"Wir sind alle gespannt, wohin die Reise geht"
- Written by Martin Szelgrad
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Peter Werzer, Geschäftsführer Axians ICT Austria, über Automatisierung und künstliche Intelligenz in der IT und über drei Prinzipien fürs Wirtschaften.
Report: Herr Werzer, beginnen wir mit einer grundlegenden Frage rund um IT-Dienstleistung: Warum sollten Unternehmen hier auf Partner setzen?
Peter Werzer: Klassisch ist der IT-Bereich in Firmen auf den Bau, die Sicherung und Wartung von Infrastrukturen ausgerichtet gewesen. Alleine schon die Absicherung gegen Zugriffe von außen ist eine immens große Aufgabe. In letzter Zeit erlebt die IT aber zunehmend Druck durch die Fachbereiche, neue Anwendungen und Prozesse einzuführen – die Digitalisierung. Damit steht der IT-Bereich nun vor zwei komplexen Riesenaufgaben. Die IT hat in vielen Fällen zwar mehr Budget, aber kaum mehr Personal zu Verfügung. Beides völlig alleine zu bewältigen, ist unlösbar.
Report: Werden künftig technische Entwicklungen hinsichtlich einer Prozessautomatisierung den Personalmangel in der IT-Abteilung abfedern können?
Werzer: Man kann in der Technik schon extrem viel automatisieren, wenngleich dies eine sehr große Aufgabe ist. Denn automatisiert kann nur etwas werden, das Standard ist. Wir aber stellen bei unseren Kunden immer wieder fest: Es ist noch wenig standardisiert, vieles wird noch manuell gemacht. Es gibt schon gute Manufakturen, aber wenig industrielle Ansätze und daher ist ein Automatisierungsprojekt in erster Linie einmal ein Standardisierungsprojekt. So etwas braucht natürlich Zeit.
Report: Von der Standardisierung der IT spricht man bereits, seit es Outsourcing und Cloudservices gibt.
Werzer: Ja – und es wird weiterhin standardisiert werden. Es ist der einzige Weg in die Zukunft. Aber zurück zu Ihrer ersten Frage: Es schießen auch noch permanent neue Technologien aus dem Boden, weil einfach die IT-Szene unglaublich innovativ ist und zu dieser Zeit enorme Mittel aus dem Bereich Venture Capital in diese Branche fließt. Aus diesem Grund sehen wir alle paar Monate eine völlig neue Technologie am Markt – für unsere Kunden nicht uninteressant, aber mit den bisherigen Mannschaften gar nicht mehr bewältigbar. Früher hatte eine Unternehmens-IT vielleicht Lösungen von fünf oder zehn Herstellern im Einsatz, heute sind das 50 oder 100.
Report: Diese Vielfalt birgt gerade in Hinsicht auf Informationssicherheit eine große Herausforderung.
Werzer: Nicht nur dort. Es betrifft jeden Bereich – auch Netzwerk, Storage oder Server. Diese Komplexität kann man aber auf jeden Fall in den Griff bekommen, insbesondere in Zusammenarbeit mit IT-Dienstleistern, die ja über das geforderte Spezialwissen, das sich auch ständig ändert, verfügen. Die Kunst ist es, diese Komplexität nach außen hin – zu den Fachabteilungen und Anwendern – als einfach darzustellen.
Report: Wie geht es Axians in Österreich?
Werzer: Mit fast 400 Mitarbeitern und 100 Millionen Euro Umsatz sind wir eines der größten IT-Systemhäuser in Österreich und ich kann sagen: Uns geht es sehr gut. Wenn ich auf das Portfolio bei Axians schaue, gibt es wohl niemanden in diesem Markt, der über die gleiche Breite verfügt. Sie beinhaltet Rechenzentrumsinfrastruktur, Cloudservices und Managed Services bis hin zum Anwendungsbereich, wo wir beispielsweise einer der großen SAP-Berater sind und hier sehr viel Erfahrung aufgebaut haben. Wir entwickeln in unseren beiden Labors in Linz und Dornbirn auch selbst Software, etwa für Logistik-Unternehmen. Diese »Intellectual Property« aus österreichischer Wertschöpfung verkaufen wir in ganz Europa.
Report: Wie abhängig oder unabhängig ist die Österreichgesellschaft vom großen französischen Mutterkonzern Vinci?
Werzer: Das erste von drei strategischen Kulturprinzipien in unserem Konzern ist »Autonomie«. Der Auftrag an mich als Geschäftsverantwortlichen in Österreich ist, unsere Kunden bestmöglich zu servicieren. Auf welche Weise wir das schaffen, bleibt uns im Rahmen unserer Autonomie selbst überlassen. Es ist ein enormes Vertrauen, das uns die Eigentümer entgegenbringen, und es versetzt uns Österreicher in die Lage, wie ein lokales, eigentümergeführtes Unternehmen zu agieren. Lediglich bei Ausschreibungen über fünf Millionen Euro gibt es eine grobe Abstimmung mit der Mutter. Zum überwiegenden Teil haben wir unsere Ressourcen für Projekte vor Ort in Österreich. Aber mit dem Kulturprinzip Nummer zwei, »Netzwerken und grenzenlose Zusammenarbeit«, stimmen wir uns häufig mit anderen Landesgesellschaften zu Best-Practices ab, oder um vielleicht auch gemeinsam etwas zu entwickeln. Das passiert aber nicht aus Vorschrift, sondern wenn dies zwei Gesellschaften für sinnvoll erachten.
Report: Und Ihr drittes Prinzip?
Werzer: Kontinuierlich nach Verbesserung zu streben und stets dazuzulernen. Unsere drei Kulturelemente sind sehr klar und einfach zu vermitteln. Ich denke, sie sind für ein erfolgreiches Geschäftsleben sehr praktikabel.
Report: Der IT-Dienstleister Imtech ICT wurde 2014 von Vinci übernommen. Was ist von Imtech in Österreich übriggeblieben?
Werzer: Es ist alles übriggeblieben. Es gibt noch die gesamte Organisation, die sogar ein Stück weiter ausgebaut wurde. Imtech war eine sehr große Akquisition von Vinci Energies und hat wesentlich dazu beigetragen, dass das IT-Geschäft des Konzerns heute global unter dem Markennamen Axians auftritt. Dieses Geschäft ist auf weltweit zwei Milliarden Euro Umsatz gewachsen. Axians ist heute einer der größten IT-Dienstleister in Europa.
Report: Wenn Sie einen Trend für die Entwicklung neuartiger Geschäftsprozesse bei Ihren Kunden herausgreifen: Was wird in den kommenden Jahren auf uns zukommen?
Werzer: Im Bereich der Datenanalyse sehen wir heute besonders im Bankensektor eine verstärkte Nachfrage nach automatisierten Kommunikationspfaden mit Kunden: Chatbots. Dabei sprechen Endkunden mittels Chat etwa zu Fragen der Finanzierung mit einem Programm. Wir sind heute so weit, dass diese Programme in einem gewissen Rahmen auch Kreditlimits mit den Kunden verhandeln können. Sie stellen Fragen, ergänzen aufgrund der Antworten weitere Fragen und setzen eine Änderung des Limits in Gang. Das sind erste Ansätze und wir sind alle gespannt, wohin die Reise geht. Viele Hersteller von künstlicher Intelligenz – darunter IBM – meinen, dass in fünf Jahren fast alle Prozesse eine Unterstützungskomponente haben werden, die von einer künstlichen Intelligenz geliefert wird. Wir unterstützen die Chatbot-Lösung mit der IBM-Watson-Plattform.
Aktuell befindet sich die Branche in der Entdeckungsphase, in der viele Proof-of-Concepts zu KI gesucht werden. Auch wir probieren hier Anwendungen, die uns und unseren Kunden in irgendeiner Form das Leben erleichtern können. Es gibt viele Bereiche der Lösungsfindung, in denen dem Menschen ein Algorithmus weit überlegen ist. Dann gibt es wieder Bereiche, in denen die menschliche Intuition jeder Technik überlegen ist. Wenn man nun beides verbindet, kann man schon einiges effizienter gestalten.