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Über jeden Zaun gibt es einen Weg

Lukas Helmberger ist Geschäftsführer des Detektivunternehmens Helmberger & Partner in Wien und Präsident des Österreichischen Detektiv-Verbandes (ÖDV). Lukas Helmberger ist Geschäftsführer des Detektivunternehmens Helmberger & Partner in Wien und Präsident des Österreichischen Detektiv-Verbandes (ÖDV).

Wie die Gier Menschen zu Tätern macht und warum man Film und Fernsehen nicht immer Glauben schenken darf, erklärt Berufsdetektiv Lukas Helmberger.

(+) Plus: Sind die Unternehmen Ihrer Meinung nach zu sorglos?

Lukas Helmberger: Es gibt noch immer Unternehmer, die präventive Sicherheitsmaßnahmen konsequent ignorieren und sich wundern, dass etwas passiert. Warum hat ein Mitarbeiter sensible Daten ungesichert auf seinem Notebook? Warum gibt es keine Arbeitszeitaufzeichnungen und Zutrittskontrollen? Wenn Informationen einen bestimmten Bereich nicht verlassen sollen, muss ich die EDV-Infrastruktur entsprechend sicher gestalten. Zum Arbeiten brauchen die meisten Mitarbeiter vielleicht nur einen Monitor und eine Tastatur, aber nicht alle Schnittstellen auf dem Rechner. Hier gilt das sogenannte »need to know«-Prinzip: Welche Informationen braucht mein Mitarbeiter? Statistisch betrachtet gibt es in jedem Unternehmen einen nicht so lauteren Menschen, der Missbrauch betreibt. Wenn der alle Daten abziehen kann, ist das ein Problem.

(+) Plus: Sind Täter immer voraus?

Helmberger: Das Spiel funktioniert ja so: Es passiert etwas, die »Guten« bauen einen Zaun und die »Bösen« überlegen sich eine neue Methode, um darüber zu kommen. Über jeden Zaun gibt es einen Weg, das ist nur eine Frage des Aufwands. Dann passiert ein neuer Schaden und die »Guten« bauen einen höheren Zaun. So geht es immer weiter.

(+) Plus: Was ist an den Klischees, die man aus Krimis kennt, dran?

Helmberger: Was die Taten betrifft, kann man der Fantasie schon freien Lauf lassen. Bei der Methodik kann man Film und Fernsehen allerdings keinen Glauben schenken. Ich könnte natürlich ein Profil von Ihrem Handy machen und nachsehen, wann Sie sich wohin bewegen und was sich auf Ihrem Konto tut. Das dürfen wir nicht, auch die Polizei nicht. Die Polizei hat hoheitliche Möglichkeiten, kann zum Beispiel Computer beschlagnahmen. Dafür dürfen wir mehr lügen.

(+) Plus: Hat sich mit der Technik auch Ihre Vorgehensweise geändert?

Helmberger: Observieren ist noch immer eine unserer Haupttätigkeiten. Viele Täter haben großen Respekt vor elektronischen Spuren. Wenn ein Mitarbeiter eines Steuerberatungsbüros Daten verkauft, hat er zunächst das Problem, dass da Millionen von Zetteln sind, weil die Buchhaltung nach wie vor in Papierform an den Steuerberater übergeben wird. Er muss sich also Zugang zu den bereits in das Buchhaltungsprogramm eingegebenen Daten verschaffen. Im einfachsten Fall hängt er die Dateien an eine E-Mail. Wird die in einem Internetcafé heruntergeladen und dann gelöscht, verliert sich die elektronische Spur rasch. Spätestens für die Geldübergabe kommt es aber zu einem Treffen und da bekommen die meisten Täter wirklich Angst.

(+) Plus: Bewegen Sie sich manchmal in einer rechtlichen Grauzone?

Helmberger: An der Wohnungstür ist für uns normalerweise Schluss. Zu mir kommen ständig Klienten, die möchten, dass ich jemanden abhöre oder in einen Computer eindringe. Theoretisch könnten wir das schon, aber wir tun es nicht. Ich würde ja sofort meine Gewerbeberechtigung verlieren. Jede Information kann man auch auf legale Weise beschaffen. Klar, kann ich einbrechen und die Unterlagen stehlen, aber ich finde mit Sicherheit einen Menschen, der mir alles erzählt, ohne dass ich in einen juristischen Konflikt gerate. Wenn ich ein Beweismittel illegal beschaffe, obliegt es dem Richter im Rahmen der freien Beweiswürdigung, ob er es zulässt. Wenn ich ein fremdes Grundstück betrete, um ein Foto zu machen, ist das zwar Besitzstörung, aber der Richter wird das Foto wahrscheinlich trotzdem als Beweis akzeptieren.

(+) Plus: Warum werden gerade lang- jährige Mitarbeiter häufig zu Tätern?

Helmberger: Das liegt an der Gier. Egal wie viel Geld jemand verdient, es ist immer zu wenig. Das fängt mit Kleinigkeiten an. Im September, zu Schulbeginn, steigt der Büromittelverbrauch drastisch an. Treibstoffdiebstahl gibt es vermutlich in jedem Transportunternehmen. Und auf jeder Baustelle werden Kabel verrechnet, mit denen man nebenbei noch ein ganzes Einfamilienhaus verkabelt hat. Den Tätern ist das Ausmaß meist gar nicht bewusst – was sind schon zwei Rollen Klopapier? Nimmt aber von 5.000 Beschäftigten jeder zwei Rollen Klopapier mit, summiert sich das. Ein Unternehmer, der den Schaden nicht identifizieren kann, will rasch die Ausgaben reduzieren und baut Personal ab. Jeder, der Klopapier mitgehen lässt, ist also ursächlich dafür verantwortlich, dass jemand seinen Job verliert.

(+) Plus: Jeder Mensch, der die Gelegenheit dazu hat, wird kriminell?

Helmberger: Gelegenheit macht Diebe, ja, aber die Person muss auch moralisch wenig gefestigt sein. 

Last modified onDienstag, 15 April 2014 12:19
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