Kein Weihnachtsfriede für Gevatter Bär: Die Jagdsaison ist eröffnet und allein in New Jersey stehen hunderte Schwarzbären zum Abschuss.
Das Telefon läutet. Die Direktion der Princeton High School ist am Apparat, oder besser: der automatische Tonbanddienst. »Bitte holen Sie heute Ihre Kinder direkt vor der Schule ab«, sagt die freundliche Stimme, »und lassen Sie auf keinen Fall zu, dass einer der Schüler sich zu Fuß vom Schulgebäude entfernt. Es wurden Bären in der Stadt gesichtet.«
Die Schwarzbären, Ursus Americanus, sind in New Jersey unterwegs. Sie haben sich prächtig vermehrt: Allein im vergangenen Jahr wurden 3.000 Mensch-Bär-Begegnungen gezählt. 46 davon waren von der besonders unangenehmen Art, weil es sich die Zottelviecher direkt in der Küche beim Kühlschrank gemütlich gemacht hatten und dort die nichts ahnenden Bewohner überraschten, die hoffentlich die Warnungen der Wildtierbehörde internalisiert haben: »Nicht schreien, keine überhasteten Bewegungen und nicht davonlaufen«, das empfehlen die Bärenexperten des Bundesstaates. Die Schwarzbären sind richtig gute Sprinter und klettern können sie außerdem. Der wichtigste Tipp: »Öffnen Sie alle Türen und machen Sie einen Fluchtweg für die Bären frei.« Wirklich ernst wird es, wenn der Bär zu gähnen beginnt, das heißt nämlich nicht, dass er sich langweilt, sondern: »Stopp, Sie sind zu nahe!«
Einmal im Jahr werden die Schwarzbären für eine Woche lang zum massenhaften Abschuss freigegeben. Heuer war es ab 9. Dezember so weit. Rund 7.000 Jäger haben sich eine Bewilligung geholt und durchkämmen rund 1.600 Quadratkilometer im Norden New Jerseys nach den dort lebenden rund 2.800 Bären. Jeder vierundzwanzigste Bär bleibt dabei auf der Strecke. »Unser Ziel ist es, die Schwarzbärenpopulation auf eine nachhaltige Größe zu reduzieren und die öffentliche Sicherheit zu erhöhen«, schreibt der verantwortliche Beamte Bob Martin und er rechnet damit, dass auch heuer wieder rund 287 Bären erlegt werden, wie schon im vergangenen Jahr. Zwei Dollar und fünfzig Cent kostet die Abschusserlaubnis und das Kontingent ist schon Wochen vorher ausverkauft. Ob tatsächlich Bär statt Karpfen und Weihnachtsgans am Heiligen Abend serviert wird, ist ungeklärt, aber die Behörden in Trenton geben sich alle Mühe, die Jagdgesellschaft auf den Geschmack zu bringen. Sie haben eine Sammlung von Kochrezepten veröffentlicht. Die 29-Seiten-Broschüre beginnt mit der nützlichen Anleitung zum Zerlegen des Tiers, gefolgt vom Hinweis, dass das möglicherweise von Trichinen verseuchte Fleisch bei 190 Grad eine Stunde pro Kilogramm im Rohr bleiben soll. Bärensteak und Bier, Bärennieren in brauner Zuckerkruste, Bären-Koteletts und Bäreneintopf finden sich genauso auf der Rezeptliste wie der unvermeidliche Bären-Burger.
»Das sind Mörder«, befindet Angie Metler, die Sprecherin einer Bärenschutzgruppe, die die Jagd per Gerichtsbeschluss verbieten lassen wollte und damit kläglich gescheitert ist.
Die Jagd auch auf Bären ist des Amerikaners Recht, genauso wie der Waffenbesitz. Merry Christmas!
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