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Zwischenrufe aus Übersee

Wie ein Europäer den Alltag an der US-amerikanischen Ostküste erlebt.

Trump, die Zweite

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Vielleicht war es ein Betriebsunfall, dass Donald Trump 2016 die Präsidentschaftswahlen in den USA gewonnen hat. Aber 2020 gibt es ein Dacapo.

Viele meiner liberalen Freunde, diesseits und jenseits des Atlantiks, empfinden Präsident Donald J. Trump als Albtraum, als einen, von dem man sich nicht erklären kann, wie er aufgetaucht ist und von dem man inständig hofft, er werde rasch verschwinden und keine bleibenden Schäden hinterlassen. James, Professor an einer renommierten Musikuni, etwa spricht nur vom »Orangenen«, um den sich Robert Mueller, der Sonderermittler, bald kümmern werde. Trump werde angeklagt, seines Amtes enthoben und der Spuk werde enden, vielleicht nicht heute, aber morgen.

Ich sage: Wunschdenken! Erst nach zwei Amtsperioden wird Trump vom Weißen Haus in seinen goldenen Turm in Manhattan zurückkehren. Seine Chancen auf eine Wiederwahl stehen so gut wie lange nicht. Gesprächspartner, die ich mit dieser unliebsamen Einschätzung konfrontiere, werden kreidebleich und glauben: Ein Österreicher in den USA hat keine Ahnung.

Das kann sein, Prognosen sind bekanntlich schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Aber im Moment laufen einige Dinge ganz in Richtung des Immobilientycoons im Präsidentenamt. Der vorzeitig entlassene Vizedirektor des FBI, Andrew McCabe, etwa befindet sich zurzeit auf einer Promotion-Tour für sein neues Buch. In der CBS-Politsendung »60 Minutes« ließ er eine Bombe platzen: Die Führungszirkel des FBI hätten offen diskutiert, ob sie eine Amtsenthebung Trumps nach dem 25. Verfassungszusatz durchsetzen könnten.

Ob wahr oder nicht, es ist Wasser auf die Mühlen Trumps, der von einer Verschwörung des »Deep State« gegen ihn spricht.
Der emeritierte Harvard-Professor Alan Dershowitz ortet in der Vorgangsweise des FBI nicht weniger als einen versuchten Coup d‘Etat und der neue Vorsitzende des Justiz-Ausschusses im Senat Lindsey Graham will umfangreiche Untersuchungen darüber beginnen, was denn die FBI-Granden da geritten habe. Das Stück »Trump gegen die Eliten in Washington«, das der Milliardär schon als Kandidat so erfolgreich aufgeführt hat, findet seine dramatische Fortsetzung.
Manche Experten meinen ja, nicht Trump habe die Wahlen 2016 gewonnen, sondern die inferiore Kandidatin Hillary Clinton habe sie verloren.

Auf demokratischer Seite formieren sich jetzt die Präsidentschaftskandidaten. Der Republikaner Trump kann vermutlich sein Glück nicht fassen. Alle deklarierten Wahlwerber sind weit nach links gedriftet. Dort ist jetzt die Parteibasis. Um siegreich aus den Vorwahlen hervorgehen zu können, muss man sich zunächst bei der radikalisierten Basis durchsetzen. Dort lautet das Modewort plötzlich Sozialismus. Das haben Wahlwerber bisher gemieden wie der Teufel das Weihwasser.

Einzig der ehemalige Vizepräsident Joe Biden könne Trump Paroli bieten, sagen Meinungsforscher. Aber Biden hat zwei Probleme: Er ist ein pragmatischer Zentrist und in den Vorwahlen trifft er auf steifen Gegenwind des linken Lagers. Und selbst wenn er Kandidat der Demokraten werden sollte, spricht gegen ihn, dass er am Wahltag 2020 bereits 78 Jahre sein wird.

Also sage ich James, dem Musikprofessor: »Der Albtraum hat gerade erst begonnen! Besser, du gewöhnst dich dran ...«

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