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Nur wenn es mich auffrisst, bin ich gut

»Führungskräfte werden in ihren Fachbereichen immer professioneller«, beobachten die Managementberater Wolfgang Hemel und Herbert Mirtl. Gleichzeitig mangele es aber an der Fähigkeit der Mitarbeiterführung. »Ein Vorgesetzter, dem die Menschen nicht kraft seiner Person folgen, managt vielleicht viele Dinge, aber er führt nicht«, wissen die Geschäftsführer von Team Training Austria. Sie setzen auf ein Grundverständnis von Leadership, wonach erfolgreiche Führung Persönlichkeitsentwicklung und Beziehungsarbeit bedeutet. »Die Manager sind effizienter in ihrem Vorgehen geworden«, betont Hemel. Fatal ist nur, wenn davon ausgegangen wird, dass alle Mitarbeiter ebenso funktionieren müssten.

Die Managementberater plädieren für mehr Menschlichkeit in den Unternehmen - trotz Globalisierung und Wettbewerbsdruck. Zwar würden in österreich vielerorts noch soziale Gesetzgebungen vor der menschlichen Verödung in den Unternehmen schützen, seit zwei bis drei Jahren beobachten die Berater aber eine zunehmende Verschärfung im Betriebsklima in den Firmen. Hierbei sind es meist aber weniger die großen Konzerne, die den Menschen als Störfaktor sehen, sondern überraschenderweise der Mittelstand. Denn wenn dieser die Grenzen seines Wachstums erreicht, geschieht dies oft aufgrund seiner familiären Organisation. »In solchen Unternehmen gibt es wenig definierte Prozesse«, kritisiert Herbert Mirtl. Für besondere Leistungen gäbe es keine Vergütungen. Die einzige Würdigung sei dann, mit dem Chef per du zu sein oder direkt neben ihm sitzen zu dürfen. Zwar sind solche von den handelnden Personen geprägte Strukturen, durchaus legitim, gibt Mirtl zu. »Doch diese Verhältnisse sind nicht duplizierbar. Ab der ersten Außenstelle oder einem Tochterunternehmen sollten die Strukturen des Umgangs miteinander eine Standardisierung erfahren.«

Was auf dem ersten Blick als Ende alles Sozialen in den Unternehmen erscheint, sehen die beiden Berater als Chance. Die Verallgemeinerung der Prozesse sei ab einer bestimmten Firmengröße ohnehin unabdingbar. Nun gelte es, die Vorschriften dazu möglichst menschlich zu gestalten, um die Mitarbeitermotivation zu unterstützen. »Als Paradebeispiel dienen die kleinen Geburtstagsfeiern in den Betrieben. Meist dauern sie eine halbe Stunde, sind also auch für das Management kein Problem. Passiert es aber, dass eine solche Feier einmal überhand nimmt und in den Frühschluss führt, gibt es für Führungskräfte zwei Arten, zu reagieren«, erklärt Hemel. »Während früher der Chef meinte, dass Feiern zwar schön und gut seien, aber keine drei Stunden dauern sollten, werden sie heute gleich ganz gestrichen.« Dieses Abhandenkommen der Individualisierung in den Regelwerken in den Betrieben sei oft auch der erste Schritt zu einer falsch verstandenen »Business Correctness«. Neue, unausgesprochene Regeln, wie etwa siebzig Stunden in der Woche arbeiten zu müssen - also auch am Wochenende und bis spät abends -, treiben die Mitarbeiter ins Burn-out-Syndrom. Dieser Druck kann bereits im frühen Alter zu massiven gesundheitlichen Problemen bei den überforderten Mitarbeitern führen.

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