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Zwischenrufe aus Übersee

Wie ein Europäer den Alltag an der US-amerikanischen Ostküste erlebt.

Bauen verbindet. Vielleicht...

infrastruktur-c-istock

Washington ist paralysiert. Das Klima ist völlig vergiftet, Demokraten fahren schwere Geschütze gegen Präsident Donald Trump auf. Aber über ein Thema gibt es konstruktive Gespräche: die Infrastruktur.

Ende April waren die Spitzen der Demokratischen Partei zu einem seltenen Besuch im Weißen Haus. Und anders als sonst zeigte sich Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses, ziemlich angetan: Es sei überraschenderweise ein sehr konstruktives Gespräch gewesen. Thema war ein Plan, die darniederliegende US-Infrastruktur zu modernisieren. Straßen, Brücken, Eisenbahnlinien, Flughäfen sind in einem erbärmlichen Zustand. Die Dämme in New Orleans wurden nach dem katastrophalen Sturm Kathrina im Jahr 2005 nur notdürftig repariert und ein großer Teil des Stadtgebietes ist immer noch hochgradig gefährdet.

Im Jahr 2012 verwüstete der Sturm Sandy die Küstengebiete von New Jersey und New York. Bis heute ist die Bahnverbindung zwischen beiden Bundesstaaten nicht vollständig wieder instandgesetzt.
Das Kanalisationssystem in Detroit, die U-Bahn in Los Angeles, der Hudson Tunnel in New York, der Flughafen in Chicago, der Verbindungszug am Flughafen LaGuardia, das Stromnetz in New England, die Hochgeschwindigkeitsbahnlinien in Texas und zwischen Las Vegas und Kalifornien stehen ganz oben auf der Liste der strategisch dringend notwendigen Projekte.

Die Experten des Center for American Progress schätzen allein den Investitionsrückstau auf 1,5 Billionen. Das müsste ausgegeben werden, um aufzuholen, was in den vergangenen 30 Jahren versäumt wurde. Investitionen in die Infrastruktur der Zukunft gar nicht eingerechnet.

Es muss dringend Geld in die Hand genommen werden, nur um den Verfall zu stoppen. Das wissen alle Seiten.

Zwei Billionen US-Dollar sollen bereitgestellt werden. Präsident Trump will sich mit den Demokraten auf ein Paket einigen, indem zunächst nur über die zur Verfügung gestellten Mittel und erst dann über die zu verwirklichenden Projekte geredet wird.

Prompt kommt Kritik – unter anderem auch von Mick Mulvaney, dem Stabschef des Präsidenten, der öffentlich erklärte, dass in Washington zurzeit jedes Projekt schwierig umzusetzen sei und eines dieser Größenordnung erst recht.

Über Twitter rüffelte Trump seinen Mitarbeiter: »Natürlich ist der Infrastruktur-Plan nicht einfach umzusetzen, vor allem deshalb nicht, weil wir in den vergangenen 19 Jahren erstaunliche sieben Billionen im Mittleren Osten ausgegeben haben. Ich bemühe mich ernsthaft um einen überparteilichen Plan …«

Der erste Gegner dabei sind die Konservativen, die argumentieren, das aus allen Fugen geratene Defizit erlaube keine derartigen Ausgaben – und Steuererhöhungen kämen auf keinen Fall infrage. Zumindest nicht, wenn es um Körperschafts- und Einkommenssteuern geht. Die wurden erst deutlich gekürzt und das als großer Erfolg verkauft. Das sehen die Demokraten natürlich anders und wollen die erst eingeführten Steuererleichterungen ersatzlos streichen. Ein Kompromiss scheint hier schwer möglich.

Worauf man sich vermutlich rasch einigen könnte, hat das Congressional Budget Office (CBO) aufgezeigt: die Treibstoffsteuer. Sie liegt im Moment bei fünf Cent pro Liter Benzin und eine Verdoppelung brachte schon einmal rund 500 Milliarden US-Dollar über zehn Jahre.
Woher die restlichen 1, 5 Billionen kommen sollen, steht allerdings in den Sternen. Die beiden Parteien haben sich zu sehr in ihren ideologischen Schützengräben verschanzt. »Keine neuen Steuern!« ist der Schlachtruf der Republikaner und die Demokraten erwidern: »Besteuert die Reichen!«

Die Gefahr ist groß, dass in dem Umfeld selbst das absolut Notwendige nicht realisierbar ist.n

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