Mit der vom EU-Parlament verabschiedeten Erneuerbare-Energie-Richtlinie hofft die Wärmepumpenbranche auf den Durchbruch. Sie erwartet nun in der Energie- und Förderpolitik die Gleichstellung mit anderen erneuerbaren Energieträgern. Welchen besseren Veranstaltungsort kann es für das Forum des Europäischen Wärmepumpenverbandes geben als ein Gebäude, das mithilfe von Wärmepumpen geheizt, gekühlt und mit Warmwasser versorgt wird? Der im September 2008 eröffnete »Power Tower«, die Zentrale des oberösterreichischen Energieversorgers Energie AG, der den Strom für sein Wärmepumpensystem über eine 600 m2 große Photovoltaik-Fassade bezieht, war deshalb der Austragungsort für das zweite Wärmepumpenforum. Endlich gleichberechtigtIm Mittelpunkt des Treffens der europäischen Wärmepumpenhersteller, an dem mehr als 90 Experten aus Europa teilnahmen, stand die erst kürzlich vom EU-Parlament und vom EU-Rat verabschiedete Richtlinie zur Erneuerbaren Energie. Für die Branche ist damit ein Wunschtraum in Erfüllung gegangen: Darin wird erstmals die von Wärmepumpen genutzte Umgebungswärme aus Luft, Wasser und Erdreich den anderen Erneuerbaren Energieträgern wie Biomasse, Wind, Geothermie oder Photovoltaik gleichgesetzt. Die EU-Staaten können damit die so erzeugte Energie in den Anteil von Erneuerbaren – die in Österreich 34 % und in den restlichen Mitgliedsstaaten 20 % betragen muss – einrechnen. Voraussetzung für die Einbeziehung ist allerdings, dass der Output an Wärmeenergie den dafür notwendigen Energieeintrag übersteigt, wie Thomas Nowak vom Europäischen Wärmepumpenforum (EHPA) in seinem Referat erläuterte. Ziel der EU sei es, mithilfe dieser Richtlinie Europa eine führende Rolle bei der sogenannten »dritten industriellen Revolution« zu verschaffen, so Nowak: »65 Millionen Wärmepumpen können 220 Millionen Tonnen CO2-Emissionen einsparen, mehr als 700 Terawattstunden erneuerbarer Energie erzeugen und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern reduzieren.« Mit dieser Richtlinie sei ein wichtiges Kapitel als Beginn der Erfolgsgeschichte der Wärmepumpe geschrieben, als Nächstes müssten die EU-Staaten bei der Implementierung der Richtlinie, etwa den Berechnungsmethoden, begleitet und informiert werden. Kleine Anlagen bescheren PlusAuch am österreichischen Markt herrscht Zuversicht, was die Zukunft der Wärmepumpe betrifft: Im Vorjahr ist die Zahl der installierten Anlagen für Heizzwecke hierzulande um 21,4 % auf 12.600 gestiegen, wobei das Wachstum von den Luft-Wasser-Anlagen bis 20 kW getragen wurde, während größere Anlagen rückläufig waren. Der Aufschwung wurde also bisher von den privaten Besitzern von Ein- und Zweifamilienhäusern getragen, wie Claudia Hübsch, Geschäftsführerin des Bundesverbands Wärmepumpe Austria, in ihrem Vortrag darlegte. In einigen Bundesländern werde bereits jedes zweite neue Einfamilienhaus mit dieser Technologie ausgestattet. Zum Vergleich: Der Anteil von Wärmepumpen im Neubau beträgt in Schweden fast 95 %, in der Schweiz bereits 80 %. Eine deutliche Marktsteigerung sieht auch Andreas Bangheri, Obmann der Leistungsgemeinschaft Wärmepumpe Austria (LGWA), in der Bohrunternehmen, Brunnenbauer, Anlagenbauer, Hersteller von Wärmepumpen, Energieversorgungsunternehmen und Zulieferunternehmen der Wärmepumpenbrache vertreten sind. Im Jahr 2008 seien von den rund 45 Herstellern und Importeuren in Österreich 13.111 Wärmepumpen-Heizungsanlagen verkauft worden. Gemeinsam mit den Brauchwasser-Wärmepumpen waren es im Vorjahr in Österreich 18.690 Anlagen, um rund 2.500 mehr als 2007. Damit sind in Österreich mehr als 150.000 Wärmepumpenanlagen in Betrieb. Die Exportrate sei im Vorjahr von 7.600 Anlagen um 43,9 % gestiegen, so Bangheri.Für Investoren unrentabelIm Bereich der Umstellung von anderen Energieversorgungssystemen im Gebäudebestand hat vor allem die Wärmepumpe zugelegt, die ihre Umgebungswärme aus Luft oder Wasser bezieht. Und nachdem eine gut gedämmte Gebäudehülle Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung der Wärmepumpe in der Sanierung sei, sollte die Regierung in ihren Förderprogrammen auf diese Technologie nicht verzichten, so Bangheri. Auch er sieht bei den Anlagen im großvolumigen Gebäudebereich noch Nachholbedarf. Riesenpotenzial bestehe vor allem im Tourismus- und Wellnessbereich, wo Betriebe allerdings noch mit einer Amortisationszeit für Investitionen in Wärmepumpenanlagen von fünf bis sieben Jahren rechnen müssten. Vor allem nach dem drastischen Rückgang der Ölpreise in den letzten Monaten sei diese Branche wenig motiviert, auf Wärmepumpen umzusteigen, meint der LGWA-Obmann und hofft darauf, dass die Öl- und Gaspreise und damit das Interesse an dieser Technologie bald wieder anziehen. Im großvolumigen Wohnbau gibt es vor allem von gemeinnützigen Bauträgern immer wieder Ansätze zur Nutzung der Wärmepumpentechnik, wie etwa bei der Passivhausanlage der Neuen Heimat Tirol in Jenbach. Im Gewerbeimmobilienbereich, wo die geforderten Wärmekapazitäten sehr teure Sonden notwendig machen, gibt es mit Ausnahme des Power Towers in Linz, der Strabag-Zentrale in Wien, der vor kurzem eröffneten Baumax-Filiale in Salzburg oder eines Hotels im Oberinntal kaum Interesse der Investoren, in der wirtschaftlichen Betrachtungsweise die im Vergleich zur Energieversorgung mit Gas höheren Investitionen für eine Wärmepumpenanlage zu realisieren, räumt der Obmann der LGWA ein. Effizienzsteigerungen. Ändern wird sich das, wenn die Systeme und die Wärmepumpentechnologie effizienter werden. Die Forschung auf diesem Gebiet verspricht einiges in diese Richtung. So wird derzeit intensiv an der Verbindung von Wärmepumpen mit der Photovoltaik gearbeitet, womit der für den Betrieb der Pumpen notwendige Strom von der Anlage selbst erzeugt werden kann. Mit einer Optimierung der Verdichter im Pumpenkreislauf würden die Anlagen darüber hinaus immer effizienter, günstiger und damit von der Amortisationsberechnung her interessanter werden, hofft Bangheri.Facts-Die Wärmepumpe nützt gespeicherte Sonnenenergie aus drei verschiedenen Quellen: dem Erdreich, dem Grundwasser oder der Luft. Ähnlich einem Kühlschrank entzieht die Wärmepumpe mithilfe von Sonden dem Medium Wärme, bringt diese mittels elektrischer Antriebsenergie auf ein höheres Niveau, sodass ein Gebäude beheizt und gekühlt sowie das warme Wasser aufbereitet werden kann. Wärmepumpen haben unterschiedliche Betriebsweisen. -Die monovalente Wärmepumpe deckt den Wärmebedarf während des gesamten Jahres ohne Zusatzheizung. Selbst bei tiefen Außentemperaturen liefert die Wärmequelle allzeit ausreichend Energie.-Bei der monoenergetischen Betriebsweise ergänzt an sehr kalten Tagen ein Elektroheizstab im Pufferspeicher die Wärmepumpe. Durch eine elektrische Steuerung wird vermieden, dass die Zusatzheizung länger in Betrieb ist als notwendig.-Im bivalenten Betrieb wird, wenn die Wärmepumpe bei tiefen Außentemperaturen den Wärmebedarf nicht alleine decken kann, diese von einem weiteren Wärmeerzeuger unterstützt. Die bivalent-alternative Betriebsweise kommt zum Einsatz, wenn hohe Vorlauf- und Rücklauftemperaturen notwendig sind. (Quelle: LGWA) Im Interview: »Wir erwarten Gleichbehandlung«Karl Ochsner, Vorsitzender des Europäischen Wärmepumpenverbandes, über die EU-Richtlinie zu Erneuerbaren Energien, den zu erwartenden Boom für die Wärmepumpe und Grenzen dieser Technologie.Report: Wie sieht der weitere Fahrplan nach dem Beschluss der EU-Richtlinie der Erneuerbaren Energie aus? Ochsner: Die Durchführungsverordnung ist vor wenigen Tagen im europäischen Amtsblatt veröffentlicht worden und die Richtlinie ist daher in Kraft. Diese ist von den Mitgliedsstaaten bis 2010 in nationales Recht umzusetzen. Report: Welche Auswirkungen hat diese Richtlinie für die Wärmepumpe?Ochsner: Das ist eine ganz entscheidende Weichenstellung, nachdem jetzt die Umgebungswärme als zu 100 Prozent erneuerbare Energie gilt. In der Vergangenheit wurde unterschieden zwischen der erneuerbaren Sonnenenergie, die über Strahlung genutzt wird, und der indirekt genutzten Sonnenenergie, die nicht als erneuerbare Energie angesehen wurde. Das ist unverständlich. Report: Welche konkreten Auswirkungen hat die Neubewertung?Ochsner: Die Wärmepumpenbranche erwartet eine absolute Gleichbehandlung bei der Energiepolitik und bei den Förderungen. Der Konsument wird mehr Wahlmöglichkeiten haben. Auch für die Energiepolitik der Staaten wird das entscheidende Auswirkungen haben: Ich glaube, dass die Mitgliedsländer mit dieser Richtlinie echte Chancen haben, das sehr ambitionierte Ziel, den Anteil erneuerbarer Energie zu erhöhen, zu erreichen. Report: Wie hoch schätzen Sie das Potenzial für die Wärmepumpe ein?Ochsner: Wir gehen davon aus, dass 80 Prozent aller bestehenden Ein- und Zweifamilienhäuser und 50 Prozent aller öffentlichen Gebäude, Produktionshallen und Bürogebäude mit Wärmepumpen beheizt werden können. 95 Prozent des Warmwasserbedarfs können zur Verfügung gestellt werden. In der Schweiz wurden im vergangenen Jahr bereits in 80 Prozent aller Neubauten Wärmepumpenheizungen installiert. Dieses maximale Potenzial wird man nicht voll ausschöpfen können, weil auch andere Technologien einen Anteil daran haben werden. Für Österreich schätzen wir das Potenzial auf einen Marktanteil von mehr als 40 Petajoule. (Österreich verbraucht laut Energieagentur jährlich 300 PJ Energie für Raumwärme und -kälte, Anm.).Report: Wo eignet sich die Wärmepumpe, wo weniger?Ochsner: Sie eignet sich überall, wo geheizt und gekühlt wird. In der Kälteaufbringung liegt auch ein sehr großes Potenzial, nachdem in der EU der Energiebedarf für das Kühlen schneller ansteigt als der für das Heizen. Die Grenzen liegen dort, wo keine Wärmequelle vorhanden ist. Eine zweite Grenze liegt dort, wo man hohe Vorlauftemperaturen für bestehende Systeme braucht. Bei Temperaturen über 65 Grad liegt die wirtschaftliche Grenze. Was darüber hinausgeht, ist der Biomasse vorbehalten. Report: Welches der drei Medien ist für die Wärmepumpe die effizienteste?Ochsner: Am effizientesten ist das Grundwasser, weil seine Temperatur in der Regel das ganze Jahr über bei zehn Grad liegt. Das zweitbeste Medium ist das Erdreich. Dort, wo ich keine Sonden in die Erde bohren kann, muss ich die Wärmequelle Luft nehmen. Im dicht verbauten Gebiet kann es da Probleme geben, wenn es keinen Platz für die Luftwärmetauscher gibt. Report: Gibt es auch noch andere Wärmequellen für die Wärmepumpe?Ochsner: Riesenpotenzial gibt es bei den Abwässern. Laut einer Studie könnten mindestens fünf Prozent des Wärmebedarfs der Großstädte aus dieser Energiequelle gewonnen werden. Dass das noch nicht genutzt wird, liegt am fehlenden Bewusstsein der Kommunen. Report: Was ist Ihr Resümee des europäischen Forums Wärmepumpe? Ochsner: Es war eine sehr gelungene Veranstaltung mit starker internationaler Beteiligung. Die Entwicklung läuft in allen Ländern positiv, die Anwendung der Wärmepumpentechnologie ist absolut im Vormarsch. Auch bei den Erneuerbaren muss es aber einen Energiemix geben.