nicht mehr. Und es wird auch für 2019 außer Kraft gesetzt. Denn die politischen Einflussfaktoren wie Brexit, globaler Handelskonflikt, US-Sanktionen und Schuldenthematik in Italien oder Frankreich sind Risiken, die jederzeit die Finanzmärk­te erschüttern können. Dagegen dürfte das Rezessionsgespenst eher weniger realistisch sein.

2.Die gespaltene Börsenentwicklung des Vorjahres mit relativ glimpflichem Verlauf in den USA, aber signifikanten Abwärtsbewegungen in Europa und den Schwellenländern sollte sich 2019 nicht wiederholen. Die positiven Effekte der US-Steuerreform laufen nämlich aus und auch die Konjunkturtrends sind nicht mehr so unterschiedlich. Da in den meisten Aktienmärkten zum Jahreswechsel auch schon Rezessionsängste eingebaut wurden, die sich 2019 noch nicht einstellen dürften, sehe ich im ersten Halbjahr einiges an Erholungspotenzial für die Börsen dies- und jenseits des Atlantiks. Auch der Brexit sollte in dieser Zeit abgehandelt sein. Doch im Jahresverlauf erwarte ich schwächere Gewinnaussichten der Unternehmen und in Richtung 2020 weiter abnehmendes BIP-Wachstum. Das dürfte in der zweiten Jahreshälfte für einen Rückwärtsgang an den Börsen sorgen.

3.Die EZB wird 2019 sehr vorsichtig in ihrer Kommunikation sein, um möglichst Enttäuschungen auf den Finanzmärkten zu vermeiden. Diese haben ja sogar eine Zinserhöhung in diesem Jahr ausgepreist und auf 2020 verschoben. Ich sehe das nicht so, denn selbst im EZB-Rat wächst die Unzufriedenheit mit den Negativzinsen am Euro-Geldmarkt. Eine Anhebung des derzeit wichtigsten Leitzinses, des Einlagenzinssatzes von -0,4 % auf 0 %, halte ich daher in der zweiten Jahreshälfte für angemessen und zielführend. Dies dürfte von den Märkten durchaus als Normalisierungsschritt verstanden werden, sodass dies zu leichten Renditeerhöhungen am Rentenmarkt führen könnte. Auch die Renditeaufschläge für Unternehmensanleihen dürften leicht ansteigen.

Mein Tipp: Für alle längerfristigen Anleger halte ich die Eröffnung oder Aufstockung eines Vermögensaufbauplanes mit Aktienfonds für die vernünftigste Idee. So kaufe ich in Phasen steigender Kurse weniger und in Zeiten fallender Kurse mehr Aktien – durch einen breiten Fonds gut diversifiziert – ein. Damit sind auch Börsenrückschläge eine gute Chance, die genutzt werden sollte. Auf Sicht von zehn Jahren und mehr kenne ich keine Veranlagung, die eine ähnlich positive reale Rendite (Ertrag abzüglich Inflation) bringen kann.


Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin der UniCredit Bank Austria Private Banking

1.Nach den stetigen Anstiegen der letzten Jahre legten die Börsen im Vorjahr eine Pause ein, die Performance fiel enttäuschend aus. Als besonderes Risiko wird dabei gesehen, dass der Zenit bei Konjunktur und Gewinnwachstum hinter uns liegen könnte. Andererseits bieten die Märkte nach den Kursrückgängen der letzten Zeit wieder deutlich attraktivere Bewertungen.

2.Wir sind weiterhin von der Anlageklasse Aktien überzeugt, gerade auch relativ zu Anleihen. Mittel- bis langfris­tig sollten sich Aktien wieder bewähren; nach der jüngsten Korrektur haben wir zuletzt unsere Aktienquote wieder auf »übergewichten« erhöht, um antizyklisch Chancen wahrzunehmen.

3.Wir sehen derzeit keinen unmittelbaren Anlass für eine Zinsanhebung durch die EZB. Zuletzt sind die Renditen der europäischen Kernländer gesunken (jedenfalls gegenüber dem Stand zu Jahresbeginn 2018), insofern sehen wir vom aktuellen Niveau aus weiterhin durchaus Gefahren für einen Renditeanstieg. Daher geben wir langfristig weiterhin Aktien mehr Chancen als Anleihen, wenngleich man nach der langen Rallye das Risiko von Aktien nicht außer acht lassen darf.


Erich Stadlberger, Leiter Private Banking & Asset Management der Oberbank AG

1.Es bleiben einerseits die bekannten politischen und geopolitischen Risiken bestehen wie der Handelskonflikt, Brexit und auch die Schuldenlage in Italien. Ins Zentrum wird allerdings die Verfassung der globalen Wirtschaft rücken. Ein Rückgang der Wirtschaftsdynamik ist fast sicher, eine Rezession sehen wir allerdings 2019 nicht.

2.Sollte die Abschwächung der erwähnten Wachstumsdynamik im Rahmen bleiben, wovon wir ausgehen, dann würden auch die Unternehmensgewinne den Erwartungen nahekommen, deren Zuwächse ja in den letzten Wochen schon nach unten korrigiert wurden. Unter diesen Prämissen sehen wir vieles eingepreist und keinen Einbruch an den Aktienmärkten.

3. Wir sehen im laufenden Jahr keine Zinserhöhung der EZB auf uns zukommen. Lediglich die Abschaffung der negativen Einlagenzinsen im Herbst ist eine Option. Eine überraschende Zinserhöhung würde am europäischen Aktienmarkt sicherlich Spuren in Form erhöhter Volatilität hinterlassen.

Mein Tipp: In unsicheren Phasen immer breit diversifiziert bleiben! In unseren Strategien wird
dies über viele Anlageklassen mit einem globalen Ansatz verwirklicht. 

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