Früher als Zeitvertreib abgetan, entdecken viele Unternehmen inzwischen Computergames als Managementinstrument: Wer in Menschen den Spieltrieb weckt, kann erfolgreicher Kunden binden und Mitarbeiter motivieren. Für Spielehersteller öffnet »Gamification« völlig neue Möglichkeiten. Wir sammeln Treuepunkte beim Einkauf, vergeben Sternchen für eine Restaurantkritik und Likes an unsere Facebook-Freunde. Alle diese Bewertungen und Belohnungen, verpackt in mehr oder weniger kindliches Design, zielen auf den menschlichen Spieltrieb ab. Wenn Elemente aus der Computerspielwelt in den Alltag einfließen, spricht man von »Gamification«. Was in Kundenbindungsprogrammen längst gang und gäbe ist, wird zunehmend auch für das Personalrecruiting, Trainings und die Mitarbeitermotivation entdeckt. Ein anderes Beispiel für »Gamification« liefert das US-Militär, das vor zehn Jahren mit dem Actionspiel »America’s Army« tausende Jugendliche für den Militärdienst begeisterte. Bei den Aufnahmegesprächen nannten die Neueinsteiger das Spiel als zweithäufigstes Motiv nach Patriotismus. Auch der Internetkonzern Google gab bereits 2004 die Richtung vor, indem er neben dem Highway 101 im Silicon Valley eine Plakatwand mit einem Zahlenrätsel postierte. Die Lösung war eine Internetadresse, die zur Jobseite von Google führte. Speziell für die USA lancierte Siemens vor eineinhalb Jahren das Online-Spiel »Plantville«, um den Konzern auf dem amerikanischen Markt bekannter zu machen. Der sechsstellige Betrag für Konzept und Entwicklung waren gut investiert: Nach Angaben des Unternehmens tummeln sich in der virtuellen Fabrikwelt bereits 24.000 User, 60 % davon aus den USA, 10 % Deutsche. Der Rest stammt aus rund 150 anderen Ländern rund um den Globus. Ein Viertel der Spieler sind Siemens-Mitarbeiter, 35 % Schüler und Studenten, der Rest entfällt auf Kunden. Sie halten die aufwendig simulierten Produktionsanlagen – Eisenbahnfertigung, Vitaminfabrik und Flaschenabfüllanlage – in Schuss und versuchen, die Qualität zu optimieren und die Mitarbeiter bei Laune zu halten. Bei Erfolg winkt als Prämie die Auszeichnung zum »Werk des Jahres«. Dabei wirkt das praxisnahe Spiel wesentlich subtiler als jeder Werbespot: Der Konzern präsentiert seine breite Produktpalette und sich selbst als potenzieller Arbeitgeber. Während die Botschaften im klassischen Marketing aber kaum hängenbleiben, sind Menschen durch Stimulierung des Spieltriebs nachweislich lernfähiger und leichter zu begeistern. Dieser Effekt hat sich über soziale Netzwerke rasant verselbstständigt: Parallel zur Online-Plattform entstand eine eigene »Plantville«-Community, die sich via Facebook und Twitter über betriebswirtschaftliche und technische Fragen austauscht. >> Lernen mit Lust Sternchen als Ansporn