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EZB: Frankfurter Müllschlucker

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Die Zinsen im Euroraum bleiben auf dem Rekordtief von 1,0%. Das hat die EZB gestern wie erwartet beschlossen. Entscheidend ist das nicht, denn längst sind andere Mittel angesagt, um den Finanz-Sektor mit Liquidität zu fluten: Stichwort LTRO. Der nächste ist für den 29. Februar angesetzt, Beobachter erwarten, dass europäische Banken dann um Zentralbankkredite von bis zu einer Billion Euro anstehen könnten.

Damit soll eine Kreditklemme verhindert werden, was die ohnehin schwächelnde Konjunktur weiter belasten würde. So die offizielle Begründung. Entscheidend dürfte aber sein, dass dadurch die Banken in die Lage versetzt werden, hochverzinsliche europäische Staatsanleihen zu kaufen, was die Rendite drückt und den PIIGS-Ländern den Schuldendienst erleichtert. Und die reicht man dann beim nächsten LTRO als Sicherheiten ein gegen neue Kredite, mit denen man dann hochverzinsliche… (Hat da jemand was von Schneeballsystem gesagt?)

EZB und nationale Zentralbanken der Eurozone senken die Qualitätsanforderungen an die Sicherheiten weiter, die sie im Rahmen ihrer Ausleihungen an Geschäftsbanken verlangen. Mit anderen Worten: Sie werden sich zukünftig (noch) stärker als Müllschlucker betätigen. Die Entscheidung erweitert das Volumen der in Betracht kommenden Sicherheiten um rund 600 Mrd. Euro. Bei schlechteren Sicherheiten soll ein Abschlag von etwa 2/3 angesetzt werden. So könnten beim LTRO am 29. Februar immer noch zusätzliche 200 Mrd. Euro geliehen werden. Allein in Italien könnten es zusätzliche 90 Mrd. Euro sein, heißt es.

Die nationalen Zentralbanken können jetzt nach Bedarf unterschiedliche Anforderungen an die Qualität der Sicherheiten stellen. Das Ausfallrisiko soll bei ihnen verbleiben und nicht auf das Eurosystem übertragbar sein. Schöne Worte – im Fall der Insolvenz einer nationalen Zentralbank und des dazugehörigen Staates fallen die Belastungen in jedem Fall auf das Eurosystem zurück.

Die FT berichtet, „Insidern zufolge wollen unter anderem Italien, Frankreich, Portugal und Österreich entweder Kreditforderungen als Sicherheiten einführen oder ihre Sicherheitsstandards senken. Die Länder hoffen, dass sich ihre Banken dann mehr Geld bei der EZB beschaffen können.“

Der Aufkauf besicherter Bankanleihen, die zusätzlich mit Immobilienkrediten oder Staatsschulden besichert sind (Covered Bonds), durch die EZB soll die Geschäftsbanken bei der Refinanzierung unterstützen.

Bis hierher ging es um Müllbeschaffung, nachfolgend geht es um Müllentsorgung.

Die EZB überträgt ihre griechischen Staatsanleihen im Wert von etwa 45 Mrd. Euro ohne Gewinn oder Verlust an den Rettungsfonds EFSF, die sie im Mai 2010 mit einem Abschlag von rund 25% gekauft hatte. Wenn die EFSF diese eins zu eins an die griechische Regierung durchreicht, dürfte das die ausstehenden Schulden des Landes um rund 11 Mrd. Euro senken.

Der Schachzug entlastet die EZB in zweifacher Hinsicht. Einerseits entgeht sie dadurch der Diskussion um eine Beteiligung am griechischen Schuldenschnitt, zweitens vermeidet sie, einen Verlust ausweisen zu müssen. Das würde nämlich die Politiker-Parole entlarven, dass die Staatenrettungen nichts kosten, weil auf Kredit finanziert. Und drittens entgeht die EZB dem Vorwurf, sich an der Staatsfinanzierung zu beteiligen, was formal nicht zulässig ist.

Draghi sagte auf der gestrigen EZB-Pressekonferenz, er lehne weiterhin „jeden Trick“ ab, die EZB-Verträge zu umgehen, die die direkte Finanzierung von Staatsschulden durch die EZB verbieten. Wenn der LTRO kein Trick ist

Die Börsenzeitung schreibt laut Eurointelligence dazu: Das Eurosystem geht zu Ende. Die EZB-Entscheidung, die Sicherheitsanforderungen zu lockern und die genaue Festelegung den einzelnen Länder-Zentralbanken zu überlassen, bedeutet, dass die Geldpolitik der EZB keinen einheitlichen Rahmen mehr hat.

Ja, das stimmt. Die künftig national unterschiedlichen Regeln stellen die einheitliche Geldpolitik im Euroraum infrage. Verschiedentlich hört man dazu schon das Wort von der „Balkanisierung der Eurozone”.

In der Euro-Krise gehen die Notenbanken zur Stützung der Währungsunion immer größere Risiken ein. Wer trägt die am Ende? Die Bevölkerung.

Kurz zur „großen Hallig“: Die britische Notenbank gibt weiter Gas in der Geldpolitik. Sie will innerhalb der nächsten drei Monate britische Staatsanleihen vor allem mit kürzeren Laufzeiten im Wert von 50 Mrd. Pfund kaufen. Dieser Schritt war erwartet worden, nachdem die britische Wirtschaft Ende 2011 geschrumpft ist. Bislang hat die BoE Anleihen im Volumen von 275 Mrd. Pfund gekauft. Der Leitzins bleibt erwartungsgemäß bei 0,5%, wo er schon seit fast drei Jahren liegt.

War noch was? Ach ja, Griechenland – eine Einigung über Schuldenschnitt und Spardiktat der Troika scheint erreicht. Geld gibt es trotzdem erst mal nicht, die Eurozonen-Finanzminister wollen zunächst Taten der griechischen Regierung sehen. Viel Zeit haben sie nicht. Griechenland droht ohne weitere Notkredite am 20. März die Pleite, dann muss das Land Altschulden in Höhe von 14,5 Mrd. Euro tilgen.

Zum Thema “Müll” fällt mir noch Target2 ein: Die Forderungen der Deutschen Bundesbank gegenüber der EZB aus Target2 stiegen im Januar weiter an, nämlich um fast 35 Mrd. Euro auf nun gut 498 Mrd. Euro. Im Jahresvergleich beträgt die Zunahme fast 65%.


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“Lehman-Brothers wird sich in Europa nicht wiederholen”

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Neuer Optimismus bei den Wirtschafts-Führern – auf dem World Economic Forum in Davos heißt es: „Lehman-Brothers wird sich in Europa nicht wiederholen.“ Die CDS-Spreads vieler europäischer Banken sinken, die Spreads europäischer Staatsanleihen ebenso, wie der Kursverlauf eines daran gekoppelten ETFs zeigt.

Haben also die Politiker in Brüssel und anderswo mit ihrem Anfang Dezember vollmundig angekündigten und am Montag verabschiedeten Fiskalpakt endlich etwas bewirkt? Wie Daniel Gros, Direktor der Brüsseler “Centre for European Policy Studies”, urteilt, eher nicht: “Dieser ganze Fiskalpakt kommt mir wie ein Sturm im Wasserglas vor. Er schreibt nur fest, was schon zehnmal vereinbart wurde und schon im Stabilitätspakt steht. Deswegen wird dieser neue Schuldenpakt wohl nicht viel erreichen. Und die Schuldenbremse? Es ist jetzt nur noch davon die Rede, dass die Länder eine Schuldenbremse mit Verfassungsrang haben sollten. Aber wenn nicht, dann halt nicht.”

Wer hat dann für neues Vertrauen gesorgt? Es war ein Italiener, der Italiener an der Spitze der EZB, Mario Draghi. Seit dem LTRO vor Weihnachten glauben immer mehr, dass das Risiko eines finanziellen Kollaps des Eurosystems ausgeschaltet ist. Und Beobachter sind sich einig: Beim nächsten LTRO geht es richtig zur Sache.

Martin Wolf schreibt in der FT, die EZB hätte die Eurozone zwar vom Herzinfarkt gerettet, aber vor ihr liege eine lange Rehabilitations-Phase.

Mit ungewissem Ausgang. Die Herabsetzung der Wachstumsprognosen z.B. durch den IWF zeigt die Risiken. Das BIP der beiden größten Gefahrenherde in der Eurozone, Italien und Spanien, soll demnach deutlich schrumpfen, über alle Mitgliedsländer hinweg wird für 2012 eine leichte Rezession erwartet. Auch für andere Regionen auf der Welt hat der IWF seine Prognosen zurückgenommen und die USA zeigen mit den neueren Makrodaten Wachstumsschwäche.

Die Eurozonen-internen Probleme können durch Währungskurs-Anpassungen nicht erleichtert werden, die bei der EZB zentralisierte Geldpolitik kann nicht gezielt in den einzelnen Ländern steuern. Diese Grundelemente der Eurozone machen die Situation so gefährlich, dass z.B. ein Hong-Kong-Chinese in Davos mit den Worten zitiert wird: „Ich war noch nie so besorgt wie jetzt.“

Der weltweite Ruf nach größeren „Firewalls“ verhallt nicht – im Gegenteil. Hier meinen viele Beobachter angesichts des Schuldenbergs von 2,1 Bill. Euro bei den PIIGS sei die EFSF mit noch freien Mitteln von etwa 250 Mrd. Euro und der für Juli geplante ESM im Volumen von 500 Mrd. Euro zu wenig. Von der Illusion, die EFSF mit Faktor vier hebeln zu können, mussten sich die Herrschaften in Brüssel schon kurz nach Aufkommen der Idee wieder verabschieden. 25% Sicherheit ist eben nicht genug in den Augen potenzieller Investoren. Wahrscheinlich würden im Moment 50% an Garantie benötigt, was einem Hebel von zwei entspräche und die EFSF erst auf 500 Mrd. Euro brächte – nicht genug.

Schwaches Wachstum, hohe Staatsverschuldung und dann noch die durch die Konstruktionsfehler der Eurozone bedingten Probleme – eine gefährliche Mixtur.

Hinzu kommen Fehldiagnosen der europäischen Politik, schreibt Wolf. Und daran könne auch die EZB nichts ändern. Deutschland als Kreditgeber ist gegen eine Transfer-Union und besteht rigide auf Haushalts-Disziplin. Der erste Punkt sei richtig, der zweite falsch. Mangelnde Haushalts-Disziplin war nicht einmal der Hauptgrund für die v.a. durch übermäßige private Verschuldung verursachte Krise. Und jetzt sei sie nicht das erste Mittel der Wahl, sondern würde genau wie die Sparpolitik von Reichskanzler Heinrich Brüning 1930-1932 in die Katastrophe führen.

Der Fiskalpakt negiert die Abhängigkeit der Nachfrage eines Eurozonen-Landes vom Angebot eines anderen und dementsprechend von den Leistungsbilanz-Ungleichgewichten. Italien und Spanien müssen wettbewerbsfähiger werden auf Kosten von Deutschland und z.B. den Niederlanden, schreibt Wolf. In Ländern, die von einer Finanzkrise betroffen sind, muss der private Sektor hohe strukturelle Überschüsse im privaten Sektor generieren, um seine Schulden abzubauen. Dann aber kann der Staat sein Defizit nur über einen Leistungsbilanzüberschuss reduzieren, schreibt Wolf.

Er hat recht, wenn es um langfristige Perspektiven geht. Aber, ein wenig spitzfindig: Es kommt letztlich auf die Zahlungsbilanz an, die Leistungs- und Kapitalbilanz zusammenfasst. Der Ausgleich, die „Finanzierung“ des Leistungsbilanzdefizits der PIIGS, geschieht aktuell über Target2 – und damit genau in Form einer Transfer-Union. Womit wir vom Status quo her bereits genau da sind, wo auch Wolf nicht hin will.

Deutschland müsste die Zusammenhänge zwischen Leistungsbilanz und Defizit-(Reduzierung) eigentlich gut kennen, schreibt Wolf weiter. Denn das genau praktiziert dieses Land. Der Leistungsbilanzüberschuss des einen Landes ist aber das Defizit des anderen. Also müssen die Überschussländer in der Eurozone eben „nachgeben“, sprich die Wettbewerbsfähigkeiten müssen verschoben werden. Höhere Firewalls schaffen da zwar Zeit und halten den Rücken frei, wenn die Zeit aber nicht genutzt wird, verhindern sie das Desaster nicht. Und Sparen sei richtig, aber nur selektiv.

Ich will hinzufügen: Erschwerend kommt die enge wirtschaftliche Verflechtung der Eurozone hinzu; außerdem expandiert das globale Wirtschaftsumfeld auch nicht gerade üppig, so dass wenig neue Nachfrage außerhalb Europas entsteht, die die Probleme hier etwas entschärfen könnte.

Zum Sparthema sei ergänzt: Sparen in dem Sinne, Ressourcen freizusetzen, um sie anderweitig profitabler verwenden zu können. Und da fällt mir gerade zur Staatsbürokratie sehr viel ein. War Frau Merkel nicht angetreten, selbige abzubauen?

Und zum Thema “Wettbewerbsfähigkeit” wäre anzumerken, dass ein Abbau der Ungleichgewichte in der Eurozone gerade durch die gemeinsame Währung besonders schwer fällt.

Und damit lande ich wieder (und wieder) beim Thema der Aufspaltung der Eurozone in eine Nord- und in eine Südschiene. Darin sehe ich den einzig sinnvollen Weg.

 


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Obamas historische Rede

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US-Präsident Obama hat gestern Abend wieder eine der regulären Jahresanfangs-Reden zur Lage der Nation gehalten. Er hat dabei alle rhetorischen Register gezogen – und darin ist er wahrlich gut. Wallstreet brauchte nach der Lehman-Pleite einen solchen Redner, der die Leute ruhig stellen konnte, sie hat seinen Wahlkampf mit Millionen-Spenden finanziert, und – sie hat ihn bekommen.

Was ist geworden aus all den hoch fliegenden Plänen vor seiner Wahl, aus „Change“, „Change“ und noch mal „Change“? (Fast) nichts.

Klar, die Republikanische Partei blockiert ihn, wo sie kann. Mit Erfolg, sie hat die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Das ist für einen solchen Redner wie Obama gut. So kann er sich hinstellen und auf den angeblich Schuldigen zeigen, der all seine schönen Pläne verhindert hat. Und davon ablenken, dass er seine Ziele nicht verwirklicht hat.

Obama hatte in seiner „State of the Union“-Rede vor einem Jahr den Fokus auf den Arbeitsmarkt gelegt und ein ehrgeiziges Job-Programm ausgerufen. Rund eine halbe Billion Dollar sollte es kosten, Millionen von Arbeitsplätzen sollte es schaffen. Die Republikaner blockieren auch hier. Abgesehen davon macht ein dreiviertel Jahr vor der Präsidentschaftswahl der Start eines solchen Programms keinen Sinn, weil es mehr Zeit benötigt, bis sich eventuelle Wirkungen zeigen.

Zudem gehen IWF und Weltbank in ihren aktuellen Prognosen davon aus, dass das globale Wirtschaftsumfeld nicht gerade günstig aufgestellt ist für die Schaffung von Abertausenden neuer Jobs. Die Fed hat sich mit ihren aktualisierten Projektionen an diese Sicht der Dinge angehängt und ihren Ausblick gegenüber dem von November 2011 weiter reduziert.

In dieser Situation hat Obama seinen politischen Schwerpunkt verschoben. Der Arbeitsmarkt steht nicht mehr oben an, jetzt spielt er „Occupy“-Bewegung, hängt sich an ausgewählte Inhalte dieser Bewegung an. Er macht sich zum Sprachrohr für die amerikanische Mittelklasse, die nicht nur durch die Finanzkrise und deren Folgen in Bedrängnis geraten ist. In gewisser Weise knüpft er mit dieser Taktik genau an seinen „Change“-Wahlkampf an.

Es kann gut sein, dass er damit ein weiteres Mal Erfolg hat. Auch deshalb, weil die Republikaner mit ihren Tea-Party-Gestalten zwar für Proteststimmen zwischen den Präsidentschaftswahlen gut sind. Für mehr aber auch nicht.

Wenn dann im November kein Umzugswagen vor dem Weißen Haus hält, wird es ernst. Obama hat sich zwar in der Schuldenkrise des Landes bis zur Präsidentschaftswahl hin Zeit gekauft. Aber dann dürfte Schluss sein mit steigender Verschuldung. Der Staat muss mehr einnehmen und wird es sich bei der Mittelschicht holen und er muss Ausgaben kürzen.

Obama muss seine Wählerschaft zwingend enttäuschen – wie bei „Change“ vor vier Jahren. Natürlich wird er seine rhetorischen Kanonen in Stellung bringen. Das kann ihm erneut ein wenig Luft verschaffen. Aber irgendwann ist der Tag der Wahrheit. Und dann helfen keine noch so schönen Reden mehr. Abgesehen davon, dass das beim zweiten Mal sowieso nicht mehr so gut funktioniert.

Das Drehbuch kann man möglicherweise in „Debt – The first 5.000 years“ weiterlesen. Dass sich Obama für den dort beschriebenen „mesopotamischen“ Weg entscheidet, nämlich die Gleichbehandlung aller Schuldner mit dem Ergebnis, auch Schulden der “kleinen Leute” zu annullieren, ist mehr als unwahrscheinlich. Wenn Obama aber den „imperialen Weg“ geht und darauf besteht, dass Schulden heilig sind und nicht manipuliert werden dürfen (bei den “kleinen” Leuten), dann entsteht aus der ungleichen Behandlung von Kreditnehmern und Kreditgebern -manchmal über Generationen hinweg- eine revolutionäre Lage, wie Graeber, der Verfasser dieses Buches über die Geschichte der Schulden, schreibt.

Graeber steht mit seiner Auffassung nicht alleine. Der US-Ökonom Michael Hudson, der im Mai 2006 bereits den Zusammenbruch der Immobilienblase in den USA vorhergesagt hatte, hält die Occupy-Bewegung für „prärevolutionär“. Auch George Soros hat in jüngerer Vergangenheit mehrfach vor Straßenkämpfen in Amerika gewarnt.

Und so hat der gestrige Auftritt Obamas möglicherweise weitreichende Konsequenzen: Er wäre im wirklichen Sinne “historisch”, obwohl zunächst alles wie eine übliche politische Rede aussieht.

 


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IWF-Wirtschaftsausblick: Hohe Risiken

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Der aktuelle Ausblick des IWF (“World Economic Outlook (Update)“) sieht die Weltwirtschaft in einer gefährlichen neuen Phase. Die strukturellen Probleme seien ungelöst, das Vertrauen sei deutlich gesunken, die Risiken nehmen zu, heißt es dort. Weiter ist von einer Reihe externer Schocks die Rede, die das Weltwirtschaftssystem erschüttern können.

Das geschilderte Szenario sei noch relativ optimistisch, sagt der IWF. So sei bereits einkalkuliert, dass es auf der politischen Ebene der Eurozone deutliche Fortschritte in Sachen Lösung der Schuldenkrise gibt. (Welche?)

In den USA hat es die private Wirtschaft laut IWF nicht geschafft, die staatlichen Anreizprogramme in einen selbsttragenden Aufschwung umzusetzen. In Europa gehe die Schuldenkrise weiter. Die Strukturprobleme in den Industrieländern seien hartnäckiger als bisher gedacht (oder gehofft – siehe hierzu auch “Wege aus der Schuldenkrise“).

Der Weltwirtschaft steht laut IWF in 2012 eine deutliche Abkühlung bevor, sie werde nicht um vier Prozent wachsen, wie im September vorhergesagt, sondern nur um 3,3%. Der Eurozone droht mit minus 0,5% Zuwachs eine Rezession, Deutschland ist für ein kleines Wachstums-Plus gut. Bei Spanien und Italien wurden die Wachstumsaussichten gegenüber der letzen Vorhersage am deutlichsten nach unten korrigiert. Hier liegt auch das größte Belastungspotenzial. Davon werden auch die Schwellen- und Entwicklungsländer betroffen, sie müssen mit einem schwächeren Wachstum von 5,4% rechnen.

Für Spanien sagt der IWF in einer separaten Mitteilung voraus, dass das Land seine Defizit-Ziele verfehlen wird. Das Budget-Defizit wird für 2011 wahrscheinlich 8% betragen, 6,8% in 2012 und 6,3% in 2013 (vorherige Prognose: 3%). Das Land sollte auch noch nicht einmal versuchen, die alten Defizitziele zu erreichen, das brächte nur zusätzliche Instabilität. Laut IWF falle Spanien in eine zwei Jahre anhaltende Rezession.

Der IWF sieht die Lage damit immer noch positiver als die Weltbank, die in ihren Wirtschaftsausblick für 2012 ein Wachstum der Weltwirtschaft von nur noch 2,5% sieht. (Das liegt nach allgemeinem Verständnis schon nahe bei einem rezessiven Szenario – Rezession hier typisch unter 2,5%).

Beide sind sich aber einig: Die schlechte Verfassung der Eurozone ist hauptsächlich verantwortlich für die globale Wirtschaftsschwäche.

Die Ratschläge des IWF an die Eurozone: Wachstum fördern, zugleich Staatsfinanzen in Ordnung bringen. Außerdem sei wichtig, die Mittel der Euro-Rettungsschirme ausreichend zu dimensionieren. ESM und EFSF sollten aufgestockt werden.

Die EZB soll nach den Vorstellungen des IWF die geldpolitischen Zügel weiterhin schleifen, äh, locker lassen, da noch mehr Liquidität benötigt wird. Zudem soll sie nach wie vor Staatsanleihen von Krisenstaaten wie Italien oder Spanien kaufen, und das „voll engagiert“. Die Banken der Eurozone sollten weitere Kapitalspritzen erhalten -auch aus öffentlichen Quellen– und beim Schuldenabbau nicht “übermäßig schnell” vorgehen, ansonsten droht eine “verheerende Kreditklemme”.

Laut IWF sei jetzt internationale Abstimmung dringend erforderlich. Nicht jedes Land könne die Krise auf die gleiche Weise bekämpfen, die Maßnahmen in den einzelnen Ländern müssten sich ergänzen. So sollten z.B. die Länder der Eurozone mit niedrigen Zinsen und finanziellem Spielraum bei der Haushaltskonsolidierung eher langsamer voranschreiten und stattdessen konjunkturpolitisch „aufdrehen“. Wenn das keine Anspielung auf Deutschland ist, die europäische Konjunkturkarre aus dem Dreck zu ziehen…

Der IWF warnt alle Länder davor, das Sparen zu übertreiben, weil es das Wirtschaftswachstum zu stark bremst. Das geht auch an die Adresse von Schwellenländern wie China und Brasilien, die wenn nötig die Konjunktur stützen sollten.

Der Absturz der Weltwirtschaft in die Rezession kann nur verhindert werden, so der Tenor des IWF, wenn Wachstumsförderung und finanzielle Konsolidierung ausbalanciert würden.

Das Wichtigste zum Schluss: Der beim IWF für Fiskalpolitik zuständige Carlo Cottarelli, vormals Bank of Italy, hat Pressemeldungen zufolge entdeckt, dass die Märkte nicht nur auf ausgeglichene Haushalte schauen.

Ich wage zu behaupten, ausgeglichene Haushalte gehören aus Sichte der „Märkte“ eher zu den uninteressanteren Aspekten. Hauptsache, man kann an Schuldscheinen gut verdienen und findet immer jemanden, der sie einem wieder abkauft – und zwar teurer als man sie selbst gekauft hat. (Und zur Not an eine Zentralbank).

Lassen wir das – nachfolgend zwei Charts aus einer Präsentation von Cottarelli. Der erste zeigt den Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Defizit, der zweite den Zusammenhang zwischen staatlichem Anreiz und Auswirkung auf die BIP-Entwicklung (wenn Sie so wollen, eine Art Keynessscher Multiplikator).


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