Der Titel des 1957 erschienenen Buchs des deutschen Wirtschaftsministers und späteren Kanzlers Ludwig Erhard formulierte eine Vision: Wohlstand für alle.
Nicht einige wenige Reiche sollten einer breiten Masse an Verarmten gegenüberstehen, alle sollten von den geschaffenen Werten profitieren. Das Konzept prägte die deutsche und damit auch die europäische Politik. Es wurde von Christdemokraten und Sozialdemokraten gleichermaßen getragen. Die Verheißung der Europäischen Union war, die Lebensumstände aller deutlich zu verbessern.
2020 beginnt damit, dass die Briten der Union den Rücken kehren und das Projekt EU hinter sich lassen. Eurokraten versuchten in den vergangenen Jahren, die britische Entscheidung als Irrläufer abzutun, als typischen Beleg dafür, wie leicht das dumpfe Wahlvolk den populistischen Rattenfängern auf den Leim gehen kann. Die Briten allerdings bestätigten bei den Europawahlen und dann bei den Wahlen zum Unterhaus im Dezember 2019, dass sie es ernst meinen.
Haben sie damit die Vision »Wohlstand für alle« hinter sich gelassen?
Natürlich nicht! Nur der Glaube daran, dass mit den Mitteln Brüssels dieses Ziel erreichbar ist, ging verloren.
Ludwig Erhart sah als Voraussetzung des Wohlfahrtsstaates eine dynamische Wirtschaft. Zunächst Werte kreieren, um sie dann verteilen zu können, war das Credo. Wettbewerb spielt dabei eine zentrale Rolle. »Europa dient den großen Konzernen und nicht dem kleinen Mann«, sagen die Gelbwesten in Frankreich. Konzerne lieben überbordende Regulierung, weil es ihnen die Konkurrenz der Kleinen vom Hals hält, die nicht in der Lage sind, die bürokratischen Hürden zu bewältigen.
Europa ist dabei, das Versprechen von Freiheit und Wohlstand zu brechen. Kein Wunder, dass die Briten neue Wege gehen.
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