Menu
A+ A A-

Freie Kapazitäten für die Talenteförderung nutzen

Klaus lercher: »Ich sehe es als unsere Aufgabe, Menschen, die aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden sind, wieder in Beschäftigung zu bringen.« Klaus lercher: »Ich sehe es als unsere Aufgabe, Menschen, die aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden sind, wieder in Beschäftigung zu bringen.« Foto: Petra Spiola

Klaus Lercher, Geschäftsführer der Trenkwalder Personaldienste, sieht Aus- und Weiterbildung als wesentliche Aufgabe der Branche.

(+) plus: Wie wirkt sich die Digitalisierung des HR-Managements auf Ihr Arbeitsgebiet aus?
Klaus Lercher: Wir führen in unseren Filialen jede Woche tausende Bewerbungsgespräche, die bisher händisch erfasst wurden. Inzwischen gibt es spezialisierte Software, die alle Bewerbungen scannt und dem richtigen Mitarbeiter unter einem passenden Schlagwort zuordnet. Kommt von Kunden eine Anfrage, wirft der Suchmodus dem Anforderungsprofil entsprechend eine Kandidatenliste mit höchstmöglicher Übereinstimmung aus. Pro Bewerbung ersparen wir uns 20 Minuten allein für die Erfassung. Diese freien Kapazitäten kommen der Talenteförderung zugute.

(+) plus: Übernehmen also künftig Computerprogramme die Auswahl?
Lercher: Die persönlichen Gespräche dürfen nicht auf der Strecke bleiben. Das Mitarbeiter-Jahresgespräch und Bildungsmaßnahmen passieren zwischenmenschlich, das entscheidet nicht der Computer. Die Software unterstützt lediglich und sorgt für Transparenz. Auf Knopfdruck kann ich sehen, wie hoch die Fluktuation ist, der Ausbildungsgrad oder die Produktivität.

(+) plus: Wie steht es um den Datenschutz?
Lercher: Da sehe ich überhaupt kein Problem. Der Datenschutz wird jetzt schon sehr streng bei uns gehandhabt. Wir geben den Kunden ohnehin nie die vollen Daten der Bewerber. Die persönlichen Daten geben wir gar nicht bekannt. Unsere Datenbank zeigt, wer momentan verfügbar ist und geeignete Qualifikationen hat.

(+) plus: Woher kommt diese große Kluft zwischen Arbeitsuchenden und offenen Stellen?
Lercher: Das beschäftigt mich täglich. Wir haben einen Höchstbeschäftigtenstand, die höchste Arbeitslosenquote und einen Facharbeitermangel. Zum Thema Jugendarbeitslosigkeit haben wir heuer das Projekt »Deine Chance« in Krems abgeschlossen – mit einer Vermittlungsquote von 70 %! Wir haben mit den Jugendlichen Analysegespräche geführt, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten getestet, mit den Betrieben in der Region Soll-Profile erstellt und schließlich geeignete Jugendliche vermittelt. Ein ähnliches Projekt führen wir jetzt mit Arbeitskräften ab 45 Jahren durch. Ich sehe es als unsere Aufgabe, Menschen, die aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden sind, wieder in Beschäftigung zu bringen. Über den Aus- und Weiterbildungsfonds der Zeitarbeitsbranche versuchen wir, Hilfsarbeiter zu qualifizieren – vom Staplerschein oder der Schweißerprüfung bis zur Lehrabschlussprüfung.

(+) plus: Laut Ihren Angaben wurden im Vorjahr 52 % der Zeitarbeiter in die Stammbelegschaft des Unternehmens übernommen. Hält diese Zahl auch noch in der angespannten Situation am Arbeitsmarkt?
Lercher: Wir sind gerade dabei, die Daten für heuer zu erheben. Es zeichnet sich aber schon ab, dass sich diese hohe Quote auf jeden Fall halten wird, weil der Auswahl- und Rekrutierungsprozess schon sehr selektiv ist. Das Unternehmen hat sechs bis acht Monate Zeit, sich den Mitarbeiter anzuschauen – wenn er nicht der Richtige wäre, würde sich die Firma schon nach einem Monat von ihm trennen.

(+) plus: Als Personalvermittler sind Sie ein Seismograf für die Wirtschaftsentwicklung. Warum ist der Aufschwung in anderen europäischen Länder deutlich stärker?
Lercher: Durch die Ostöffnung kommen geschätzte 50.000 bis 60.000 Menschen zusätzlich und decken Arbeitsplätze zu günstigeren Konditionen ab. Die österreichische Behörde kann kaum prüfen, ob ein ungarisches Leasingunternehmen alle Bezüge korrekt bezahlt. Ein österreichischer Arbeiter bekommt acht bis neun Euro Grundlohn, mit Schichtzulagen und Nebenkosten sind wir in etwa beim doppelten Betrag. Angebote von 13 oder 14 Euro Stundenlohn sind also sehr fragwürdig. Das ist sicher kein Mitbewerber aus Österreich und auch kein Mitarbeiter aus Österreich.
Dem österreichischen Staat entgehen auf diese Weise Millionen an Steuereinnahmen. Die Finanzpolizei wird sich das in Zukunft genauer anschauen. Früher haben wir die Leute zu den Baustellen entsandt, heute kommt dort aus Österreich kaum noch jemand unter.

back to top