Massenphänomen Burnout – ist es schon zu spät?
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Als sich im vergangenen Jahr Dutzende Mitarbeiter in französischen Unternehmen das Leben nahmen, gerieten die Großkonzerne Renault, France Telecom und SNCF massiv in die Schlagzeilen. Die Regierung kam unter Druck und so mancher Manager musste seinen Sessel räumen. Nun fordert der französische Arbeitsminister weniger Stress am Arbeitsplatz, eine Art Stress-Moratorium. Von Walter Übleis
Laut einer aktuellen Studie der TU Dresden erkranken jedes Jahr 83 Millionen EU-Bürger an einer oder mehreren psychischen Störungen, Depressionen und Angststörungen haben massive volkswirtschaftliche Auswirkungen: Laut einer WIFO-Studie beträgt die Krankenstandsdauer durchschnittlich 31,4 Tage. Und laut Österreichischer Ärztekammer rechnet man 2010 mit 200.000 Burnout-Fällen. An diesem Beispiel ist zu erkennen, wie aktuell das Thema Stress unser Leben heute beeinflusst. Regierungen treffen weitgreifende Maßnahmen, große Unternehmen bieten den Mitarbeitern Möglichkeiten zu sportlicher Betätigung und präventionsmedizinische Maßnahmen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind aufgefordert, sich mit Stress – und vor allem seiner Vermeidung – zu befassen. Aber ist das wirklich genug? Kann Stress per Gesetz verboten werden?
Wie äußert sich ein Burnout bei Betroffenen?
1. physische Überforderung (Bluthochdruck, vegetative Störungen – also Verdauungsprobleme, nächtliches Schwitzen und Herzrhythmusstörungen, Schlaf-, Seh- und Hörstörungen, Verlust der Libido, muskuläre Verspannungen aller Art)
2. psychischer Überforderung (innere Unruhe, Ängste, emotionale Unausgeglichenheit und Gereiztheit, Versagensgefühle)
3. Konzentrations- oder Aufmerksamkeitsstörungen
Diese Symptome führen bei den Betroffenen immer öfter zu negativem Bewerten von Arbeit, der Leistung anderer und des Lebens. Ein ständiges Gefühl von »das auch noch« führt zu einem massiven Druck. Hastiges, unruhiges Gehen und Arbeiten, sowie das vermehrte »Nebenbei«- Essen, unkontrollierter Substanzengebrauch (Rauchen, Medikamente, Alkohol, Drogen), wachsende Berge von Unerledigtem, sozialer Rückzug
und steigende Krankenstände sind ein klares Zeichen für Überforderung.
Stress am Arbeitsplatz – einbekanntes Phänomen
Experten streiten, ob das Massenphänomen Burnout auf die immer stressigere Arbeitswelt zurückzuführen ist oder ob es nicht in Teilen auch zur Modeerkrankung avanciert. Untersuchungen haben eine Zunahme der Quantität der Arbeit sowie eine Zunahme von komplexen Arbeitsstrukturen ergeben, welche viele Menschen überfordern. Zudem entwickelt sich in der weltweiten Finanzkrisedas Risiko, den Job zu verlieren,
zum zusätzlichen Stressfaktor. Stress zählt mittlerweile zu der zweithäufigsten »arbeitsbedingten Erkrankung« am Arbeitsplatz. Eine der Hauptursachen: Überforderung am Arbeitsplatz und Versagen der Chefs. In manchen Unternehmen wird die große Bedeutung psychischer Störungen für die Produktivität des Unternehmens leider noch nicht erkannt, in anderen fehlt es noch am Know-how der Führungskräfte. Wenn ein Unternehmen seine Führungskräfte schult, psychische Störungen bei Mitarbeitern frühzeitig zu erkennen und richtig darauf zu reagieren, dann hilft das dem betroffenen Mitarbeiter und gleichzeitig gehen auch die Fehlzeiten zurück. Das ist eine klassische Win-win- Situation für beide Seiten.
Medizinische Ursachen
Stress dient eigentlich dazu, bei Tier und Mensch in Gefahrensituationen zusätzliche Kräfte abzurufen. Dadurch haben wir eine Überlebensstrategie entwickelt, welche uns ermöglicht, extrem rasch in heiklen Situationen zu reagieren. Der automatische und kaum steuerbare Mechanismus von Kampf oder Flucht wird unter unseren Lebensbedingungen des modernen Menschen aber zunehmend zum Gesundheitsrisiko. In einer ersten Welle der Stressantwort befiehlt das Zwischenhirn über z.B. Dopaminausschüttung (= ein Neurotransmitter) dem Nebennierenmark, die Hormone Adrenalin und
Noradrenalin zu produzieren. Durch sie erhöht sich der Blutzuckerspiegel, Muskeln und Gehirn wird rasch Energie zugeführt, der Herzschlag beschleunigt sich, der Blutdruck nimmt zu und der Organismus gerät in Verteidigungsbereitschaft. Nach überstandener Belastung muss der Körper in einer zweiten Welle wieder beruhigt werden. Dabei wird das Hormon Cortisol ausgeschüttet, welches die Erregung wieder reduziert. Bei chronischem Stress besteht allerdings die Gefahr, dass dauerhaft zu viel Cortisol ins Blut gerät und dadurch unsere Körperabwehr gefährdet. Einfache infektiöse Erreger, Bakterien oder Viren, reichen dann aus, um uns krank zu machen. Ein zu hoher und zu lange anhaltender Cortisolspiegel wirkt schädigend auf unsere Nervenzellstrukturen sowie die Serotoninregelung, was wiederum zu Depressionen führt.
Überforderung am Arbeitsplatz und ein Versagen der Chefs machen Stress zur zweithäufi gsten arbeitsbedingten Krankheit.
Burnout ist ein Extremsignal des Organismus
Dass chronischer Stress eine Vielzahl von Krankheiten verursacht oder zumindest verschlimmert, ist unbestritten. So können die Verläufe von Krebserkrankungen durch Stress negativ beeinflusst werden. Herzkreislauferkrankungen bis hin zu Gedächtnisstörungen und Depressionen haben meist ihre Wurzeln in einer massiven Überbelastung. Seit der deutsche Nationaltorwart Robert Enke in eisiger Nacht vor einen Zug sprang und Selbstmord beging, ist die Krankheit öffentlich präsent wie selten zuvor: Die Leistungsgesellschaft versucht, offen mit dem Thema Depression und Burnout-Syndrom umzugehen. Viele, die für Beruf und Karriere brennen, drohen dauerhaft auszubrennen. Da die Stressbelastung in Österreich auf dem Vormarsch ist, ist rechtzeitig eingesetzte und vor allem professionelle Hilfe für Betroffene unumgänglich. Die moderne Medizin bietet bereits zahlreiche Therapiemöglichkeiten, um nachhaltig eine Verbesserung zu gewährleisten. Individuelle Therapien und organisatorische Maßnahmen, welche in Zusammenarbeit verschiedenster Therapeuten (Psychologen, Mediziner, Entspannungs- und Sporttherapeuten) entwickelt werden, führen zu den besten Heilungserfolgen.
Zur Person
Dr. med. univ. Walter Übleis, geb. 1957, Arzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Arbeits- u. Betriebsmedizin. Der aus Kärnten stammende Humanmediziner ist seit 1991 als Arbeits- und Betriebsmediziner in namhaften nationalen und internationalen Unternehmen tätig. Eine Symbiose findet Dr. Übleis im Heilungsansatz beim Zugang zwischen naturheilkundlichen und energetischen Aspekten. In seiner Ordination in der Beatrixgasse (www.prevent.at) therapiert er mit Erfolg zahlreiche Burnout-Erkrankungen. Unterstützung holt er sich vom bekannten Psychologen
Mag. Hannes Beran.