Die Österreicher trinken gerne Bier – pro Kopf 108 Liter jährlich. Während der Markt von großen Getränkekonzernen dominiert wird, haben sich in den Nischen kleine, feine Brauereien mit innovativen Alternativen zum Einheitsbier etabliert. Österreich ist ein Land der Biertrinker. Im Vorjahr lag der Pro-Kopf-Konsum bei durchschnittlich 108,2 Litern, die Alpenrepublik rückte damit im weltweiten Vergleich auf den zweiten Platz hinter Tschechien vor. Von einer Bierkultur sind wir jedoch weit entfernt. In jedem kleinen Beisl am Eck stehen zwar mehrere Weine verschiedener Winzer zur Wahl, das Bierangebot bewegt sich jedoch meist in engen Grenzen. Der Gast kann sich maximal zwischen hellem, dunklem und Weizenbier entscheiden, in der Regel wird einfach »ein Bier« bestellt. Ähnlich trist ist nur das Teeangebot, das außer Schwarz- und Früchtetee keinerlei Optionen bietet. Diese Beliebigkeit ist »Bierpapst« Conrad Seidl schon seit langem ein Dorn im Auge: »Sie bestellen ja auch nicht einfach ›Essen‹, wenn Sie in ein Lokal gehen, sondern wählen aus, worauf Sie gerade Lust haben. Ein Speiselokal, das nur einen einzigen Eintopf anbietet, ist eben kein Speiselokal. Und ein Bierlokal, das nur ein einziges Bier anbietet, müsste schon ein ganz einzigartiges Bier in einem einzigartigen Ambiente anbieten, um seine Existenz als Bierlokal zu rechtfertigen.« Seidls Bier-Guide erschien heuer in 13. Auflage und dokumentiert eine große Vielfalt abseits des industriell hergestellten Einheitsbiers. Auf die Bevölkerungszahl umgerechnet hat Österreich unter allen EU-Ländern die größte Dichte an Brauereien. Die Branche lebt, das große Geschäft teilen sich jedoch die mächtigen Big Player des Marktes – Brau Union, Stiegl und Ottakringer – auf. 2011 wurden in den 170 österreichischen Braustätten mehr als 1.000 verschiedene Biere gebraut. Nur knapp ein Drittel fließt in die Gastronomie, 3 % kommen über Direktverkäufe zum Kunden. Zwei Drittel werden über den Lebensmittelhandel vertrieben – allerdings nur ein äußerst geringer Teil des Sortiments. Ein durchschnittlicher Supermarkt führt etwa 30 Biere von höchstens zehn Brauereien, oft sogar weniger. 97 % der österreichischen Biersorten sind also im herkömmlichen Handel gar nicht erhältlich. Dazu kommt der enorme Preisdruck. Rund die Hälfte der erzeugten Biers wird im Sonderangebot verkauft, kleinere Brauereien können und wollen da nicht mithalten.>> Geschmackserlebnis Beruf und Berufung Natur pur Kleine Bierkunde:1. Märzen: Ursprünglich wurde das »Märzen« im späten Winter gebraut und reifte ab März in mit Eis gekühlten Lagerkellern aus. Charakteristisch war die dunkle Farbe, eine kräftige Hopfung und der hohe Stammwürzegehalt von 15 Grad Plato. Mit diesem historischen Märzen hat das heutige Lieblingsbier der Österreicher (Marktanteil 65 %) nichts gemeinsam. Das helle, untergärige Bier mit 11° Stammwürze wird international als »Lager« bezeichnet. 2. Pils: Wer in (Nord-)Deutschland »ein Bier« bestellt, bekommt zumeist ein Pils. Wie beim österreichischen Märzen fallen die Interpretationen durchaus recht unterschiedlich aus. Der Name geht auf die tschechische Stadt Pilsen zurück und steht für ein helles, untergäriges Bitterbier mit guter Schaumhaltbarkeit und 11° Stammwürze. Es ist kräftig gehopft, schmeckt frisch und wenig malzig. 3. Weizenbier: Weizenbier ist ein obergäriges Bier, bei dessen Herstellung mindestens 50 % Weizenmalz anstelle von Gerstenmalz verwendet wurde. Von hellem Gelb bis zu tiefem Schwarz sind alle Farbschattierungen möglich – der Name »Weißbier« leitet sich von der Farbe der Hefedecke ab, die sich auf dem Gärbottich bildet. Diese Hefen enthalten unterschiedlichste Aromen. Unfiltriertes Weizenbier wird als »trüb« oder »Hefeweizen« bezeichnet. 4. Schwarzbier: Dunkle Biere entstehen durch die Verwendung von geröstetem Malz. Wegen der intensiven bitteren Note verbreitete sich unter österreichischen Brauern vielfach die Unsitte, das Bier mit Zucker zu süßen, um den Geschmack zu überdecken. Schwarzbier enthält bis zu 5 % vol. Alkohol, die Stammwürze beträgt mindestens 11°P.5. Bockbier: Auch Starkbier genannt, entstand dieses Bier in Klöstern, wo das nahrhafte Getränk die lange Fastenzeit überbrücken half. Bockbiere sind meist ein saisonales Produkt (z.B. Weihnachtsbock, Maibock) und können obergärig oder untergärig gebraut werden. Sie enthalten mindestens 16° Stammwürze und bis zu 13 % vol. Alkohol.6. Ale: Ale wird aus gemälzter Gerste mit obergärigen Hefen hergestellt. Die Gärung erfolgt bei Temperaturen zwischen 15 und 25°C, also höher und kürzer als bei Lagerbier. Ales haben in Großbritannien lange Tradition, allmählich findet dieser exquisite Biertyp auch in Österreich seine Anhänger.7. Stout/Porter: Das Stout ist ein schwarzbraunes, obergäriges Starkbier mit einer ausgeprägten, cremefarbenen Schaumkrone. Es wird mit stark gerösteter, unvermälzter Gerste und Gerstenmalz gebraut. Besonders beliebt ist Stout in den englischsprachigen Ländern, am bekanntesten ist das Guinness Stout aus Dublin. Porter bezeichnete im 18. Jahrhundert einen Londoner Bierstil, für den junge und alte Ales in Fässern gemischt wurden. Der Begriff Stout Porter (»starkes Porter«) verkürzte sich allmählich auf Stout, bezieht sich aber nicht den Alkoholgehalt, sondern auf den würzigen Geschmack. Das kräftige Bier diente der Legende nach als Getränk für schwer arbeitende Menschen – Porter ist auch die Berufsbezeichnung für Lastenträger.