Intelligente Netze
- Written by Redaktion
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Smart Metering heißt das Konzept der Zukunft. Was die neuen Stromzähler bringen, wie teuer es für die Energieversorger wird und was die Haushalte davon haben.
Bereits seit 100 Jahren sind die heute gängigen mechanischen Stromzähler im Einsatz. 5,5 Mio. Stromzähler und 1,35 Mio. Gaszähler gibt es in Österreich. Sie werden meist einmal jährlich abgelesen. Kunden profitieren von dieser Ablesung kaum, da ihnen dadurch keine aktuellen Daten zum Stromverbrauch zur Verfügung stehen. Eine neue Generation von Messgeräten stellen nun die durch Informationstechnologie vernetzten Stromzähler, »Smart Meter« genannt, dar. EU-Bestimmungen zufolge müssen sie bis zum Jahr 2020 für zumindest 80 Prozent der Konsumenten eingeführt werden. Die smarten Zählerkästen sind mächtige Werkzeuge. Stromdiebstahl ist für die Energieversorger auf der Stelle erkennbar. Für An- und Abschaltungen sind nicht mehr aufwendig Techniker, sondern lediglich Datenpakete unterwegs.
Die flächendeckende Einführung intelligenter Zähler sorgt in Österreich trotzdem für angeregte Diskussionen. Vor allem die Kostenfrage wird von den Netzbetreibern und auch Konsumentenvertretern heftig diskutiert. Vielfach werden der neuen Zählergeneration zu hohe Kosten und zu wenig Vorteile zugeschrieben. Das bestätigt auch eine Studie von CapGemini im Auftrag des Verbandes der Energieversorger, Oesterreichs Energie. »Für einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden und einer Jahresrechnung von zirka 650 Euro erwartet die Studie lediglich ein Einsparungspotenzial von etwa zwölf Euro jährlich«, erklärt die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt. Die Energieversorger befürworten zwar Smart Metering als »wichtige Voraussetzung für die Umgestaltung des Energiesystems in Richtung Nachhaltigkeit« und man sei »prinzipiell bereit, in diese innovativen Systeme zu investieren«, so Schmidt. Doch sollten davor die Rahmenbedingungen geklärt werden. Österreich dürfe nicht in eine ähnliche Falle laufen wie die Niederlande, wo beispielsweise der Einsatz der Smart Meter aus Datenschutzgründen von der Zustimmung jedes einzelnen Kunden abhängig ist.
Ein flächendeckender Roll-out von Smart Meter verursacht laut der Studie von Capgemini voraussichtlich Mehrkosten von rund 2,53 Milliarden Euro gegenüber der Beibehaltung der konventionellen Zähler bis 2028. Der derzeit einschätzbare finanzielle Nutzen, den Smart Meter für Stromkunden und Netzbetreiber bewirken, beträgt dagegen lediglich 127 Millionen Euro.
Eine von der Regulierungsbehörde E-Control bei PricewaterhouseCoopers in Auftrag gegebene Studie kam zu einem anderen Schluss. Trotz unterschiedlich berechneter Zeiträume und Flächenabdeckungen werden ausnahmslos positive volkswirtschaftliche Effekte prognostiziert. Die Analysten betrachteten in der Kosten-Nutzen-Rechnung direkte Effekte wie Investitions- und Betriebskosten sowie indirekte Effekte, beispielsweise Energie-, CO2- und Zeiteinsparungen. Aus dem Vergleich unterschiedlicher Szenarien geht hervor, dass eine Einführung der intelligenten Stromzähler von 2011 bis 2015 und der intelligenten Gaszähler von 2011 bis 2017 mit einem Nettonutzen von 556 Mio. Euro den größten positiven gesamtwirtschaftlichen Effekt aufweist.
Kunden als Nutznießer
Die größten Profiteure bei der Einführung von Smart Metering sind, wie diese Studie belegt, die Endkunden. Beim Konsumenten fallen aufgrund der derzeitigen Regelungen nur Kosten an, wenn es sich um eine Neuinstallation eines Gaszählers handelt. Der Austausch des Zählers ist jedoch bereits mit der derzeitigen rechtlichen Regelung über das Messentgelt gedeckt. Die neue Zählergeneration bietet eine Reihe von Vorteilen. So bietet sie den Kunden die Möglichkeit, den aktuellen Energieverbrauch jederzeit abzurufen. Dadurch können sehr gezielt Maßnahmen ergriffen werden, um den Energieverbrauch zu senken. »Wesentlich für uns ist dabei, dass der Kunde kostenlosen Zugang zu seinen Daten hat und dass auch der Datenschutz gewährleistet ist. Den gläsernen Energiekunden wird es nicht geben«, versichert E-Control-Geschäftsführer Walter Boltz. Durch die Einführung von Smart Meter sei der Konsument imstande, den Energieverbrauch regelmäßig zu kontrollieren, zu steuern und sein Verbrauchsverhalten entsprechend anzupassen. Im Detail: Auf Basis einer Verhaltensänderung könne der Stromverbrauch zumindest um 3,5 % und der Gasverbrauch um mindestens 7,0 % reduziert werden, heißt es bei PricewaterhouseCoopers. Diese Effizienzpotenziale bewirken auch CO2-Einsparungen zwischen 4,6 Mio. und 6,2 Mio. Tonnen.
Mehr Effizienz in den Netzen
Investitionskosten bei den Netzbetreibern entstehen PwC zufolge vor allem durch den Zählertausch sowie die zu implementierende IT- und Kommunikationsinfrastruktur. Hinzu kommen noch höhere Betriebskosten in der Übergangszeit durch die Einführung neuer Prozesse. Die Netzbetreiber profitieren bei der Einführung von Smart Metering jedoch durch den Wegfall bislang arbeitsintensiver Geschäftsprozesse wie der manuellen Zählerablesung respektive einer aufwendigen Zählerstandsermittlung. Diese langfristig wirksamen Effizienzverbesserungen bewirken laut E-Control einen Nutzen in einem Bereich von 324 Mio. bis zu 452 Mio. Euro in Österreich.
»In den Energienetzen sind bereits mehrere Trends zur künftigen Smart World erkennbar«, ist auch Johannes Stadler, Leiter der Produktentwicklung im Energiebereich bei Alcatel-Lucent, überzeugt. Die Ansätze sind unterschiedlich, das Ziel stets dasselbe: Man möchte dem Endkunden einen Mehrwert bieten. Die Differenzierungsmöglichkeiten mit einer vernetzten und intelligenten Stromablesung und Versorgungssteuerung: flexible Tarife, die vom tatsächlichen Verbrauch abhängen, eine neue Transparenz für den Kunden hinsichtlich seines Stromverbrauchs sowie völlig neue Services, die überhaupt erst erfunden werden müssen. Für Endkunden bedeutet dies mit Sicherheit, künftig auch den Stromanbieter leichter wechseln zu können.