Die IT-Pläne der Regierung von der eGovernment-Offensive über Breitbandausbau bis zur Startup-Initiative sind begrüßenswert, greifen in vielen Fällen aber zu kurz. Komplett ins Leere fällt der Vorwurf, Gymnasien und Universitäten würden am Markt vorbei produzieren.
Es ist absolut positiv, dass Österreich sich zumindest wieder bemüht, zum führenden eGovernment-Land in Europa zu werden – die letzten 20 Jahre sind ja de facto fast alle anderen Nationen links und rechts an Österreich vorbeigezogen und der Weg zur Vorzeigenation Estland ist noch weit. Dazu braucht es aber nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern auch den Mut zum Überdenken bisher eingeschlagener Wege und Seilschaften, die teilweise wortwörtlich aus dem letzten Jahrtausend stammen.
Das Bekenntnis zu OpenData halten wir für einen sehr wesentlichen Schritt dabei, wobei OpenData nicht nur proprietäre Datenformate hervorbringen sollte, sondern sich an international bewährten Standards orientieren sollte. Das Beispiel Wiener Linien, die meinten, dass Unternehmen wie Google sich an das Datenformat der Wiener Linien annähern sollen, anstatt das weltweit benutzte Format zu verwenden, liegt noch nicht lange zurück.
Tatsächlicher Bedarf
Beim Breitbandausbau wird es höchste Zeit, das Versprechen vergangener Regierungen einzuhalten. Allerdings muss auch der tatsächliche Bedarf evaluiert werden, denn in Ballungszentren steigt die Nachfrage nach einer hohen Bandbreite sicher schneller. Das Ziel, ein Gigabit flächendeckend via 5G bereitstellen zu wollen, ist zwar nett, aber tatsächlich werden schon in wenigen Jahren 100 oder mehr Gigabit erforderlich sein.
Und im Sinne der Verlässlichkeit bleibt festzuhalten, dass ein Kabel immer noch ein Kabel ist, selbst wenn es aus Glas ist. Auch WLAN hat noch immer eine relevante Berechtigung und Konzepte, die Beleuchtungsinfrastruktur mit WLAN zu kombinieren, haben sich in anderen Staaten durchaus bewährt.
Den Gedanken, Internetverfügbarkeit analog zu Wasser, Kanal und den Netzbereitstellern Strom und Gas zu betrachten, würde ich auch nicht verwerfen wollen. Internet in jedem Haushalt darf nicht nur von erfolgreichen Telekom-Lobbyisten bewerkstelligt werden können, sondern sollte mehr in Bürgerhand liegen und auch die Bereitstellung von Internet für sozial benachteiligten Gruppen beinhalten.
Fehlender Mut
Die Startup-Story der Regierung ist zwar nett, aber unglaubwürdig – hier wäre auch mehr Mut und zum Beispiel eine tatsächliche Steuerbefreiung für einen Zeitraum oder eine Einschleifregelung sinnvoll und wünschenswert – das leben auch schon mutig andere Staaten vor.
Dass Buzzwords wie Blockchain oder künstliche Intelligenz ins Regierungsprogramm gefunden haben, ist zumindest vielversprechend. Mal sehen, ob die Regierung auf die »Verkäufer« reinfallen oder tatsächlich in der Lage sein wird, echte Innovation zu erkennen, zu beurteilen und auch anzuwenden.
Es hat einen guten Grund, warum man in unserer Branche sagt: »Wenn du in Österreich etwas werden willst, dann musst du Österreich zuerst verlassen und woanders erfolgreich sein.«
Der Markt ist nicht alles
Beim Thema Bildung ist mir wenig Innovatives aufgefallen, bis auf zwei Dinge: Der Vorwurf, Gymnasien oder Universitäten bilden nicht für den Markt aus. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass Erstere zum Humanismus ausbilden und Zweitere für Forschung. Der Markt ist dabei sekundär. Für den Markt bilden Firmen, Fachschulen, Höhere Technische oder Wirtschaftliche Lehranstalten und natürlich Höhere Fachschulen aus.
Bei aller Liebe zur Technizität brauchen wir vor allem auch Raum für Humanismus, soziale Verantwortung und Ethik – dahingehend ist die Kooperation zwischen Türkis und Grün zumindest ein Hoffnungsschimmer.n
Zur Person: Peter Lieber ist Unternehmer und Präsident des Verbandes Österreichische Software Industrie (VÖSI) .
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