O-Ton: Standards für die Produktion
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Wolfgang Honold, beratender Ansprechpartner für SAP-Software in der Getzner Gruppe und Vorstand der DSAG für Österreich, im Gespräch über S/4 HANA und das Risiko bei der Cloud.
Report: Wie ist die Stimmung bei den Unternehmen bezüglich eines Umstiegs auf SAP HANA? Dies bedeutet mitunter ja auch einen beträchtlichen Aufwand.
Wolfgang Honold: Ich sehe das zweischneidig. Man braucht schon moderne Technologie, um in seinem Geschäft Neues schaffen zu können. Dazu müssen sich aber viele erst einmal klar werden, was man überhaupt tun möchte. Nicht jede Veränderung in der IT benötigt gleich SAP HANA. Bei Getzner hatten wir uns damals klar für HANA entschieden. So wie es derzeit aber aussieht, ist der weitere Ausbau von S/4 zunächst rückgestellt. Grund sind laufende Akquisitionen und damit die Integration von IT-Systemen an Standorten, die hinzukommen. Ein aktuelles Vorprojekt wird die neuen Prioritäten festlegen.
Wir nutzen aber seit 2014 SAP Business Warehouse on HANA, dort ist das Neueste gerade gut genug. Wir tun uns aber sicherlich leichter als andere, da die Umstellung keine große Datenbankentscheidung erforderte. Getzner hatte MaxDB im SAP-Umfeld im Einsatz, die Umstellung verursachte keinerlei Aufruhr. Bei Unternehmen, die strategisch zum Beispiel auf Oracle gesetzt haben, ist diese Entscheidung schwerwiegender. Da muss man dann schon gegen die Firmenstrategie argumentieren, dass HANA um vieles besser sei.
Report: Ist HANA besser?
Honold: Ich persönlich glaube schon. Aber wenn in der Unternehmens-IT SAP nur die Hälfte der Applikationen darstellt – der Rest läuft auf Oracle –, würde ich mir mit dieser Antwort schwer tun. Das würde bedeuten, zwei Systeme versorgen zu müssen. Und selbst wenn ich wollte, könnte ich da nicht jede Applikation auf HANA laufen lassen. Für solche Unternehmen ist das eine große Richtungsentscheidung.
Report: Wie sieht es mit den Cloud-Komponenten bei HANA aus? Wie tun sich hier die Unternehmen in Österreich?
Honold: Ich komme aus einem Fremdenverkehrsgebiet. Dort sind keine Wolken, sprich Cloud-Lösungen erwünscht. Dann gibt es den Staat Österreich mit wahrscheinlich über 300.000 Lohnabrechnungen monatlich und – ich gehe davon einmal aus – ebenso viele personenbezogene Datenstämme. Diese können und dürfen gar nicht in die Cloud gegeben werden. Nachdem die Republik der größte SAP-Kunde in Österreich ist, diskutiert man wohl eine eigene Cloud-Lösung für diese Dimension.
Ein anderes Beispiel, das nicht unmittelbar die Cloud, aber Standard-Software betrifft, liefert Getzner selbst.
In der Textilproduktion verfügen wir über einzigartige Prozesse und Produkte für afrikanische Bekleidungsdamaste. Die Hallen sind durch umfangreiche Schutzmaßnahmen gesichert. Es ist für uns essenziell, dieses Know-how im Haus zu behalten. Wenn nun das Maschinendaten-Erfassungssystem mit SAP integriert ist, haben wir den gesamten Arbeitsplan mit Maschinengeschwindigkeit, Rezept und Einstelldruck in Standardsoftware abgebildet. Es geht ja nicht anders, wir haben eine integrierte Fertigung mit Logistik dahinter. Nun versteht aber die ganze Welt eine SAP-Stückliste und einen SAP-Arbeitsplan.
Das ist eine Diskrepanz: Hier sperren wir die Hallentür zur, gleichzeitig sollen wir sensible Daten auslagern?
Mir ist aber schon bewusst, dass das auch eine Generationenfrage ist. In ein paar Jahren wird das auch in sensibleren Bereichen gang und gäbe sein.