Lässig in Ljubljana
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In Ljubljana tut sich etwas. Sloweniens kleine, feine Hauptstadt erblühte zur Metropole, die niemals schläft. Weltoffen mit Designerbars, Spitzenrestaurants und schrägen Shops.
Von Werner Ringhofer.
Jung, trendig, dynamisch, lässige Bars, ausgeflippte Mode, raffinierte Spitzenküche. Ljubljana hat das Grau der alten Zeiten abgeschüttelt. Mit 300.000 Einwohnern zwar klein und fein, aber zu einer Metropole gereift. Römische Wurzeln, Barock und Jugendstil, dazu Pariser Flair mit mediterraner Leichtigkeit – das ist die slowenische Hauptstadt. Ihre Bewohner lieben sie, verlassen sie und kommen wieder. Denn »Ljubezen« heißt Liebe, frei übersetzt die Geliebte. Kann es einen schöneren Namen für eine Stadt geben? Zum Mobiliar gehört der Altstadtkern mit Kanalromantik und klassischen Bauten des berühmten Architekten Jože Plecnik. Hauptanziehungspunkt sind die drei Brücken. Rundherum haben sich in restaurierten Palais und Wohnhäusern Kreative, Designer und Galeristen niedergelassen. Überall sprießen Keime neuen Lebens und mittendrin eine äußerst aktive Lokalszene mit vielen Cafés und kleinen Restaurants direkt am Wasser. »Das geht oft so schnell, dass wir Einheimischen auch nicht immer den Überblick haben«, sagt Boštjan Mencigar, als Besitzer einer Computerfirma und des Restaurants Mencigar einer der jungen slowenischen Aufsteiger.
Haben Sie Ljubljana schon bei Nacht gesehen? Von Montag bis Sonntag flaniert, parliert und paradiert die halbe Stadt in der ausgeweiteten Fußgängerzone. Und selbst spät in der Nacht muss man froh sein, noch einen freien Barhocker an der »Riviera« zu bekommen, wie die Barmeile ab den drei Brücken flussaufwärts genannt wird. Keine billigen Kneipen mit betrunkenen Schweden – weltoffenes Design, nette Leute und beste Cocktails sorgen für locker-leichtes Lebensgefühl. Die Bar Randevu präsentiert sich mondän ganz in Weiß, besonders in der Nacht sind die mannshohen, hell schimmernden Designerlampen stimmungsvoll. In der Fetiche-Bar dominieren Lampenschirme und Drehhocker in intensivem Rot, von der Decke hängt ein mächtiger Kristalllüster. In der Pr’Skelet-Bar grinsen Skelette aus Schaukästen. Das Angebot ist dagegen lebendig: 180 Cocktails mit seltsamen Namen wie Wiki Waki Woo, Blow Job, Great Orgasm, Bye bye Bitch. Noch mehr schräge Erlebnisse bietet die junge Mode-, Schuhmacher- und Kunsthandwerkszene. In herrlich flippigen Shops präsentiert sie sich am Mestni, Stari und Gorni Trg, in der Trubarjeva und in der Miklošiceva ulica in der Altstadt, am anderen Ufer der Ljubljanica sind zwischen Novi und Dvorni Trg vor allem Galerien zu Hause. Ein kleines Vermögen muss zwar oft investiert werden, dafür warten individuelle Stücke wie die erfrischend frechen Schuhe von Butanoga. Marjeta Grošelj ist die Grande Dame der Handtaschendesignerinnen. »Jede Frau in Ljubljana will so ein Stück haben und alle sparen eisern«, scherzt Nataša Kersic, Marketingdirektorin im Hotel Slon. Unbedingt vorbeischauen sollten Mode-Maniacs auch im Zooo, einem hippen Laden mit Designerware. Nicht ganz billig, im Abverkauf finden sich aber lässige Teile. Und schon allein wegen der originellen Verkäuferin muss man hin. »You are a model«, ruft sie lauthals.
Natürlich muss auch der große Markt sein, wohl der schönste in Mitteleuropa. Wenn Zeit ist, sollte man aber Freitag einkaufen. Samstag wird mehr verlangt, verraten Insider. Nach so vielen Einkaufstouren gleicht sich das Budgetloch in der hippen Jugendherberge Celica aus. Die Nacht kostet nur 48 Euro für zwei. Dafür muss man zwar hinter Gitter, Architekten und Künstler haben dem ehemaligen Gefängnis mit knalligem Design den Schrecken ausgetrieben.
Kulinarische Überraschungen
Janez Bratovž und sein Restaurant JB sind in Ljubljana bereits eine Ikone. Sein Humor ist trocken wie Wodka und mit einem Augenzwinkern sagt er: »Janez is beste Koch Sloweniens.« Von San Pellegrino wurde er aktuell sogar unter die besten 100 Köche der Welt gereiht. Seine Küche: mediterran, sehr kreativ, auf der Basis traditioneller slowenischer Rezepte. Janez definiert das so: »Es ist einfach meine Küche.« Das schönste Designerlokal der Stadt ist das Valvas’or, die Küche überzeugt mit raffiniert leichten Kompositionen. Thunfisch, Mandarinenschaum und Miniwürfel aus Rote-Bete-Gelee oder zarte Gänseleber mit Pistaziencreme und warmer Birne machen das Leben schöner.
Zu den großen drei zählt auch das Restaurant AS in einem lauschigen Park im Zentrum der slowenischen Hauptstadt. Fischküche mit viel Charakter ist das Markenzeichen, etwa Quattro Grande – Pasta, Lachskaviar, Bottarga (Meeräschenrogen) und Krabbe – oder Zahnbrasse mit Paprikapüree und getrockneter Birne. Der richtig stilvolle Rahmen ist eine romantische Terrasse, die im Herbst mit einer visionären Glaskonstruktion rund um den uralten Baum modernisiert wird.
Oben auf der Burg hat AS-Besitzer und Pferdeliebhaber Svetozar »Pop« Raspopvic gemeinsam mit der berühmten Hiša Franko aus Kobarid Mitte August die Gostilna na Gradu frisch eröffnet. Herzhafte Gerichte wie Topfengnocchi mit Räuchertopfen und Mohn, istrische Sommerminestrone oder Zwetschkenknödel aus Bioprodukten sind fein.
Ganz neu ist auch das Projekt im Nepoticnik. Anthony Tomažin kam aus Australien retour und investierte mehr als fünf Millionen Euro in den Wolkenkratzer. Im Café auf der obersten Etage genießt man die Panoramaaussicht auf Ljubljana. Auf drei weiteren Stockwerken öffnen noch in diesem Herbst ein edles Restaurant und eine Bar ihre Tore. Die Restaurants sind im Aufwind, von den internationalen Fressführern aber noch fast unentdeckt. Spitzenkoch Janez Bratovž bleibt gelassen: »Wartet nur, wir kommen bald!«