»Wir brauchen eine faire Branchenlösung«
- Written by Redaktion_Report
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Bernd Kirisits: Die Postmarktliberalisierung hat im letzten Jahrtausend begonnen. Was bislang freigegeben wurde, sind aber lediglich Teilmärkte. Offiziell ist die Post zwar privatisiert, aber der Haupteigner ist nach wie vor die öIAG, also der Staat. Da wird der Bock zum Gärtner gemacht. Die EU-Kommission hat 2009 als Termin für eine vollständige Liberalisierung des Postmarkts genannt. Auf konkrete Maßnahmen, dieses Ziel zu erreichen, wurde allerdings verzichtet. Die Entscheidungsbefugnis wurde an die einzelnen Mitgliedsstaaten weitergereicht. Das ist nicht zielführend. Daher ist es aus meiner Sicht mehr als fraglich, ob dieses anvisierte Datum hält.
(+) plus: Wo sehen Sie die größten Probleme?
Kirisits: Eines der größten Probleme sind sicher die Hausbrieffachanlagen. Wie auch der Verfassungsexperte Theo öhlinger festgestellt hat, ist für die Lösung dieser Problematik eigentlich der Staat zuständig. Leider kommt von dieser Seite nur sehr wenig. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass die Post einfach die Schlüssel für die bestehenden Anlagen hergibt. Was wir brauchen, ist eine faire Branchenlösung. Es ist ja nicht so, dass der Postmarkt in liberalisierten Ländern gleich zusammenbricht. Ganz im Gegenteil: Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet und auch die Kunden sind zufrieden. Was wir aber dringend brauchen, ist ein freier Zugang zur Infrastruktur.
(+) plus: Welche Forderungen haben Sie an die Politik?
Kirisits: In den letzten Monaten war es sehr ruhig. Der Wahlkampf und die darauf folgende Regierungsbildung haben die Gesetzgebung in den letzten Monaten erlahmen lassen. Das spielt natürlich dem Quasimonopolisten in die Hände. Es ist aber so, dass die rechtlichen Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft sind. Dass weiter nichts geschieht, ist für uns sicher keine Option.
(+) plus: Wie sehen Ihre Vorstellungen eines liberalisierten österreichischen Postmarkts aus?
Kirisits: In Deutschland gibt es rund tausend lizensierte Player. Das kann man natürlich nicht eins zu eins auf österreich umlegen, weil in Deutschland auch viele Botendienste als Postanbieter gelten. Es zeigt aber, dass Potenzial vorhanden ist. Realistisch betrachtet ist auf einem liberalisierten österreichischen Markt neben zahlreichen kleinen Nischenanbietern Platz für zwei bis drei österreichweite Player mit einem Marktanteil von jeweils zehn bis 15 Prozent.
(+) plus: Seit Oktober ist Redmail ISO-zertifiziert. Was erwarten Sie sich von diesem Schritt?
Kirisits: Die Zertifizierung hat vor allem den Vorteil, dass strukturelle Schwachstellen erkannt werden. Das ist hilfreich für eine nachhaltige Qualitätssteigerung unseres Dienstleistungsangebotes.
(+) plus: Welche Rolle spielt die Außenwirkung der Zertifizierung?
Kirisits: Die Außenwirkung ist von sekundärer Bedeutung. Am Zeitungsmarkt haben wir einen ungestützten Bekanntheitsgrad von 97 Prozent. Auch im Business-to-Business-Bereich liegen wir mit 65 Prozent ungestützter Bekanntheit gut im Rennen. Dazu kommt eine hohe Kundenzufriedenheit. Man kann natürlich immer besser werden, aber wir sind schon jetzt auf einem sehr guten Weg.
(+) plus: Stichwort Innovation. Gibt es überlegungen, im Bereich der gesicherten Zustellung moderne Technologien wie etwa RFID einzusetzen?
Kirisits: Unsere Branche ist nicht unbedingt eine innovationsgetriebene Branche. Eigentlich ist dieser Bereich sogar die einzige Möglichkeit für uns, innovativ zu sein. Für die Zukunft möchte ich generell nichts ausschließen, aber im Moment ist das nicht finanzierbar.